Shonan Christ Church in Fujisawa
Dramatische Tageslichtführung zwischen sechs Betonschalen
Südlich von Tokio, unweit des Strandes an der Sagami Bucht, erstreckt sich ein durchgrünter Wohnbezirk der Stadt Fujisawa, der überwiegend durch lange Flachbauten und zweigeschossige Einzelhäuser geprägt ist. In einer kleinen Kapelle wird hier seit mehr als 50 Jahren die christliche Messe gefeiert. Obwohl in Japan gläubige Christen mit nur einem Prozent einen sehr geringen Anteil der Bevölkerung bilden, wurde das alte Gebetshaus jedoch so stark frequentiert, dass die Gemeindeverantwortlichen beschlossen, eine neue Kirche an anderer Stelle im Bezirk errichten zu lassen. Die Kirchgänger wünschten sich eine Kapelle, in welcher sie „den Herrn gebührend preisen“ können und ein angemessener Gottesdienst möglich ist.
Gallerie
Architekt Takeshi Hosaka aus Tokio entwarf ein eingeschossiges Gebetshaus mit monolithischer Wirkung, dessen wellenartig ausgeformtes Dach in unterschiedliche Höhen zu wogen scheint. Der Sichtbetonbau mit spärlichen Fenstern öffnet sich vor allem nach oben. Sechs gebogene Dachschalen auf unterschiedlichen Höhen erlauben jeweils durch die Zwischenräume natürlichen Lichteinfall und erzeugen eine bedächtige, würdevolle Atmosphäre. Ihre Anzahl nimmt Bezug auf die biblische Schöpfungsgeschichte: sechs Tage dauert die Erschaffung der Erde, am siebten Tag wird die Heilige Messe gefeiert.
Der längliche Baukörper umfasst zwei Bereiche, die beide über den Haupteingang an der Südostseite erschlossen werden. Südwestlich liegt der Kapellenraum mit Altar und zwei kleinen Vorbereitungsräumen. Einer von ihnen verfügt über einen separaten Eingang. Auf der anderen Seite der Lobby bzw. Eingangszone befinden sich zwei Gemeinderäume, ein Raum für den Pfarrer, eine Küche, ein kleines Büro, Toiletten, Wickel- und Lagerraum.
Um ungünstigen Lichteinfall während eines Gottesdienstes zu vermeiden, wurde mithilfe einer Computersoftware der Tageslichteinfall über die Dauer eines Jahres simuliert. So gelang es, während der Messe direktes Sonnenlicht zu umgehen, im Tagesverlauf aber eine dynamische Lichtstimmung zu erzeugen. Der Andachtsraum wird weitgehend über die Deckenöffnungen belichtet, ergänzt durch drei kleine niedrige Fenster an den Längsseiten. Dort sind die Sichtbetonflächen der Wände mit tiefen vertikalen Rillen in unregelmäßigen Abständen versehen, die zur Verbesserung der Raumakustik mit dunkelgrauem Schallabsorber (30 mm) gefüllt sind.
Ein Kreuz an der Frontseite der Kirche dient als physische und mentale Verbindung zwischen altem und neuem Gotteshaus: Es ist aus Sand vom Grundstück der alten Kirche geformt. Der Gemeindepfarrer sammelte mit eigenen Händen fünf Kilogramm des geweihten Bodens auf, damit dieser zu einem Terrakotta-Kreuz gebrannt werden konnte.
Dachkonstruktion
Die Dachschalen aus Beton entstanden als Kreis- bzw. Röhrensegmente
verschiedener Radien und liegen mit der konkaven Seite in
wechselnder Höhe auf den Wänden auf. Zwischen den sich
überlagernden Schalen dringt Tageslicht durch feststehende
Doppelverglasungen. Die Konstruktionsweise entspricht der eines
Flachdaches, damit sie dicht ist. Der Aufbau der Rundschalen von
innen nach außen ist wie folgt: 25 cm bewehrter Beton, 4 cm
Polyurethandämmung, 2,5 cm Mörtelschicht und
abschließend eine Feuchtigkeitssperre. An der jeweils tiefsten
Stelle einer Viertelschale befindet sich eine Längsfuge, durch
welche das Regenwasser an die Außenwand geleitet wird und dort in
einer weiteren Fuge ablaufen kann.
Bautafel
Architekt: Takeshi Hosaka, Tokio
Projektbeteiligte: Hitoshi Yonamine, Ove Arup & Partners Japan, Tokio (Tragwerksplanung, Beton); Ayako Hakozaki, Nagata Acoustics, Tokio (Gebäudeakustik)
Bauherr: Shonan Christ Church, Kanagawa
Fertigstellung: 2014
Standort: Tsujido Fujisawa Kanagawa, Japan
Bildrechte: Koji Fuji / Nacasa & Partners, Tokio