Tåkern-Besucherzentrum bei Väderstad
Gefaltete Brettschichtholz-Konstruktion mit Reetdach und gläsernem First
Gallerie
Der Tåkern-See in Südschweden ist mit seinem schilfbewachsenen
Ufergürtel ein wichtiger Brutplatz für Vögel in Nordeuropa und
steht unter Naturschutz. Als Anlaufstelle für die zahlreichen
Vogelbeobachter, die das Gebiet jährlich besuchen, eröffnete 2012
nahe dem Ort Väderstad das neue Besucherzentrum Naturum
Tåkern, geplant vom Büro Wingårdh Arkitektkontor aus
Stockholm.
Vom Parkplatz aus führen Stege und hölzerne Brücken die Besucher
durch einen kleinen Kiefern- und Birkenwald in ein Schilfgebiet auf
der Südostseite des insgesamt 12 Kilometer langen Sees. Hier
befindet sich das 680 m² große, eingeschossige Besucherzentrum
nebst einem ebenfalls neu errichteten hölzernen
Vogelbobachtungsturm. Das lang gestreckte Gebäude in U-Form ruht
leicht erhöht auf Pfeilern und fügt sich harmonisch in die ebene
Uferlandschaft ein. Die niedrigen Außenwände und das asymmetrisch
ansteigende, mehrfach geknickte Satteldach
scheinen miteinander zu verschmelzen. Der tiefste Punkt der
Trauflinie liegt nur 1,20 Meter hoch, auf bis zu sieben Meter am
First
steigt die Wandhöhe an. Am höchsten Punkt misst das Gebäude zehn
Meter.
Die gesamte Außenhaut besteht aus einer Reetdeckung, die nur von
wenigen Fensteröffnungen durchbrochen wird. Allein auf der
Nordwestseite befindet sich ein großes Panoramafenster in Richtung
See. Mit der Verwendung von lokal vorkommendem Schilfrohr als
Eindeckung greifen die Architekten eine historische Bauweise der
Region auf, die unter anderem für Scheunen typisch ist. Sie
kombinieren das traditionelle Material jedoch mit einer abstrakten,
prisma-artigen Gebäudegeometrie und mit einem auf seiner gesamten
Länge verglasten First.
Der Eingang des Besucherzentrums befindet sich am Ende des
östlichen Gebäudeflügels, auf der vom See abgewandten Seite. Eine
kleine Lobby führt in einen großzügigen, L-förmigen
Ausstellungsbereich, der bis zu dem großen Panoramafenster mit
Blick auf Wasserfläche und Ufer reicht. Die Nebenräume liegen
entlang der Ostseite des Gebäudes und grenzen an die
Ausstellungsfläche an. Sie beinhalten unter anderem einen Labor-
und einen Konferenzraum sowie Büroräume für die Angestellten. Den
Westflügel nimmt ein Raum für Filmvorführungen ein. Sowohl die
Verkleidung der Innenwände und Decken als auch der Parkettfußboden
bestehen aus Kiefernholz. Das Oberlicht im Dachfirst erzeugt eine
neutrale, natürliche Belichtung der Ausstellung.
Die geschlossene Hülle des Besucherzentrums hat nicht nur
gestalterische Funktion: Durch sie wurde der Energiebedarf des
Gebäudes stark reduziert. Er wird über eine Wärmepumpe gedeckt, die
mit sechs Erdsonden verbunden ist. Frischluft erhält das Gebäude
über eine Lüftungsanlage mit Wärmetauscher. Der veranschlagte
Heizwärmebedarf des Gebäudes liegt bei 57 kWh/m²a.
Dach
Das asymmetrisch gefaltete Satteldach besitzt ein Tragwerk aus
Brettschichtholz, ebenso wie die Außenwände, auf denen es ruht.
Zwei auseinanderliegende Leimbinder knapp unterhalb der Firstlinie
dienen als Auflager für die Sparren und ermöglichen so ein über die
gesamte Firstlänge durchlaufendes, zeltförmiges Oberlichtband. Die
Erfordernisse der Reetdeckung beeinflussten die Dachform: Eine
Dachneigung von mindestens 50° soll verhindern,
dass das getrocknete Schilfrohr zu viel Feuchtigkeit aufnimmt. Das
Oberlicht dient neben der Belichtung der Ausstellungsfläche auch
dazu, ein vorschnelles Verschleißen der Reetdeckung im Firstbereich
zu verhindern, wo normalerweise deren Schwachpunkt liegt. Dies soll
eine lange Lebensdauer des natürlichen Baustoffs sicherstellen,
welche die Architekten mit 50 bis 75 Jahren veranschlagen.
Dachaufbau (von außen nach innen):
- Reetdeckung 250-280 mm
- Unterdachbahn
- Holzschalung 23 mm
- Brettschichtholzrahmen 405 x 66 mm mit Wärmedämmung aus Mineralwolle 2 x 195 mm
- Dampfbremse
- Lattung horizontal 45 x 45 mm
- Geotextil
- Lattung vertikal, variierende Tiefe,
Installationshohlraum für Lüftungskanäle bzw. Einbauleuchten - Lattung horizontal 28 x 70 mm
- Schalung Kiefernholz, unbehandelt 16 x 95 mm
Bautafel
Architekten: Wingårdh Arkitektkontor, Stockholm
Projektbeteiligte: Skanska, Östergötland (Generalunternehmer Gebäude); Cowi, Kopenhagen (Statik); Bengt Dahlgren, Stockholm (Brandschutz und HKLS-Planung); TP Group, Stockholm (Projektsteuerung)
Bauherr: Landkreis Östergötland, Schweden
Standort: Glänås Besuchergelände, 590 22 Väderstad
Fertigstellung: Besucherzentrum 2012, Vogelbeobachtungsturm: 2009
Bildnachweis: Wingårdh Arkitektkontor, Stockholm; Fotos: Åke E:son Lindman, Stockholm / Tord-Rikard Söderström, Stockholm / Christian Badenfelt, Göteborg