Neue Messe Stuttgart
Gasbrennwertkessel und Schichtlüftung sparen Energie
Rund zehn Kilometer südlich der Innenstadt hat die Neue Messe Stuttgart in Leinfelden-Echterdingen ihren Standort, mit direkter Anbindung an Flughafen, S- und Autobahn. Die von den Stuttgarter Architekten Wulf und Partner geplante Landesmesse bietet eine Ausstellungsfläche von 105.000 m². Ihre verkehrsgünstige Lage ergibt sich aus der Orientierung der Bebauung in Ost-West-Richtung. Die angrenzende Autobahn A8 wird von dem aus zwei „Fingern” bestehenden Parkhaus als 400 m lange und begrünte Landschaftsbrücke überspannt. Wie ein spitzer Keil stößt es in das Messegelände und gibt eine Achse vor, an der sich links und rechts die Hallen aufreihen.
Gallerie
Zwischen Eingang Ost und Eingang West sind die Messehallen und das Kongresszentrum kammartig angeordnet. In der Mitte verbindet der Rothauspark alle Messebereiche miteinander und dient mit Grünflächen, Terrassen und einer Wasserkaskade als Ruhezone für Besucher. Über einen leicht aufgewölbten und 20.000 m² großen Platz, der sogenannten Messepiazza, gelangen die Besucher zum Kongresszentrum und dem Eingang Ost, der Zugang zu den Messehallen erfolgt über das Atrium am Eingangsgebäude.
Insgesamt besteht die Messe aus sieben Standardhallen, einer Veranstaltungshalle und dem Kongresszentrum. In den sieben Standard-Messehallen mit je 10.000 m² Ausstellungsfläche lassen großzügige Lichtbänder am oberen Wandabschluss den Eindruck entstehen, als ob die geschwungenen Dächer über der Halle schweben würden. Die Veranstaltungshalle verfügt über eine Ausstellungsfläche von 26.800 m², davon 5.900 m² auf einer umlaufenden Galerie. Im Kongresszentrum mit Zentralküche und Ausstellungshalle ermöglichen variable Trennwände die Anpassung der Räume an die Besucherzahl.
Den klaren, rechtwinkligen Grundrissformen der Hallen wird mit freien, bewegten Linien in der Freiraumgestaltung begegnet: Organisch geformte Elemente tauchen auf dem Messeplatz, in der „grünen Welle“ der Landschaftsbrücke und in den schwingenden Dachformen der Messehallen auf.
Energiekonzept
Um die Hallen energiesparend zu belüften, haben die Planer eine
Schichtlüftung vorgesehen. Für eine Messe eine Novität, denn dieses
Raumklimakonzept fand bisher nur bei Büro- und Industriebauten
Anwendung. Bei dem System wird auf die Frischluft-Führung über
Drall-Auslässe mit komplettem Hallenluftaustausch verzichtet.
Stattdessen verteilen acht große Quellluft-Auslässe vom unteren
Bereich der Wände konditionierte frische Luft in die Halle, die
sich zwischen den Messeständen verteilt. Die erwärmte Luft steigt
nach oben und wird auf halber Hallenhöhe abgesaugt. Gleichzeitig
strömt im unteren Hallenbereich frische Luft nach. Für das schnelle
Aufheizen einer Halle kurz vor Veranstaltungseröffnung sorgen
Weitwurfdüsen (lufttechnische Endelemente für die Verteilung der
Zuluft in
großen Entfernungen). Ist die Halle temperiert, schaltet die
Technik wieder auf das Schichtluftsystem um. Nach Angabe des
Messebetreibers spart diese Art der Belüftung rund 30% der
Energiekosten gegenüber herkömmlichen Lüftungssystemen.
Für Wärme im Haus sorgt eine Gas-Brennwertheizung im großen Stil. Drei Niedertemperaturkessel mit emissionsarmen Low-Nox-Zweistoffbrennern für Gas und Öl heizen der Messe mit einer Gesamtleistung von 15,2 MW ein. Mit dieser Wärmeleistung könnten sie 800 Einfamilienhäuser versorgen. Das zentrale Heizsystem ist modular aufgebaut, um die unterschiedlich belegten Messehallen energiesparend zu wärmen. Alle drei Kessel besitzen nachgeschaltete Edelstahl-Abgaswärmetauscher. Damit erreichen sie im Gasbetrieb Kesselwirkungsgrade von über 97% und Normnutzungsgrade von bis zu 99%. Bei Bedarf können die Kessel auf Heizöl umgestellt werden. Der Grundlastkessel hat eine Leistung von 3,5 MW. Die zwei weiteren Kessel mit jeweils 5,8 MW stehen als Spitzenlastkessel bereit.
Für die Energieversorgung der Messe durchziehen unterirdische
Medienkanäle - 4,50 m breit und bis zu 6 m hoch - das Gelände. In
den mit kleinen Fahrzeugen befahrbaren Gängen liegen alle
Versorgungsleitungen für die Haustechnik. Auf den Dächern der
Messehallen erzeugt eine Photovoltaik-Anlage mit einer Fläche von
27.000 m² Ökostrom. Die Spitzenleistung von 3,45 Mio. kWh im Jahr
reichen für den Strombedarf von 1.100 Haushalten. Im Herbst 2009
soll eine zweite, rund 7.000 m² große PV-Anlage auf dem
Bosch-Parkhaus ans Netz gehen.
Bautafel
Architekten: Wulf & Partner, Stuttgart
Projektbeteiligte: Drees & Sommer, Stuttgart (Projektsteuerer); DS-Plan, Stuttgart (Energie-und Facilitymanagement Gebäudetechnik); YIT Germany, Deggendorf (Anlagenbau Heizung, Kälte, Wärmedämmung); Scholze Ingenieurgesellschaft, Leinfelden-Echterdingen (Bauüberwachung HLS); AG.L.N. Landschaftsplanung, Blaubeuren-Seissen (Landschaftsplanung); Elco, Mörfelden-Walldorf (Zweistoffbrenner); Loos Bosch Thermotechnik, Gunzenhausen (Niedertemperaturkessel)
Bauherr: Projektgesellschaft Neue Messe, Stuttgart
Fertigstellung: Oktober 2007
Standort: Stuttgart
Bildnachweis: Landesmesse Stuttgart
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