DIN SPEC 18198 - Optische Anisotropie-Effekte
Standarddokument des DIN
Beim Herstellungsprozess von thermisch vorgespannten Gläsern können sogenannte optische Anisotropien bzw. Irisationen auftreten. Sie entstehen dadurch, dass das – eigentlich isotrope – Glas durch Einfluss mechanischer Spannungen zu einem doppelbrechenden Material mit optisch richtungsabhängigen Eigenschaften wird. Grund dafür sind Spannungsdifferenzen zwischen verschiedenen Bereichen des vorgespannten Glases – bereits geringe Differenzen von einigen MPa genügen, um einen sichtbaren Gangunterschied zu erzeugen. Die ungewollten Phänomene zeigen sich bei besonderem Lichteinfall, bestimmten Wetterbedingungen und Tageszeiten als weiße oder regenbogenartige Flecken (Leopardenflecken bzw. leopard spots), Flächen oder Muster.
Gallerie
Auch wenn Irisationen im Sinne der Produktnormen und der visuellen Beurteilungsrichtlinien keinen berechtigten Mangel darstellen, wird dieser Effekt zunehmend als optische Beeinträchtigung wahrgenommen. Bislang werden Anisotropien in aktuellen Normen als physikalischer Effekt definiert, weshalb die Ausprägung dieser – sofern erforderlich – objektspezifisch geregelt werden muss.
Zur Vereinheitlichung und als Leitfaden zur reproduzierbaren
Bewertung von optischen Anisotropie-Effekten an thermisch
vorgespanntem Glas dient daher die neue DIN SPEC 18198:2022-05
Messung und Bewertung von optischen Anisotropie-Effekten bei
thermisch vorgespanntem Glas, die von einem Konsortium von
Experten aus dem Glas- und Fassadenbau, der Messtechnik sowie aus
dem universitären Kontext entwickelt wurde. Für die
unterschiedlichen, am Markt verfügbaren Messsysteme zur
spannungsoptischen Untersuchung von vorgespanntem Glas werden in
der Planungshilfe jeweils bestimmte Anforderungen festgelegt und
Aufbau, relevante Messgrößen, die Kalibrierung sowie die
Messgenauigkeit definiert. Zudem werden Methoden vorgestellt, die
eine reproduzierbare Bewertung der optischen Anisotropie-Effekte
ermöglichen. Basierend auf Bewertungszonen und den
Auswertungsmethoden werden zudem verschiedene Qualitätsklassen für
monolithische Glasaufbauten definiert.
Die Bewertungsmethoden aus der Planungshilfe lassen sich theoretisch auch auf nicht-monolithische Verglasungsaufbauten (Mehrfach-Verbund- und Verbundsicherheitsgläser oder auch Mehrscheiben-Isolierglas, etc.) übertragen. Durch eine Überlagerung von mehreren vorgespannten Gläsern ist jedoch eine Verstärkung der Sichtbarkeit der Anisotropie-Effekte zu erwarten. Da hier allerdings noch weitere Effekte, die bisher nicht vollständig quantifiziert werden konnten, eine Rolle spielen, beschränkt sich DIN SPEC 18198 auf monolithische Aufbauten. Die beschriebenen Anforderungen und Klassifizierungen beziehen sich auf optisch-visuell wahrnehmbare Eigenschaften von Anisotropie-Effekten. Technische Eigenschaften wie die charakteristische Festigkeit und das Bruchbild bleiben hiervon unberührt.
DIN SPEC 18198 kann kostenfrei auf der Webseite des Beuth Verlags heruntergeladen werden (siehe Surftipps).
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