Umbau einer Scheune zur Herberge in Suffolk
Skulpturaler Bau mit wellenförmig gefaltetem Satteldach
Die englische Grafschaft Suffolk mit ihrer malerischen Landschaft, rund zwei Fahrstunden östlich von London, ist ein beliebtes Ziel für Wochenendtrips. Hier wollten Bruce Badrock und David Woodbine, die selbst viele Jahre in London gelebt und gearbeitet hatten, mit einer kleinen Pension namens Five Acre Barn ein ruhigeres, naturverbundeneres Leben beginnen. Entworfen wurde sie von dem ebenfalls aus London stammenden Architekturbüro Blee Halligan.
Gallerie
In der Nähe der kleinen Ortschaft Aldringham und nur einen Kilometer vom Meer entfernt, entdeckten die beiden Bauherren ein fünf Hektar großes, idyllisches Grundstück, auf dem sich umgeben von Bäumen bereits eine verfallene Scheune nebst Wohnanbau befand. Sie erkannten das Potenzial des Ortes, der zudem verkehrsgünstig gelegen ist, und beauftragten das Büro Blee Halligan mit der Planung einer Herberge. Dabei war den Bauherren an Nachhaltigkeit viel gelegen: So sollten bei Sanierung und Umgestaltung des Bestands einfache, nachhaltige Materialien zum Einsatz kommen, die nach Möglichkeit regionalen Ursprungs waren. Überdies sollte trotz des großen Grundstücks wenig Fläche versiegelt werden.
Behutsamer Umbau, auffälliger Neubau
Dementsprechend sah der Entwurf des Architektenteams einen behutsamen Umbau der Scheune vor, ohne Beeinträchtigung ihres historischen Charmes. Der Wohnanbau, der in den 1970er Jahren an der Ostseite angefügt worden war, wurde abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Das 2018 fertiggestellte Ensemble wirkt ungewöhnlich. Das verdankt es vor allem der wellenförmig gefalteten Satteldachs des Neubaus, die sich an der Höhe der Bestandsbauten orientiert. Das skulptural anmutende Erscheinungsbild der Holzrahmenkonstruktion wird durch die Schindeln aus Zedernholz erzeugt, die Fassaden und Dachflächen gleichmäßig überziehen. So erscheint der Baukörper wie aus einem Guss. Das unbehandeltes Schindelholz altert, je nach Witterung, unterschiedlich und verleiht der Außenhaut im Laufe der Zeit eine lebendige Optik.
Schlafen mit Blick gen Himmel
Eine Herausforderung für die Planung war, innerhalb des vorgegebenen Kostenrahmens so viele Gästeunterkünfte wie möglich in das kompakte Volumen des Neubaus zu integrieren. Um auf der begrenzten Fläche fünf Wohneinheiten zu unterzubringen, entwickelten die Architekten einen ungewöhnlichen Grundriss: Einzig die Wohnung im Kopf des neuen Anbaus ist eingeschossig. Hingegen verfügen vier der fünf Einheiten über eine Raumhöhe von sechs Metern und eine zweite Ebene, die über dem Erschließungskorridor des Gebäudeflügels liegt. Im Erdgeschoss befinden sich jeweils ein gemütlicher Wohnbereich und das Bad. Der Schlafbereich im Obergeschoss, direkt unter dem Dach, wird über eine Innentreppe erreicht. Diese Anordnung erlaubten große Dachfenster, die für ausreichend Tageslicht und eine gute Querlüftung sorgen sowie für den Ausblick vom Bett Richtung Himmel. Über Balkontüren gelangen die Gäste von den durch das Dach erhellten Räumen direkt nach draußen. Weite Teile des Gartens wurden bewusst nicht kultiviert. Hier bieten Wildblumenwiesen den Menschen Ruhe und Erholung sowie Insekten und Wildtieren einen Lebensraum.
In der alten gemauerten Scheune fanden die gemeinschaftlich genutzten Flächen, wie zum Beispiel großzügige Aufenthalts- und Essbereiche, und die Wohnung der Eigentümer ihren Platz. Hier waren nur kleine Eingriffe in den Bestand notwendig, etwa der Einbau eines neuen Fensters und einer neuen Dachrinne sowie die Reparatur des Daches.
Mehrfach gefaltetes Satteldach
Das neue Gästehaus prägt eine komplexe, wellenförmig gefaltete Variante des Satteldaches. Dachrinnen und Fallrohre liegen dank einer raffinierten, aber kostengünstigen Detaillösung in einem von den Planern als „Brücke“ bezeichneten, dunkel gehaltenen Verbindungsbau zum Bestand versteckt. Dach- und Wandaufbau der nahezu vollständig mit Zedernholzschindeln gedeckten Hülle sind identisch.
Dachaufbau (von außen nach innen):
- Schindeln aus Rotzedernholz
- Lattung und Konterlattung
- dampfdiffusionsoffene Unterspannbahn
- Sperrholz
- Holzrahmenkonstruktion mit einer Dämmung zwischen den Rahmen
- Gipskarton- oder Sperrholzplatten