Zölly Wohnhochhaus in Zürich

Tragende Fassade aus Betonfertigteilen mit Schaumglas-Kerndämmung

Das Maag-Areal Plus nordwestlich des Zentrums von Zürich gehört zu den größten Entwicklungsgebieten der Stadt. Seit 2001 wird das ehemalige Industriequartier gemäß einer Studie der Basler Architekten Diener & Diener in einen Stadtteil mit vielfältiger Nutzungsmischung umgewandelt: Auf rund 110.000 Quadratmetern entstehen Gebäude für Forschung und Kultur, Wohnen und Gastronomie, Sport und Gewerbe. Zusammen mit dem Prime Tower und dem Mobimo Tower gehört das 2014 auf dem Areal fertiggestellte Zölly Wohnhochhaus von Marcel Meili, Markus Peter Architekten aus Zürich zu den drei im Masterplan vorgesehenen Hochhäusern.

Der 77 Meter hohe Zölly-Turm ist als Kopf der Wohnbebauung am Pfingstweidpark ausgebildet
Der polygonale Grundriss des Hochhauses weist mit einer langen Seite gen Südosten
Von Osten: Drei mehrfach geknickte siebengeschossige Zeilenbauten entstammen ebenso wie der Wohnturm der Feder von Meili Peter Architekten

Der 77 Meter hohe Turm mit einer Bruttogeschossfläche von insgesamt 20.500 Quadratmetern ist als Kopf der Wohnbebauung am Pfingstweidpark ausgebildet. Auch die drei östlich gelegenen und mehrfach geknickten, siebengeschossigen Zeilenbauten entstammen der Feder von Meili Peter Architekten. Der polygonale Grundriss des Hochhauses weist mit kurzen Seiten nach Nordosten und Südwesten, einer langen Seite in Südost-Richtung sowie einer geknickten gen Nordwesten. Der Turm ruht auf einem Sockel, der im Südosten leicht hervortritt. Hier befindet sich der Haupteingang mit einer Lobby, die über einen Vorplatz von der Turbinenstraße erschlossen wird. Die vertikale Erschließung erfolgt über zwei innen liegende Treppenkerne und drei Aufzüge.

Im Erdgeschoss befinden sich neben der Lobby und einem Fahrradraum sechs zweigeschossige Atelierwohnungen. Auf den 21 Geschossen darüber folgen insgesamt 128 Wohnungen mit 2,5 bis 4,5 Zimmern. Deren Lage bestimmt das äußere Erscheinungsbild: An den kurzen Seiten des Hochhauses liegen 3,5 bis 4,5-Zimmer-Wohnungen, die stirnseitig über einen anderthalb Geschoss hohen Raum und eine Loggia verfügen. Der überhöhte Raum öffnet sich entweder nach oben oder bildet einen um wenige Stufen abgesenkten Wohnbereich. Die 2,5-Zimmer-Wohnungen in den Zwischengeschossen haben ihre Fassaden mit kleinen Loggien an den Längsseiten. Die obersten drei Geschosse sind etwas überhöht, um die Niveauversprünge im Turm auszugleichen. An den breiten Gebäudeseiten entsteht durch die horizontale Gliederung der Lochfassade und vertikale Lisenen der Betonelemente eine strenge Gitterstruktur, die durch die tief liegenden Loggien etwas aufgelockert wird.

Bauphysik
950 Betonfertigteile bilden die tragende Fassade des Hochhauses. Zum Tragwerk gehören außerdem die Treppenkerne und Schächte sowie ein im Erdgeschoss umlaufend angeordneter Stützenkranz, auf dem die Fassade steht. Die Deckenstärke der großen Spannweiten erlaubt eine freie Anordnung der Wohnungstrennwände und Sanitärräume auf jedem Geschoss.

Die Fassaden-Sandwichelemente aus Beton sind in der Ansicht L-förmig und bestehen aus einer stark geformten Vorsatzschale, einer 16 bis 24 cm starken Kerndämmung aus Schaumglas und einer flachen Innenschale. Im Durchschnitt sind sie 61 cm dick. Die nicht brennbare Dämmung aus Schaumglas fungiert auch als Dampfsperre, da dieses Material wasser- und dampfdiffusionsdicht ist.

Bei der Herstellung der Fertigteile wurde zunächst die Außenschale betoniert. Deren Realisierung war aufgrund der vertikalen Lisenen mit gerundeten Kanten in verschiedenen Winkeln und der geforderten Sichtqualität technisch sehr anspruchsvoll. Als Schalung diente eine Form aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK), die eine mit Stahl vergleichbar glatte Oberfläche besitzt. Vor dem Aushärten des Betons wurden in einem zweiten Schritt die Dämmplatten aus Schaumglas angebracht und gleichzeitig Thermoanker aus Glasfaser eingesetzt. Pro Quadratmeter fungieren ca. acht Dübel als permanente wärmebrückenfreie Verbindung zwischen Innen- und Außenschale. Ihr Vorteil ist, dass sie nicht vor dem Betonieren an die Bewehrung gebunden werden mussten, sondern nach der Betonierung plaziert wurden. So musste die Dämmung nicht aufwändig um die herausragenden Dübel herum verlegt werden.

Als Zuschlag für die äußere Betonschale wurden heller Sand und italienischer Marmor verwendet, die durch partielles Sandstrahlen sichtbar gemacht wurden und der Fassade Struktur verleihen. Anschließend wurde die Oberfläche hydrophobiert.

Die Positionierung der Fertigteile erfolgte mit Hilfe von zwei Auslegerkränen. Dabei wurde jeweils die Unterkante der Innenschale auf der unprofilierten Außenkante einer Geschossdecke abgestellt, wo zuvor ein Mörtelbett aufgetragen worden war. Wärmedämmung und Außenschale ragen über die Deckenkonstruktion hinaus, verblenden diese und schließen an der Oberkante des darunter verbauten Elements an. Die kammerartigen Aufbordungen der Elemente stellen zusammen mit den eingelegten Kompribändern die Dichtigkeit her; auf Silikonfugen konnte verzichtet werden. Die Fassadenelemente sind am Boden über Metall-Laschen und am oberen Ende über herausstehende Eisen fixiert.

Bautafel

Architekt: Marcel Meili, Markus Peter Architekten, Zürich
Projektbeteiligte: Losinger Marazzi, Zürich (Generalunternehmer); Plan Werk, Laufen (Ausführung in Zusammenarbeit); BG Ingenieure und Berater, Baar (Tragwerksplanung); Balzer Ingenieure, Winterthur (Haustechnik); Scherler, Zürich (Elektroplanung); Mühlebach Akustik + Bauphysik, Wiesendangen (Bauphysik); Office Haratori, Zürich und Office Winhov, Amsterdam (Fassadenentwurf in Zusammenarbeit); Nägele Betonfertigteil- und Transportbetonwerk, Röthis (Betonfertigteile); Foamglas, Rotkreuz (Dämmung)
Bauherr:
Losinger Marazzi, Zürich
Fertigstellung: 2014
Standort: City West, Zürich
Bildnachweis: www.yohanzerdoun.com

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