Zentrum für Tumorerkrankungen in Heidelberg

Faltwerk aus schräg geneigten Betonscheiben

Mit dem Ziel, die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Krebsforschung und Patientenversorgung bestmöglich zu stärken, ist in Heidelberg ein neues Gebäude für das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen, kurz NCT, entstanden. Es ist eine gemeinsame Einrichtung des Universitätsklinikums Heidelberg mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum, der Thoraxklinik Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe. Neben einer guten verkehrstechnischen Anbindung innerhalb des Klinikgeländes auf dem Neuenheimer Feld sollte das Gebäude vor allem eine angenehme Atmosphäre bieten, in dem sich die Krebspatienten trotz ihrer schweren Krankheit wohl fühlen. Die Umsetzung erfolgte nach Plänen von Behnisch Architekten aus Stuttgart.

Das Atrium ist von einem Faltwerk aus Betonscheiben überdacht
Die Behandlungsräume sind offen und hell gestaltet
Auf den Sichtbetonwänden in den Wartezonen zeichnet sich die unregelmäßige Struktur der rauen Brettspundschalung ab

Der östliche Teil des Neubaus ist in Struktur und Höhe dem angrenzenden Klinikgebäude angepasst. Hier sind in einem dreigeschossigen Gebäudeteil die Laborflächen des onkologischen Forschungsbereiches untergebracht, darunter befinden sich die Technikzentralen. Außerdem stehen Schreibarbeitsplätze, Büros und Besprechungsräume zur Verfügung. Der westliche Teil nimmt Bezug zur benachbarten Kinderklinik. In den unteren zwei Geschossen befinden sich die klinischen Bereiche. Entlang der gänzlich aus grünem Glas bestehenden Fassaden liegen die Untersuchungs- und Behandlungsräume. Die Verkehrsflächen sind mit geschliffenem Estrich versehen, Behandlungs- und Wartebereiche sind mit Eichenparkett belegt. Die Behandlungen finden in offenen Bereichen statt, die mit halbhohen Schrankmöbeln und kleinen Sitzgruppen ausgestattet sind. Den raumhohen Verglasungen sind Terrassen vorgelagert. In den beiden Geschossen über dem klinischen Bereich befinden sich Räume für Beratungen und Konferenzen sowie die Büros für Forscher und Mediziner. Als extra Volumen kragt dieser Bauteil nach Norden über den Haupteingang und nach Westen aus. Seine Fassade ist hell verputzt. 

Mittelpunkt des Gebäudes ist das zentrale, viergeschossige Atrium. Lichtdurchflutet und offen gestaltet ähnelt es eher einer Lobby, in der man sich trifft und austauscht. Erschlossen wird es vom nördlichen Vorplatz über einen großzügigen Eingangsbereich. Hier ist der Empfang angeordnet, von dem aus die Besucher in die unterschiedlichen Bereiche des Hauses geleitet werden. Scheinbar frei im Raum schwebende, einläufige Treppen führen von Ebene zu Ebene. Ihre auf der einen Seite aus Glaselementen, auf der anderen aus Holzstäben gefertigten Geländer harmonieren mit den glatten Sichtbetonflächen. Rund um das Atrium laden Pflanzbeete mit Sitzflächen zum Verweilen ein; eine Cafeteria befindet sich gut sichtbar auf der ersten Ebene. Sie wird durch eine nach Süden orientierte Terrasse erweitert, die den Blick in den Patientengarten freigibt. Auf der zweiten Ebene befindet sich der Raum der Stille – ein Ort der Ruhe und Entspannung. Um ihn von den anderen Räumen abzuheben, ist er außen mit einem Geflecht aus Edelstahlbändern belegt.

Beton
Während der Bauphase stellte die komplexe Architektur des Stahlbetonbaus höchste Anforderungen an alle Beteiligten. Beim Rohbau galt vor allem das Atrium als Herausforderung. Allein hierfür wurden über 9.000 m³ Transportbeton C 30/37 aus einem Lieferwerk in Eppelheim verarbeitet. Das Dach des sich nach oben öffnenden Eingangsbereiches besteht aus einem Faltwerk aus schräg geneigten Betonscheiben, die mit glatt geschalter Deckenuntersicht in Sichtbetonqualität SB 4 gefordert waren. Für die Schalung in 14 Metern Höhe mussten auf Stapeltürmen jeweils Schalböden errichtet werden. Da jede darunter liegende Deckenkante verspringt, wurden diese Traggerüste jeweils versetzt, um so von verschiedenen Geschossen aus das Dach zu erreichen.

Demgegenüber gestaltete sich die Ausführung der Sichtbetonwände einfacher. Auf ihren Oberflächen zeichnet sich die unregelmäßige Struktur der rauen Brettspundschalung ab. Die Decken sind mit einem Rohrsystem zur Bauteilaktivierung durchzogen, das ein Erwärmen und Kühlen ermöglicht.

Bautafel

Architekten: Behnisch Architekten, Stuttgart
Projektbeteiligte: TBG Transportbeton Kurpfalz; Lieferwerk Eppelheim; Heidelbergcement, Heidelberg (Beton); Leonhard Weiss, Satteldorf (Rohbau)
Bauherr: Deutsche Krebshilfe/Dr. Midred Scheel Stiftung für Krebsforschung, Bonn
Nutzer: Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), Heidelberg
Standort: Im Neuenheimer Feld 460, 69120 Heidelberg
Fertigstellung: 2011
Bildnachweis: Adam Mørk, Kopenhagen/DK

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Betonoberfläche bei Verwendung einer saugenden Schalhaut

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Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart; Architekten: UN Studio

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