Wohnhochhaus in Berlin

Rhythmisierte Aluminiumfassade

In Berlin hatte Adolf Loos zwar sein Manifest „Ornament und Verbrechen“ verkündet, doch trotzdem ist es nicht der Architekt Adolf-, sondern der Schauspieler Theodor Loos, nach dem in der Gropiusstadt ein Weg benannt wurde. Hier, im Süden Neuköllns, haben Eike Becker Architekten für den Beamten-Wohnungs-Verein zu Berlin ein Ensemble mit insgesamt 116 Wohnungen errichtet, das aus einem zwanziggeschossigen Wohnturm, einem Stadthaus mit fünf Geschossen und einem flachen, gelagerten Pavillonbaukörper besteht.

116 Wohnungen sind auf den 20-geschossigen Turm und ein 5-geschossiges Stadthaus verteilt.
Ein Pavillon dient als Gemeinschaftsraum.
Die Neubaufassaden heben sich aus der Umgebung ab.

Urbanität durch Dichte

Das fünfgeschossige Gebäude nimmt in seinen Dimensionen Bezug auf die ursprünglichen Planungsintentionen von Gropius Anfang der 1960er-Jahre, während sich das Hochhaus zu den Großstrukturen hinzugesellt, die dann bis 1975 tatsächlich nach dem Paradigma „Urbanität durch Dichte“ entstanden sind. Obwohl der höchste Bau der Siedlung – das von Gropius einen Kilometer nördlich entworfene Wohnhochhaus Ideal ­– noch elf Geschosse mehr hat, dominiert der jetzt anstelle eines flachen Parkhauses errichtete Zwanziggeschosser von Eike Becker seine Umgebung. 

Die Wohnungen im Hochhaus sind um einen zentralen Erschließungskern herum angeordnet und variieren von zwei bis fünf Zimmern. Das fünfgeschossige Stadthaus ist ähnlich organisiert. In den Erdgeschossen sind Flächen für Gastronomie- und Einzelhandel integriert. Der verglaste Pavillon mit einem verbindenden Vordach dient als Gemeinschaftsraum mit Teeküche. Hier befinden sich auch Fahrradabstellflächen, PKW-Stellplätze dagegen in einer zweigeschossigen Tiefgarage.

Fassade: Vorgehängte, hinterlüftete Fassade aus hell und dunkel eloxierten Aluminium-Elementen
Im Kontrast zur umgebenden Wohnbebauung besteht die vorgehängte, hinterlüftete Fassade aus hell und dunkel eloxierten Aluminium-Elementen. Während am Fünfgeschosser der Wechsel aus hellen Bändern mit 60 Zentimeter hohen Brüstungen und dunklen Fensterflächen kräftige horizontale Akzente setzt, sind die Hochhausfassaden weit filigraner gehalten und stärker rhythmisiert. Zwischen die hellen, vorgezogenen Deckenkanten sind schlanke, geschosshohe, ebenfalls hell eloxierte Rechteckstabelemente gestellt, die unregelmäßig verspringend zu Zweier- bis Sechsergruppen vor Loggien- und schwarz verkleideten Fassadenflächen zusammengefasst sind. 

Geschossweise versetzt sind auch die schwarzen Aluminiumfenster mit fast unmerklich variierenden, stehenden Formaten sowie die Eckloggien, welche die Turmproportionen optisch verschlanken. Dagegen sind es beim Stadthaus große Eckbalkone, die das Volumen hier unregelmäßig ausweiten. Die Aluminium-Fassadenelemente sind verdeckt mit Agraffen befestigt und werden von einer Stahlunterkonstruktion gehalten. Die Dämmung besteht aus Mineralfaserdämmplatten. Im Erdgeschoss kamen Aluminium-Pfostenriegel-Konstruktionen mit Standardprofilen zum Einsatz.

Jan Bitter, Berlin / Eike Becker Architekten, Berlin

Bautafel

Architektur: Eike Becker Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: Johanna Lidzba, Franziska Reisch, Ken Rannoch, Eunji Cho, Junji Yonehara, Hon-Tan Trieu, Oliver Mehl, Paula MartínAedo, Bartosz Budzinski, Anca Stephan (Projektteam Architektur); IMW Ingenieurbüro für Fassadentechnik Michael Walzer, Berlin (Fassade); hhpberlin Ingenieure für Brandschutz (Brandschutz); Plan B, Berlin (Haustechnik); Ingenieurbüro Rüdiger Jockwer, Berlin (Tragwerk), Kondius, Berlin (Projektsteuerung), sinai, Berlin (Lanschaftsarchitektur), Horner und Ingenieure, Berlin (Baugrubenplanung), Genest & Partner, Berlin (Bauphysik)
Bauherr/in: Beamten-Wohnungs-Verein zu Berlin eG
Fertigstellung: 2021
Standort: Theodor-Loos-Weg 51, 12353 Berlin-Neukölln
Bildnachweis: Jan Bitter, Berlin / Eike Becker Architekten, Berlin


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