Wohnhaussanierung in Vadodara

In Wellen gelegt

Vadodara ist eine Universitäts- und Industriestadt 400 Kilometer nördlich von Mumbai und ungefähr so groß wie Hamburg. Viele Indienreisende machen hier Station auf dem Weg zu den Ruinen von Champaner-Pavagadh, den Überresten einer 50 Kilometer entfernten, alten Hindu-Hauptstadt, die zum Unesco-Welterbe gehört. In Vadodara selbst gilt der Laxmi Vilas Palace, Ende des 19. Jahrhunderts als Maharadscha-Palast entstanden, als eindrücklichster Bau.

Städtebaulich tritt das Haus vor allem durch seine Süd- und Westfassade hervor, die sich zu den Straßen hin orientieren.
Während die rötlichen Bereiche kaum von Öffnungen durchbrochen werden, sind die weißen Flächen von Fenstern und Loggien perforiert.
Durch Vor- und Rücksprünge erscheint das Gebäude wie eine Komposition aus verschachtelten Quadern.

Alles andere als palastartig ist dagegen ein kleines, privates Wohnhaus, das vom ortsansässigen Büro Manoj Patel Design Studio saniert wurde. Dennoch ist das etwas versteckt an einer Straßenecke gelegene Gebäude ein Blickfang. Städtebaulich tritt es vor allem durch seine Süd- und Westfassade hervor, die sich zu den Straßen hin orientieren. Durch Vor- und Rücksprünge erscheint das Gebäude wie eine Komposition aus verschachtelten Quadern. Diese Wirkung unterstreichen die geschlossenen Teile der Fassade, die hellrot beziehungsweise weiß anmuten und zwei unterschiedlich strukturierte Oberflächen zeigen. Während die rötlichen Bereiche kaum von Öffnungen durchbrochen werden, sind die weißen von Fenstern und Loggien perforiert.

Das auf einem Grundstück von 90 Quadratmetern platzierte Haus umfasst 220 Quadratmeter Wohnfläche auf drei Geschossen. Im Erdgeschoss befinden sich Wohnraum, Küche, Essbereich und ein Schlafzimmer, im ersten Obergeschoss drei Individualräume mit je separaten Nasszellen und im zweiten Obergeschoss ein großer Mehrzweckraum mit westlich vorgelagerter Terrasse.

Fassade: Reliefartige Struktur aus geschnittenen Dachziegeln

Ein Teil der Westfassade, die Südwestecke sowie die Attikabereiche zeigen eine wellenartige Struktur in Rot. Diese verdanken sie einer ebenso innovativen wie einfachen Verfremdung eines altbekannten Bauelements: Dachziegel.

Die v-förmigen Keramikelemente wurden jeweils in sechs bis acht Streifen mit einer Breite von circa 2,5 Zentimetern gesägt. Dabei ließ das Planungsteam zu 60 Prozent neue und zu 40 Prozent alte Dachsteine verwenden, die für die Fassade recycelt wurden. Vergleichbar mit einer Riemchenfassade wurden diese Ziegelstreifen mit einer der Schnittkanten auf die Rohbauwände geklebt. Durch die gleichmäßige Anordnung ergibt sich eine Struktur aus feinen Zickzacklinien, die die Oberfläche aus der Distanz fast textil erscheinen lassen. Kleine Unstimmigkeiten an den Ansätzen unterstreichen den handwerklichen Charakter der Ausführung.

Neben der Gestaltungsabsicht spielten bei der Konzeption der Gebäudehülle auch klimatische Aspekte eine Rolle: Die Richtung der Zickzacklinien wurde auf die Sonneneinstrahlung abgestimmt und soll die Süd- und Westfassade durch Verschattung vor übermäßiger Aufheizung schützen. In der Loggia des Eingangsbereichs wurden die roten Dachsteine noch auf eine weitere, nicht minder kreative Weise verwendet: Hier sind die v-förmigen Ziegel zu einer Pflanzwand arrangiert.

Für die unkonventionelle Verwendung von Dachziegeln sowie deren Umdeutung zu Designobjekten wie Regalen, Blumenvasen und Stifthaltern wurde Manoj Patel bereits 2017 beim Lexus Design Award India gewürdigt.

Bautafel

Architekten: Manoj Patel Design Studio, Vadodara (Team: Manoj Patel, Shivani Tamboli, Aishwarya Gupte, Krupa Kapadia)
Projektbeteiligte: Swati Consultancy, Vadodara (Tragwerksplanung), Tarachand Prajapati und Team, Vadodara (Ausführung Dachziegelfassade)
Bauherr: Sanjaybhai Gandhi
Fertigstellung: 2018
Standort: Vadodara, Gujarat / Indien
Bildnachweis: Tejas Shah, Vadodara / Manoj Patel Design Studio, Vadodara

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Materialien

Keramik

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