Wohnhaus in Tschagguns

Umwandlung eines rund 100-jährigen Stallgebäudes zum modernen Wohnhaus

Inmitten des Montafons, einem 39 Kilometer langen Tal im Vorarlberg, liegt der kleine Ort Tschagguns. Wie vielerorts war auch hier früher die Landwirtschaft die Haupteinnahmequelle der Bewohner, bis diese sukzessive vom Tourismus abgelöst wurde. Heute erinnern nur noch einzelne, oft verwahrloste Gebäude an diese Zeit. Familie Breuer erwarb ein solches, über hundert Jahre altes Stallgebäude und baute es nach eigenen Plänen zu einem zeitgemäßen Wohnhaus um.

Die Fassade mit ortstypischer Holzschalung wurde gedämmt und erhielt großzügige Öffnungen
Die nach Nordwesten ausgerichtete Dachfläche wurde mit Kuperpaneelen gedeckt
Auf der Südostseite des Satteldachs sind unten zwei Reihen Solarpaneele installiert, darüber Photovoltaik-Module

Um den ursprünglichen Charakter der ehemaligen Scheune mit ihrer ortstypischen Holzschalung und dem Satteldach zu bewahren, wurde die Sanierung sehr behutsam durchgeführt. Trotz allem waren die energetischen Anforderungen an einen Neubau zu erfüllen. So fand die größte Veränderung hinter der Bretterschalung der Fassade statt, denn hier wurden zwischen das Holzständerwerk zwanzig Zentimeter Holzfaserdämmung eingebracht. Damit die äußere Schalung keinen Schaden nahm, erfolgten die Arbeiten von der Innenseite. Anschließend wurde das Ständerwerk mit einer Beplankung aus Bregenzer Weißtanne geschlossen.

Neben dem zweiflügligen Scheunentor blieben auch die filigranen Gitterwerke erhalten, die insbesondere die östliche Holzfassade durchbrechen. Die Gitter wurden mit Glas hinterlegt, hinter dem Tor eine Glastür eingebaut. Im Zuge der Umbaumaßnahmen erhielt das kompakte Gebäude außerdem großzügige Fenster mit Festverglasungen aus Dreifachisolierglas, die bündig mit der äußeren Holzschalung abschließen. Daneben sind schmale Öffnungsflügel mit innen liegenden Glasscheiben angeordnet, die sich mit ihren hellen Holzrahmen von der Fassade abheben

Einen deutlichen Kontrast zur dunklen, teils fast schwarzen Färbung der Holzfassade bildet das helle, lichtdurchflutete Innere des Wohnhauses. Der zurückversetzte Eingang an der südöstlichen Ecke des Hauses geht in einen langen Flur über, zu dessen linker Seite sich hinter einer achtzig Zentimeter dicken Bruchsteinwand ein unbeheizter Musikraum erstreckt und der in den Wohnraum mit angeschlossener Küche mündet. Die Geschossdecke wurde hier in Teilen aufgebrochen und gibt den Blick auf den Dachstuhl frei. Eine schmale Treppe führt hinauf in die obere Etage, wo sich neben einem Badezimmer die Schlafräume befinden.

Nahezu alle Oberflächen sind aus Weißtanne gefertigt; einzig im Bad und Eingangsbereich bestehen die Bodenbeläge nicht aus Holzdielen, sondern aus einer Lehm-Casein-Spachtelung. Zugunsten der Raumhöhen wurde mit Ausnahme des Badezimmers auf Trittschalldämmung und Estrich verzichtet. Die aus Platzgründen nur vier Zentimeter starken Trennwände wurden in Blockbauweise (Strickbau) aus Weißtanne errichtet. Bei dieser Technik bestehen die Wände aus übereinander gelegten Kanthölzern, die in den Seiten durch den Eckverband miteinander „verstrickt“ werden. Um den Wohnbereich möglichst frei zu halten, wurde die vorhandene Stützenkonstruktion abgefangen und die Lasten in die Außenwände abgeleitet. Das Holz der früheren Stützen wurde für die Wechsel verwendet; ein Windverband in Form einer Diagonalschalung ersetzt Verstrebungen an den Stellen, wo neue Durchbrüche notwendig waren. Sämtliche Holzverbindungen wurden zimmermannsmäßig nach traditioneller Bautechnik ausgeführt.

Gebäudetechnik
Die Integration der Gebäudetechnik fand ebenso behutsam statt wie die Sanierung der Bausubstanz. Des Weiteren legten die Bauherren großen Wert auf den Einsatz erneuerbarer Energien. Während die Nordwestseite des Satteldaches mit Kupferpaneelen gedeckt ist, sind auf der Südostseite Solarmodule integriert. Insgesamt 36 schlank aufgebaute Photovoltaik-Module bedecken die gesamte Dachfläche auf dieser Seite und erzeugen jährlich rund 6,5 MWh an elektrischer Energie und somit doppelt so viel Strom, wie zur Deckung des Eigenbedarfs notwendig sind. Die schwarz hinterdruckten Module sind mit einer Aufbauhöhe von 38 Millimetern flächenbündig auf die rahmenlosen Glasträger aufgebracht.

Zusätzlich wurden 18 Solarpaneele auf dem Dach installiert, die sich äußerlich nur miminal von den PV-Modulen unterscheiden und einen Großteil des Warmwasser- und Heizbedarfs decken. Ein Schichtpufferspeicher sorgt dafür, dass die erzeugte Wärmeenergie im Bedarfsfall zur Verfügung steht. Da das Wohnhaus im Winter gut sechs Wochen im Schatten eines Berges liegt, wurde zusätzlich ein Stückholzofen im Erdgeschoss aufgestellt. Mit einer Leistung von 6 kW ist er als Ganzhausheizung geeignet und dient auch der Warmwasserbereitstellung. Über Wandheizelemente gelangt die Wärme in die Wohn- und Schlafräume. Küche und Bad sind hingegen mit einer Fußbodenheizung ausgestattet. Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung stellt die kontrollierte Be- und Entlüftung des Wohnhauses sicher. -kt

Bautafel

Architekten: Bernhard Breuer, Schruns
Projektbeteiligte: Merz Klee Partner, Dornbirn (Tragwerksplanung); Solator, Wolfurt (Solartechnik); Müller Ofenbau, Ludesch (Stückholzofen)
Bauherr: Rosa Breuer, Tschagguns
Fertigstellung: 2015
Standort: Mühleweg 2, 6774 Tschagguns
Bildnachweis: Bernhard Breuer, Schruns und Marcello Girardelli, Lustenau

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