Wohnhaus in Sussex

Zweifarbiges Verblendmauerwerk und tragende Rundbögen

Inmitten der sanften Hügellandschaft des südenglischen Nationalparks South Downs ließ der britische Architekt Adam Richards ein Wohngebäude für sich und seine Familie errichten. Auf dem Grundstück befand sich ehemals ein traditionelles Bauerncottage, der Neubau hingegen zeichnet sich durch Reminiszenzen an Motive der Renaissance-Architektur wie der von Andrea Palladio aus.

Der im Süden dreigeschossige Bau treppt nach Norden auf ein Geschoss ab.
Neben der Kubatur sind insbesondere die unterschiedlich großen Rundbogenfenster der Längsseiten ein außergewöhnliches Detail in der britischen (Architektur-)Landschaft.
Eine schmale, unscheinbare Tür an der Nordwestseite führt ins Innere des Hauses.

Der Sarkophag ähnliche, sechseckige Grundriss des Hauses, der sogenannten Nithurst Farm, verjüngt sich nach Süden hin etwas und endet in einer leicht konkav geschwungenen Außenwand. Zugleich treppt der im Süden dreigeschossige Bau nach Norden auf ein Geschoss ab. Die tragende Struktur des Wohnhauses wurde aus Beton erstellt, der im Inneren sichtbar belassen ist. Umhüllt wurde es mit einem rötlich-ockerfarbenen Verblendmauerwerk. Den oberen Abschluss bilden flach geneigte Dächer mit dunkler Metalldeckung. Neben der Kubatur sind insbesondere die unterschiedlich großen Rundbogenfenster der Längsseiten ein außergewöhnliches Detail in der britischen (Architektur-)Landschaft.

Enge und Weite

Durch eine schmale, unscheinbare Tür an der kurzen Nordwestseite gelangt man in einen eher beengten und tageslichtarmen Eingangsbereich. Daran schließt einen umso stärkeren Kontrast bildend der große Hauptraum mit einer Höhe von 4,5 Metern an, der ungefähr zwei Drittel der Fläche im Parterre einnimmt und in dessen Zentrum sich eine übergroße Kücheninsel befindet. Ein kleiner Frühstückstisch und eine große Tafel für das Abendessen sind ebenfalls in dem Raum untergerbacht. Mehrere kleine, eingestellte Betonquader beherbergen Garderobe, WC, Speisekammer sowie Arbeitszimmer und tragen zur Zonierung des Raumes bei. Da die Fensteröffnungen innenraumseitig ein rechteckiges Format aufweisen, sieht man die gemauerten Rundbögen der Gebäudehülle von innen.

Im Kontrast zu den roh anmutenden, betonsichtigen Wänden und Decken wurden als Bodenbelag weiß geölte Kieferndielen gewählt. Südlich schließt das lichtdurchflutete Wohnzimmer an, in dem ein Teppichboden aus Naturfasern verlegt wurde. Mit raumhohen Verglasungen öffnet sich das Gebäude an dieser Stelle mit Blick auf die idyllische Landschaft. An der Nordseite gibt es einen großen Spielbereich. Zwischen Parterre und erstem Stock befindet sich ein Mezzanin, das oberhalb von Garderobe und Arbeitszimmer zwei En-Suite-Bäder beherbergt, in die man nur aus den direkt darüber liegenden Schlafzimmern gelangt. Insgesamt stehen im ersten Obergeschoss fünf Schlafzimmer und ein weiteres Bad zur Verfügung. Im zweite Stock sind das großzügige Hauptschlafzimmer mit En-Suite-Bad und begehbarem Kleiderschrank untergebracht.

Das Gebäudeinnere ist von Palladios Plänen für die Villa Barbaro inspiriert. Der konisch zulaufende Grundriss erzeugt eine verfälschte Perspektive, die laut des Hausherrn ein Gefühl der Reise durch die Räume einleiten soll, deren Ende im Erdgeschoss das im Süden liegende Wohnzimmer bildet.

Zweifarbiges Verblendmauerwerk und tragende Rundbögen

Rund um die großzügigen Rundbogenfenster sowie auch um die rechteckigen Fenster an den Gebäudestirnseiten ist das rötlich-ockerfarbene Mauerwerk unregelmäßig mit schwarzen Ziegeln „durchsetzt“, wodurch die massive Fassade Leichtigkeit und Dynamik gewinnt.

Die zweischaligen Außenwände bestehen aus innenliegenden 175 mm starken Stahlbetonwänden und fassadenseitig aus Verblendmauerwerk, das im mittigen Läuferverband ausgeführt wurde. Eine Ausnahme bilden die 430 mm starken Rundbögen: Diese wurden vollständig gemauert und sind tragend. Für das Verblendmauerwerk wurden Wasserstrichziegel mit den Maßen 215 x 102 x 65 mm sowie anthrazitfarbene Handformziegel verwendet, die mit Kalkmörtel verfugt wurden. Die dem Herstellungsverfahren geschuldete, gewollt rustikale und etwas unregelmäßige Oberfläche der Backsteine lässt die Fassade äußerst lebendig erscheinen.

Die Opulenz des Gebäudes, die in der ungewöhnlichen Formensprache zum Ausdruck kommt, zeigt sich auch in der Konstruktion, die nicht gerade materialsparend ist. Im Verhältnis zur Größe des Innenraums, sind die Außenwände recht massiv. Leider macht der Einsatz von Beton die vergleichsweise positive CO2-Bilanz des Backsteins zunichte. -lw

Bautafel

Architektur: Adam Richards Architects, London / Sussex
Projektbeteiligte: Structure Workshop, London (Tragwerksplanung); P3r, London (Ingenieure); MPA, London (Qualitätssicherung); Ibstock Brick, Birtley (Hersteller Ziegelsteine, Modell Birtley Olde English Buff)
Bauherr/in: Adam and Jessica Richards, London / Sussex 
Fertigstellung: 2019
Standort: Monument Hill, Upperton, West Sussex GU28 9BA, Großbritanien
Bildnachweis: Brotherthon Lock, London 



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