Wohnhaus in Flims

Stampflehm, Fichtenholz und Zellulosedämmung

Rund 20 km westlich von Chur liegt im Kanton Graubünden der beschauliche Ferienort Flims. Er ist geprägt durch die Bergkulisse der Schweizer Alpen. Und ganz in der Nähe befinden sich die 400 m tiefe und rund 13 km lange Rheinschlucht sowie zahlreiche Seen. Im historischen Kern des kleinen Ortes ist ein neues Wohnhaus für eine junge Familie entstanden. Viel Platz für Gäste sollte das Gebäude bieten, das nach den Plänen des Züricher Büros Fehlmann Brunner Architekten realisiert wurde. Die Verwendung von natürlichen, schadstofffreien Baumaterialien, die das Raumklima positiv beeinflussen, stand dabei im Vordergrund.

Die Fassade aus Fichtenholz ist von vielen kleinen Öffnungen durchbrochen, hinter denen sich die Garage verbirgt
Im Hauptwohnraum der Familie wird eine Lehmkaseinspachtelung als Bodenbelag verwendet
Das zentrale Treppenhaus erstreckt sich innerhalb einer Haus-in-Haus-Konstruktion aus Stampflehm über alle drei Geschosse

Die Kubatur des dreigeschossigen Wohnhauses entspricht mit seinem Satteldach und mehreren Vor- und Rücksprüngen der des Vorgängerhauses. Auf diese Weise passt sich das Gebäude in die umgebende Dorfstruktur ein. Auf einem Hanggrundstück errichtet, wird es von der Straße im Norden auf Erdgeschossebene erschlossen. Auf dieser Seite erscheint das Haus als zweigeschossiger Holzbaukörper, der auf der Südseite allerdings sichtbar auf einem massiven Sockelgeschoss aus Sichtbeton ruht. Für die Fassade kamen massive, gebürstete Fichtenholzbretter zum Einsatz, die auf der Straßenseite von vielen kleinen rautenförmigen Aussparungen durchbrochen sind. Die Öffnungen sorgen für die natürliche Belüftung der dahinter liegenden Garage.

Der offene Hauptwohnraum der Familie, bestehend aus Küche, Essplatz und Wohnzimmer, befindet sich im Untergeschoss und ist mit dem Südgarten direkt verbunden. Die Küchenschränke und die Arbeitsplatte sind aus unbehandeltem Fichtenholz gefertigt. Als Bodenbelag kam eine natürliche Lehmkaseinspachtelung zum Einsatz. Das Erdgeschoss beherbergt ein Büro, drei Schlafräume und zwei Bäder. Der Boden im Büro ist mit den massiven Holzbohlen des ehemaligen Hauses und im Bad mit handlasierten, gebrannten Tonplatten ausgestattet. Sämtliche Wände wurden mit 30 mm starkem Lehmputz versehen. Im Obergeschoss befinden sich weitere Schlaf- und Wohnräume, die von Gästen als Ferienwohnung genutzt werden können.

Das Herz des Gebäudes bildet ein zentrales Treppenhaus, das innerhalb einer Haus-in-Haus-Konstruktion über drei Etagen als offener Luftraum gestaltet ist. Öffnungen in den haushohen Wänden bringen Tageslicht ins Gebäudeinnere und schaffen Sichtbezüge zwischen den Etagen. Die 45 cm starken Wände sind aus regionalem Stampflehm gefertigt, der auch für die halbhohen 20 cm starken Brüstungen der versetzten Treppenläufe verwendet wurde. Der erdfeuchte Lehm wurde in druckfeste Schalungen geschüttet und mittels hydraulischen Stampfgeräten in 10 bis 15 cm hohe Schichten verdichtet. Die Treppenhauswände zeigen das gestreifte Muster, das durch die Herstellung entsteht. Ein Grund für den Einsatz des Stampflehms war neben dem gestalterischen der gesundheitliche Aspekt. Lehm ist ein natürlicher Baustoff, der Feuchtigkeit auf- und wieder abgeben kann, was sich positiv auf das Raumklima auswirkt.
 
Fassade und Daches sind mit Zellulose gedämmt. Die aus Altpapier gewonnenen Fasern wurden in einem umweltfreundlichen Verfahren hergestellt und sind frei von Schadstoffen. Zugegebene Borsalze sorgen für einen verbesserten Brandschutz sowie den Schutz vor Schimmel und Ungeziefer. Der Dämmstoff wurde in die dafür vorgesehenen Hohlräume eingeblasen, sodass ein Verschnitt des Materials gänzlich entfiel und selbst enge Spalten und Ritzen gefüllt sind. Undichte Stellen zu Anschlüssen an Holz oder Mauerwerk lassen sich dadurch vermeiden.

Das Schwindverhalten des Holzes wird durch die Elastizität der Zellulosefasern ausgeglichen, dadurch entsteht eine gute und dauerhafte Wärmedämmung. Die Zellulosedämmung kann Feuchtigkeit speichern und wieder abgeben, ohne dabei an Dämmwert zu verlieren. Wie der Lehm fördert sie dadurch ein wohngesundes Raumklima. Dazu trägt auch die Beheizung des Gebäudes über Fußboden- und Wandheizungen bei. Die Dacheindeckung besteht, wie in Flims traditionell üblich, aus Kupferblech. Die Fensterleibungen wurden aus unbehandeltem Lärchenholz gefertigt.

Bautafel

Architekten: Fehlmann Brunner Architekten, Zürich
Projektbeteiligte: PAG Holzbauplanung, Rothenthurm (Statik Holzbau); Liesch Ingenieure, Chur (Statik Massivbau); Jäger Holzbau, Vättis (Zimmermannsarbeiten); Richard Schmid, Ilanz (Baumeisterarbeiten); Lehm Ton Erde, Schlins (Stampflehmarbeiten); Gerold Ulrich, Sattein (Lehmverputz und Lehmkaseinböden)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2011
Standort: Flims
Bildnachweis: Yves Reichenbach & Reto Wasser, Zürich

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