Wohnen am Kleinen Wannsee in Berlin

Hinterlüftete Fassade aus grünem Schiefer

Ganz im Südwesten der deutschen Hauptstadt bildet der Kleine Wannsee den Auftakt einer länglich gewundenen Seenkette, die sich bis zur Havel bei Potsdam fortsetzt. Der Ortsteil Wannsee gehört zum Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf, die Grenze zu Brandenburg ist nah. Entlang der ausschließlich privat zugänglichen Ufer am Kleinen Wannsee stehen Wohnhäuser und Villen in lockerer Reihung. Im Zuge der Sanierung einer Villa am Nordufer ergänzten Roswag Architekten aus Berlin einen dreigeschossigen Neubau mit sechs Wohneinheiten. Der flache, polygonale Baukörper nimmt mit seinen Fluchten Bezug auf den Bestand und die Vorgaben der Bauleitplanung. Die Wohnungen mit Grundflächen zwischen 90 und 140 Quadratmetern sind barrierefrei zu erschließen und verfügen über einen Zugang zum See.

Bandartig konzipierte Balkone erweitern die Wohnräume in den Obergeschossen und eröffnen Ausblick zum See (Ansicht Südost)
Das Wohnhaus ist allseitig von einer Rechteckdeckung mit grünlichem Schiefer umhüllt
Die Wohnräume öffnen sich mit großen Verglasungen zum See

Das Gebäude wendet sich mit seiner breiten Eingangsfront zur nördlichen Königsstraße; erschlossen wird es über eine westliche Zufahrt von der Straße Am Kleinen Wannsee, die namensgebend ist. Der Grundriss hat eine langgestreckte, sechseckige Form, sodass die Fassaden an den Längsseiten geknickt verlaufen. Der Hauseingang mit Treppe und Aufzug liegt mittig an der Nordseite und führt zu einem zentralen Flur, von dem beidseitig die Wohnungen erschlossen werden. Diese verfügen über kompakte Küchen und Bäder nach Norden hin, während die Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräume nach Süden, Osten oder Westen ausgerichtet sind. Die Dielenwände verlaufen parallel zur abgewinkelten Fassade und bilden keilförmige Erschließungszonen.

Analog zur inneren Organisation des Gebäudes ist die Nordseite mit wenigen, kleinen Fensteröffnungen versehen, die Räume an der südlichen Seeseite hingegen mit großen Fenstern und Glastüren. Im Erdgeschoss sind Terrassen vorgelagert, die oberen Etagen verfügen über bandartig konzipierte Balkone, die entsprechend der Gebäudegeometrie und der gewünschten Aussicht mal breiter und dann wieder schmaler ausgebildet sind.

Das Wohnhaus ist mit einer Tiefgarage mit 12 Stellplätzen unterkellert. Mit Ausnahme der Tiefgarage und des Aufzugsschachtes, die aus Stahlbeton errichtet sind (anstelle einer Bodenplatte wurde gepflastert), entstand das Gebäude innerhalb weniger Wochen in vorgefertigter Holzbauweise. Holzrahmenbauelemente mit Zellulosedämmung (24 cm) bilden die Außenwände, die Decken bestehen aus massivem Brettsperrholz und kragen als Balkonbänder bis zu drei Meter weit aus. Sie erfüllen auch ohne Bekleidung hohe Schallschutzanforderungen, wurden jedoch nur im Treppenhaus und oberhalb der Balkone sichtbar belassen. Auch die Treppenläufe und Zwischenpodeste bestehen aus (unterseitig) unbekleidetem Brettsperrholz. Schlanke Unterzüge aus Furnierschichtholz sind in die Trennwände integriert und ermöglichen offene Grundrisse. Die diffusionsoffene, schadstofffreie Bauweise, sorptionsfähige Raumoberflächen und eine freie Fensterlüftung (zweimal täglich Stoßlüften) sorgen für eine natürliche Regulierung des Raumklimas. So konnte trotz der hochgedämmten, luftdicht ausgeführten Gebäudehülle auf eine kontrollierte Wohnraumlüftung verzichtet werden. Eine extensive Begrünung auf dem Dach verbessert den sommerlichen Wärmeschutz, eine dachintegrierte Solarthermieanlage (14 m²) unterstützt die Warmwasserbereitung und Wärmeversorgung.

Schiefer
Das Wohnhaus ist allseitig von einer schuppenartigen, hinterlüfteten Fassade aus Schiefer umhüllt. Die lebendige Textur der grünlichen Schieferplatten betont die ungewöhnlichen Konturen des Baukörpers. Im Format 40 x 20 cm sind die Natursteine als gezogene Rechteckdeckung verlegt, genagelt und zusätzlich geklammert. Als Unterkonstruktion dient eine einfache Holzlattung mit Konterlattung; eine Holzverblockung zwischen erstem und zweitem Obergeschoss bildet eine horizontale Brandsperre. Neben dem gewünschten ästhetischen Erscheinungsbild fiel die Entscheidung für Schiefer als Fassadenbekleidung, weil das natürliche Baumaterial auch langfristig der Witterung standhält. (us)

Bautafel

Architekten: Roswag Architekten (in Kooperation mit Susan Draeger), Berlin
Projektbeteiligte: Jan Schreiber (Mitarbeit Architekturbüro: Projektleitung, Planung, Bauüberwachung); Kathrin Dietsche und Niklas Heinen (Mitarbeiter Planung); 2B Planungsgesellschaft, Berlin (Genehmigungsstatik, Ausführungsstatik Betonbau); Ziegert Seiler Ingenieure, Berlin (Ausführungsstatik Holzbau); HDH-Ingenieure, Waren (TGA-Planung); freianlage.de Landschaftsarchitektur (Landschaftsplanung)
Bauherr: Baugemeinschaft 
Fertigstellung: 2015
Standort: Am Kleinen Wannsee, 14109 Berlin
Bildnachweis: Roswag Architekten, Berlin

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