Wohn- und Studioensemble Foundry Mews in London

Zweischalige Außenwände mit plastischen Zierverbänden

Wie in allen europäischen Ballungsräumen sind auch in London Wohnungen gefragt wie nie. Zum Jahreswechsel 2015 überstieg die Zahl an vermieteten Wohnungen erstmals die des selbst genutzten Eigentums. Mit der Nachverdichtung von Blockinnenlagen versucht man, der hohen Nachfrage zu begegnen. Auf einem solchen Grundstück realisierte das Architekturbüro Project Orange für einen Immobilienentwickler ein Hausensemble mit acht Mietwohnungen und neun als Studios bezeichneten Gewerberäumen.

Alle Gewerbeeinheiten sind zum Innenhof ausgerichtet, die Außentreppen führen zu den Wohnungseingängen
Unterschiedliche Zierverbände lockern die Fassade auf
Die Auflösung des Baukörpers mit einzelnen Giebeln war Planungsauflage

Das lang gestreckte 800 Quadratmeter große Grundstück liegt zurückversetzt in der Blocktiefe der High Street, der Hauptstraße des Stadtteils Barnes im Südwesten der englischen Hauptstadt. Vor der Neubebauung war das Areal gewerblich genutzt worden und beherbergte zuletzt eine Autoreparaturwerkstatt. An eine noch früher hier befindliche Messinggießerei erinnert heute der Name des Projekts: Foundry Mews.

Die Architekten entwarfen das dreigeschossige Wohn- und Studioensemble entlang eines lang gezogenen Innenhofs, der nur für Fußgänger zugänglich ist. Ein schmaler Weg mit einigen Stufen führt von der Straße in diesen Hof, von dem aus die Gebäude zentral erschlossen werden. Als bautypologisches Vorbild orientierten sich die Planer an den Mews, den Hinterhäusern, in denen auf engem Raum gewohnt und gearbeitet wurde. Im Sockelgeschoss befinden sich die neun Studios. Ihre Größen variieren zwischen 37 und 93 Quadratmeter. Alle sind mit einem WC und einer Küchenzeile ausgestattet; ihre raumhohen Fensterelemente öffnen sich zum Innenhof.

In den zwei darüberliegenden Geschossen befinden sich die Mietwohnungen. Gemäß einer Auflage aus dem Bauantrag ist die oberste Etage in einzelne Giebel unterteilt. Zwei außen liegende Treppen führen zwischen den Baukörpern zu den Eingängen. Die Wohnungsgrößen variieren von 57 bis 85 Quadratmeter. Alle haben eine zum Wohnraum offene Küchenzeile und einen separaten Schlafraum. Zwei Wohnungen besitzen ein weiteres Schlafzimmer, sechs erstrecken sich jeweils über zwei Geschosse und verfügen über eine kleine Terrasse. Die Ausstattung ist hochwertig: Die Böden sind aus Holz, die Küchen und Bäder aus Marmor.

Das Gebäudeensemble wird über eine zentrale Gasheizung beheizt. Für einen niedrigen Jahresheizwärmebedarf sind die Lüftungsanlagen mit einer Wärmerückgewinnung ausgestattet. Auf dem Dach wurde eine Photovoltaikanlage installiert.

Mauerwerk
In Anlehnung an die typischen Baumaterialien im Stadtteil wählten die Architekten für das Wohn- und Studioensemble Sichtmauerwerkfassaden und eine Schiefereindeckung für die Satteldächer. Die Tragstruktur der großen Gewerberäume im Erdgeschoss besteht aus Stützen in Ortbeton. Aufgrund der Blockinnenlage und der engen Wege mussten alle Baustoffe zu Fuß von der High Street auf die Baustelle angeliefert werden.

Die Außenwände sind als zweischalige Konstruktionen mit Wärmedämmung und Luftschicht ausgeführt. Die 32,5 cm starken Außenwände sind innen mit zwei Lagen aus 12,5 mm dicken Gipskartonplatten beplankt. Das 10 cm starke, tragende Hintermauerwerk wurde aus großformatigen Beton-Planblöcken mit den Maßen 44 x 10 x 21,5 cm erstellt. Darauf wurde eine 5 cm dicke Wärmedämmschicht aus schwer entflammbaren Resol-Hartschaumplatten mit beidseitiger Kaschierung aus perforierter diffusionsoffener Aluminiumverbundfolie verlegt. Eine 5 cm Luftschicht gewährleistet als Hinterlüftung, dass eventuell auftretendes Kondenswasser durch den zirkulierenden Luftstrom trocknen kann. Die Vormauerschale wurde im Läuferverband mit bündigen Mörtelfugen gemauert. Für das Sichtmauerwerk wählten die Architekten einen graugelben Verblender im Format 215 x 102,5 x 65 mm mit einer Druckfestigkeit von 16 N/mm².

Im ersten Obergeschoss lockert ein plastisches rechteckiges Relief im Mauerwerksverband das Fassadenbild auf. Abweichend vom Läuferband besteht in der Vormauerschale jede zweite Schicht aus halben Bindern, wobei jeder zweite Binder um 3,25 cm auskragt. Die Terrassen der Wohnungen sind zur Wahrung der Privatsphäre mit einer perforierten Wandscheibe als Sichtschutz eingefasst. Die selbsttragenden 21,5 cm starken Wände sind im Blockverband erstellt, bei dem in der Binderschicht jeder zweite Binder fehlt, sodass ein regelmäßiges Lochmuster entsteht.

Passend zum Erscheinungsbild der Gesamtanlage wählten die Architekten die Pflastersteine für den Hof und die zwei Außentreppen in einem ähnlichen Farbton wie das Fassadenmauerwerk und vom selben Hersteller. Sie haben die Maße 200 x 64 x 85 mm.

Bautafel

Architekten: Project Orange, London
Projektbeteiligte: Barnard & Associates, London (Tragwerksplanung); PHWarr, London (Projektmanagement/Kostenplanung); Kenzo Construction/Oliver Connell & Sons, London (Mauerwerk); Charter Construction, London (Bauunternehmen); Lignacite, London (Beton-Planblöcke); Wienerberger, Wien (Verblender)
Bauherr: Marston Properties
Fertigstellung: 2016
Standort:
58 Barnes High Street, Richmond, London SW13 9FL
Bildnachweis: Jack Hobhouse, London; Project Orange, London

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