Wohn- und Ateliergebäude in Biel

Rostiger Lückenfüller

Sie sind sprichwörtlich und sie sind begehrt: die Schweizer Uhren. Als Weltmetropole der Zeitmesserproduktion gilt Biel (frz. Bienne) im Kanton Bern. Swatch, Rolex und mehrere andere Marken haben hier ihren Sitz. Seit dem 19. Jahrhundert konnte sich die Stadt zum wichtigsten Zentrum der Schweizer Uhrenindustrie entwickeln. Davon zeugen heute noch zahlreiche kleine Atelierbauten, wie zum Beispiel im Quartier an der Pianostraße, benannt nach dem ehemaligen Fabrikareal des Klavierherstellers Burger & Jacobi. Im Umfeld der Pianofabrik hatten sich im frühen 20. Jahrhundert kleine Ateliers und Wohnateliers angesiedelt, in denen Ziffernblätter für die Uhrenindustrie hergestellt wurden. Für eine schmale Baulücke zwischen zwei dieser Atelierbauten haben 0815 Architekten den Neubau eines viergeschossigen Atelierturms mit leuchtender Fassade aus Cortenstahl errichtet. 

Der Holzelementbau ist mit Cortenstahl-Wellblech verkleidet.
Die Bauherren wünschten einen skulptural und roh wirkenden Bau.
Die Architekten orientierten sich am Bild eines Industriesilos.

Skulpturaler Nutzbau 

Ursprünglich stand auf dem nur 76 Quadratmeter großen Baugrundstück eine Doppelgarage. Diese sollte auf Wunsch der Bauherrschaft durch einen dritten Atelierbau ersetzt werden. Die Bauordnung erlaubte, dass das neue Bildhaueratelier mit Büro für ein Künstlerpaar die beiden zweigeschossigen Nachbarbauten deutlich überragt. Gewünscht war ein skulpturaler Baukörper mit roher Anmutung. Die Architekten ließen sich bei ihrem Entwurf von einem Industriesilo inspirieren und realisierten einen Holzelementbau, dessen Wandflächen innen holzsichtig belassen und außen mit Cortenstahl-Wellblech verkleidet wurden.

Im Turmbau sind vier Ateliers übereinander angeordnet und darüber eine gemeinsam nutzbare Dachterrasse. Das Atelier im Erdgeschoss ist schmaler als die Übrigen, weil hier Raum für einen Durchgang zur rückwärtigen Treppenanlage bleiben musste. Es hat dafür eine größere Raumhöhe samt Galerieebene und ist mit einer Kranschiene und Hartbetonboden für die Bildhauerarbeiten ausgestattet. Die drei darüberliegenden Ateliers sind zu Wohnateliers erweiterbar. Auf der Ebene der Dachterrasse befinden sich ein zusätzliches Bad und eine Außenküche. Erschlossen werden die gestapelten Räume an der Südseite über zweiläufige Außentreppen aus Metallgitterrosten. Die Geschosspodeste sind so großzügig dimensioniert, dass sie auch als Balkone vor den Eingängen genutzt werden können.

Fassade: Wellbleche aus Cortenstahl
Cortenstahl ist ein lebendiges Material und darum als Fassadenbekleidung gut geeignet. Seine Witterungsbeständigkeit wird durch die Bildung einer Deckschicht erzeugt, die sich kontinuierlich weiter entwickelt. Die Haltbarkeit des Cortenstahls ist vom örtlichen Klima, der Ausrichtung der Bauteile zur Wetterseite sowie von der Schadstoffbelastung der Luft abhängig. 

Die nicht vollflächig angerosteten Wellbleche mit einer Wellenhöhe von zehn Millimetern sind stehend auf eine Horizontallattung mit darunterliegender Vertikallattung geschraubt. Darunter befinden sich die Holzbauelemente. Sie sind außen beplankt mit 13 mm starken Gipsfaserplatten, innen mit einer 27 mm starken Dreischichtholzplatte. Dazwischen befindet sich die 220 mm starke, mit Steinwolle ausgedämmte Ständerkonstruktion.

Die großen quadratischen Fenster an der Nordseite des Turms wurden individuell für den Bau als Schiebefenster entwickelt. Sie sind auf je eine schiebbare Glasscheibe reduziert. Direkt hinter dem Fassadenblech angeordnet, kann sie hinter diesem verschwinden.

Bautafel

Architekten: 0815 Architekten, Biel/Bienne
Projektbeteiligte: Ingenieurbüro Erich Hunziker, Ins (Ingenieurbau); Heinz Leuthe Büro für Bauphysik, Biel/Bienne (Bauphysik); Schaerholzbau, Altbüron (Holzkonstrukion, Montagebau); Lauper Metallbau, Plaffeien (Stahlbau, Metallbau); Kohler Seeland, Jens (Spengler); Isotech Biel-Seeland, Studen (Dacharbeiten); Ganz, Nidau (Heizung/Sanitär)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2017
Standort: Biel/Bienne, Schweiz
Bildnachweis: Dirk Weiss, Magglingen

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Materialien

Metalle

Eine der frühesten Vorhangfassaden aus Stahl und Glas ist die Fassade der Fagus-Werke in Alfeld von Walter Gropius. Die Aufnahme von 1913 zeigt das Gebäude kurz nach Fertigstellung der zweiten Bauphase noch vor Beginn des Ersten Weltkriegs.

Eine der frühesten Vorhangfassaden aus Stahl und Glas ist die Fassade der Fagus-Werke in Alfeld von Walter Gropius. Die Aufnahme von 1913 zeigt das Gebäude kurz nach Fertigstellung der zweiten Bauphase noch vor Beginn des Ersten Weltkriegs.

Materialien

Stahl, Edelstahl, Cortenstahl

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