WMS Boathouse at Clark Park in Chicago

Gefaltete Schieferdachlandschaften

Um innerstädtische Brachflächen am Ufer des Chicago River als Naherholungsgebiete nutzbar zu machen, werden in der drittgrößten US-amerikanischen Stadt bisher vernachlässigte Grundstücke nach und nach in öffentliche Freizeiteinrichtungen umgestaltet. In diesem Zusammenhang entstehen insgesamt vier Bootshäuser – zwei davon nach Plänen der Chicagoer Studio Gang Architects. Das erste davon wurde 2013 am nördlichen Abschnitt des Flusses fertiggestellt: Mit über 2.000 Quadratmetern steht das WMS Boathouse at Clark Park hauptsächlich der Ruder-Stiftung Chicago Rowing Foundation zur Verfügung. Darüber hinaus beherbergt es Räume für den Chicago Park District, eine Verwaltung öffentlicher Grünanlagen, die u.a. Freizeitaktivitäten wie Kajakfahren anbietet.

Nordansicht der Bootshalle: Hinter den Lamellen befindet sich ein separater Lagerraum für Motorboote
Gefaltete Dachlandschaft und Fassaden mit Schieferflächen an der Bootshalle
Zur North Rockwell Street hin ist die Bootshalle geschlossen ausgebildet (Ostansicht)

Die Anlage besteht aus zwei freistehenden Baukörpern: Einer 40 Meter langen und 25 Meter breiten, eingeschossigen Bootshalle und einem zweigeschossigen Trainingscenter mit einer Grundfläche von etwa 25 x 20 Metern. Die Gebäude erstrecken sich längs des North Branch Chicago Rivers an dessen Ostufer und fassen einen breiten Zugang von der North Rockwell Street zum Wasser. In der Halle lagern Ruderboote, Kajaks und wenige Motorboote zur Begleitung von Trainingsfahrten. Um den Transport der langen Ruderboote Richtung Fluss zu vereinfachen, sind an der Westseite der Halle fünf große Tore angeordnet. Die bis zu 17 Meter langen Achter lassen sich so geradewegs vom Regal zum Wasser und auch wieder zurücktragen. Erschlossen wird die Bootshalle ebenso wie das Trainingscenter im Bereich der Passage zwischen beiden Baukörpern.

Im südlich gelegenen Trainingscenter führt ein kurzer Flur zur zentralen Lobby, von der aus alle weiteren Nutzungen erreichbar sind. Außer Technikräumen befindet sich im Erdgeschoss der sogenannte „Row Tank": ein großes Wasserbecken, das von einer Brücke mit Rudersitzen in verschiedenen Varianten mittig überbaut ist. Hier lässt sich witterungsgeschützt unter idealen Bedingungen trainieren, und die Bewegungsabläufe der bis zu acht Sportler können einfacher als auf dem Fluss synchronisiert werden. Eine große Verglasung ermöglicht auch beim Training den Blick zum Fluss. Oberhalb des Trainingsbeckens befindet sich ein ebenso großer Fitnessraum. Neben Sanitärräumen bietet das Obergeschoss außerdem Platz für einen großen Gemeinschaftsraum, der allen Besuchern offen steht.

Auffallendes Merkmal der Anlage ist die gefaltete Dachlandschaft, deren Gestaltung inspiriert ist von den alternierenden Ruderbewegungen. Ähnlich wie Flügel spannen sich jeweils zwei gefaltete Dachflächen im Wechsel entlang geneigter Grate und Kehlen auf (siehe Abb. 9). Die Architektur soll den Bewegungsrhythmus der Sportler spiegeln, die wogenden Dächer zugleich auf den benachbarten Flusslauf verweisen. Zwischen den alternierenden Segmenten, die oberhalb der Bootshalle unregelmäßige Sheddächer bilden, dringt Tageslicht durch vertikale Verglasungen. Zur Straße ist die Hallenfassade vollständig geschlossen.

Funktional ergänzt wird die Anlage durch einen langgestreckten Bootssteg parallel zum Flussufer, der mit diesem an drei Stellen verbunden ist und das Rudern bei jedem Wasserstand ermöglicht. Die sehr schmalen, langen Boote werden über eine geringe Höhe zu Wasser gelassen – ansonsten ist die Kentergefahr beim Ein- und Aussteigen zu groß.

Schiefer
Die Dach- und Fassadenflächen beider Baukörper bestehen weitgehend aus einem Material: Schiefer. Die einzelnen Steine sind 30 cm breit und 46 cm lang; sowohl auf dem Dach als auch an der Fassade wurden sie als Rechteck-Doppeldeckung mit Höhen- und Seitenüberdeckung angebracht.

Der in wechselnden Grautönen changierende Naturstein namens Heathermoor stammt aus den USA. Bei der Fassade des Bootshauses wurde er vertikal und horizontal schlicht auf eine Holzvollschalung genagelt. Am aufwändigeren und besser gedämmten Trainingscenter bekleidet er nur die Nord- und Südfassade; nach Osten und Westen dienen Metallpaneele als Fassadenmaterial.

Heathermoor Schiefer aus dem nordöstlichen Bundesstaat Vermont kann innen wie außen verwendet werden. Er weist verschiedene Grautöne auf, die sich bei Regen durch die mittlere Wasseraufnahmefähigkeit des Natursteins sehr unterschiedlich verfärben; außerdem ist er reich an Textur.

Bautafel

Architekt: Studio Gang Architects, Chicago
Projektbeteiligte: Matrix Engineering Corporation, Chicago (Statik), Terry Guen Design Associaties, Chicago (Landschaftsgestaltung), Mortensen Roofing, Chicago (Zink- und Schieferfassaden); Vermont Structural Slate, Fair Haven (Schiefer)
Bauherr: Chicago Park District
Fertigstellung: 2013
Standort: 3400 North Rockwell Ave, Chicago, IL, USA
Bildnachweis: Steve Hall © Hedrich Blessing; Studio Gang Architects, Chicago

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Rechteck-Deckung an einem Geschosswohnungsbau in Kopenhagen

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Deckungsarten

Rechteck-Deckung an der Fassade

Montage einer Rechteck-Doppeldeckung aus 60 x 30 cm großen Schiefersteinen; dazu nutzten die Dachdecker das Schraubsystem Drillsklent

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Deckungsarten

Rechteck-Doppeldeckung auf dem Dach

Traditionelle Schiefereindeckung im Steildach: Kloster Paradies in Soest

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Symmetrische Deckung im Großformat an einem Schulungsgebäude in Mayen

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Werkstoff Schiefer

Schiefer als Fassadenmaterial

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