Werkhalle in Kanagawa
Weißer Stützenwald am Kanagawa Institute of Technology
In einer Vorstadt von Tokio liegt das Kanagawa Institute of Technology. Auf dessen Campus zwischen Institutsgebäuden, einer Mensa und der Bibliothek plante der japanische Architekt Junya Ishigami eine neue Werkhalle. Die Universität wünschte sich ein offenes Gebäude, in dem die Studenten arbeiten und experimentieren können und das gleichzeitig für Kinder aus der Umgebung offen sein sollte. Jeder Bereich sollte sich den individuellen Bedürfnissen der Nutzer anpassen lassen. Aufgrund der gewünschten Flexibilität ließ sich das Raumprogramm nicht durch eine strenge Einteilung umsetzen. Zudem sollten keine massiven, erdbebensicheren Wände entstehen. Nach diesen Vorgaben schuf Junya Ishigami ein Gefüge aus wie zufällig angeordneten schlanken Stützen mit engen Beziehungen und fließender Trennung zwischen den verschiedenen Bereichen.
Bei der Planung ergaben sich scheinbar einfache Fragen, die große Auswirkungen auf den Entwurf hatten: Welche Querschnittsform sollten die Stützen haben? Wo genau und wie dicht sollten sie stehen? In welche Richtung sollten die Beziehungen nach außen am wichtigsten sein? Etliche Studien und Modelle in verschiedenen Größen wurden erstellt. Auch Zeichnungen mit einer feinen Punktrasterung, die eine Abschätzung des Raumes zwischen den Stützen erlaubten, gehörten zu diesem Prozess, der in einem eigens erstellten CAD-Programm vollzogen wurde und mit Excel ausgewertet wurde. Junya Ishigami hierzu: "Even as I, the architect, am creating the space deliberately and with clear intent, I am not the one who can tell you what determined the decisions made. Is the basis structure, function, or design--?"
Nach einem über einjährigen Entwurfsprozess entstand eine 46 x 47 Meter große und 5,00 Meter hohe Halle mit 305 Stützen, von denen fast keine der anderen gleicht. Nicht nur die Querschnitte sind unterschiedlich auch ihr Winkel im Raum. Durch ihre Anordnung verschwimmen die einzelnen Bereiche und erlauben eine flexible Raumnutzung. Einige Stahlstützen aus Flachblech (16 x 45 mm) sind beigesteif mit dem Dach verbunden. Sie übertragen Querkräfte und Biegemomente, sorgen für die Aussteifung bei Wind und übernehmen die Horizontallasten im Fall eines Erdbebens. Quadratische Stützen dagegen wirken als Pendelstützen und übertragen nur Normalkräfte. Um zu vermeiden, dass die nur zur Aussteifung angeordneten Stützen auch Normalkräfte als Druckkräfte abtragen, erfolgt die Lastabtragung des Daches nur über die Pendelstützen. Beim Errichten der Halle wurde das Dach temporär ausgesteift und dann mit Stahlträgern bis zur erwarteten maximalen Vertikallast von Eigengewicht und Schneelast vorbelastet. In diesem Zustand wurden die Flachblechstützen eingebaut und dann wieder entlastet. So werden sie nur durch Zugkräfte, Querkraft und Biegemoment belastet und konnten besonders schlank ausfallen.
Glas
Die Außenhülle der Halle besteht ringsherum aus 5,00 Meter hohen
und etwa 1,50 Meter breiten Einfachverglasungen aus nur 10 mm
Floatglas. Die Scheiben sind vierseitig an den
Rändern gelagert: am Dachrand, am Boden und an zwei vertikalen
Glasschwertern aus Verbundsicherheitsglas 2 x 10 mm Floatglas.
Spiegeln sich die Kirschbäume der Umgebung auf der gläsernen Hülle
verschwimmen die Grenzen zwischen dem natürlichen Wald und dem aus
weißen Stützen im Inneren des Hauses - toll.
Das Projekt ist mehrfach ausgezeichnet worden, u.a. mit dem
Bauwelt-Preis 2009 in der Kategorie Öffentliche Bauten.
Bautafel
Architekten: Junya Ishigami, Tokio junya.ishigami+associates, Tokyo
Projektbeteiligte: Yasutaka Konishi, Tokio (Tragwerksplanung)
Fertigstellung: 2008
Standort: Kanagawa Institute of Technology, Atsuki, Tokio
Bildnachweis: Junya Ishigami
Fachwissen zum Thema
BauNetz Wissen Glas sponsored by:
Saint-Gobain Glass Deutschland