Weinkellerei Cheval Blanc in Saint-Émilion

Nachhaltigkeitszertifikat für landschaftliche Einbindung, Materialien und Behaglichkeit

Seit 1832 besteht in den Weinbergen östlich der französischen Stadt Bordeaux das Weingut Château Cheval Blanc. Die Weine des Familienunternehmens sind für ihre Qualität bekannt, die Besitzer Bernard Arnault und Baron Albert Frère stets bestrebt, diese noch zu verbessern. Daher beauftragten sie den Architekten Christian de Portzamparc mit der Planung einer neuen Weinkellerei, die auf einer Fläche von insgesamt  5250 m² Arbeits-, Lager- und Herstellungsbereiche, aber auch eine Probierstube, Verpackungsräume und Büros beherbergen sollte. Eine besondere Herausforderung bestand in der landschaftlichen Einbindung des Gebäudes, denn der Standort Saint-Émilion mit seinen Weinanbaugebieten gehört seit 1999 zum Weltkulturerbe.

Das Dach reicht teilweise bis zum Boden, hebt sich aber an anderer Stelle über das Erdgeschoss hinaus und rahmt Ausblicke zur Landschaft
Ausblick aus der überdachten Zwischenzone
Der Neubau liegt mit dem historischen Bestand auf einer Achse

Die Architekten schufen östlich des Châteaus ein zweigeschossiges, zur Hälfte in der Erde vergrabenes Gebäude, das als schwebende, elegant geschwungene Dachfläche in Erscheinung tritt. Diese reicht teilweise bis zum Boden, erhebt sich aber an anderer Stelle über das Erdgeschoss hinaus und rahmt Ausblicke in den Weinberg. Rampen und Treppen führen auf das Dach, dessen hoher Grasbewuchs und begehbare Holzflächen die Landschaft erweitern. Zu den historischen Gutsgebäuden schufen die Architekten eine enge Verbindung: Auf einer Achse mit dem alten Schloss ist die Weinkellerei über eine verglaste Rezeption mit der Orangerie verbunden. Gäste, die zum Abendessen oder einer Weinprobe empfangen werden, erblicken den Weinberg bereits, wenn sie sich dem Gebäude nähern.  

An die gläserne Rezeption grenzt ein Raum zur Weinherstellung. 52 präzise geformte, glatte Betonfässer sind dort aufgestellt, deren neun verschiedene Größen mit unterschiedlichen Anbauflächen korrespondieren. Weil die Winzer auf die Herstellung in Fässern aus Beton spezialisiert sind, erarbeiteten sie deren Design mit dem Architekten gemeinsam. Erkennbar ist eine Anlehnung an die Form von Probiergläsern – so soll die Anreicherung des Weins mit Sauerstoff optimiert werden. Eine überdachte, seitlich offene Zone verbindet Herstellung und Arbeitsbereiche. Sie dient nicht allein der Anlieferung, sondern wird auch für Proben und zur Abfüllung der Weine genutzt. Ein Raum für die Analyse der Trauben, der Weine und deren geschmackliche Abstimmung überblickt den Arbeitsbereich als Mezzanin.

Die Lagerflächen der Weinkellerei befinden sich unterirdisch und bieten Platz für bis zu 566 Holzfässer. Während das Tageslicht im Erdgeschoss ein wechselndes Licht- und Schattenspiel erzeugt, ist der Weinkeller durch gleichbleibend sanftes Kunstlicht beleuchtet. Ungewöhnlich sind die ornamentalen Umfassungswände aus rotem Stein, angelehnt an kunstvolle Gitterstrukturen aus dem arabischen Raum (franz.: Moucharabiehs). Sie ermöglichen eine natürliche Belüftung der Kellerräume und verdecken notwendige technische Installationen.

Nachhaltig Bauen
Die Architekten wollten ein Bauwerk schaffen, das die Grenzen zwischen innen und außen verwischt, den Gegensatz zwischen Landschaft und Bauwerk aufhebt. Durch die Absenkung des Gebäudes ins Erdreich werden das sichtbare Volumen und die Beeinträchtigung des Landschaftsraums minimiert. Das geschwungene Dach fügt sich ein und ist Ausdruck einer Eleganz, die mit den Weinen des Weingutes assoziert wird. Im sorgfältig gestalteten Dachgarten setzt sich der Landschaftsraum fort.

Außenwände aus Holz und Glas umfassen das Erdgeschoss, ornamentale Wände aus Stein das Untergeschoss. Die Belichtung und Belüftung erfolgen weitgehend natürlich. Wegen des sensiblen Umgangs mit dem Standort, der sorgfältigen Auswahl der Materialien, der Energieeffizienz des Gebäudes und der Behaglichkeit, die sich den Mitarbeitern des Weinguts in allen Räumen bietet, wurde die Weinkellerei mit dem französischen Nachhaltigkeitszertifikat HQE (Haute Qualité Environnementale) ausgezeichnet. -cr

Bautafel

Architekt: Agence Christian de Portzamparc, Paris
Projektbeteiligte: Méristème/Régis Guignard (Landschaftsarchitektur); Point d’Orgue (Raumakustik); Captain Spot/Jean-Bernard Favero-Longo und Aartill, Montmorency (Lichtdesign)
Bauherr: Château Cheval Blanc, Saint-Émilion
Fertigstellung: 2011
Standort: Saint-Émilion, Frankreich
Bildnachweis: AECDP © Erick Saillet und Max Botton

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