Vogelhaus im Zoo Berlin

Einschaliges, rundes Mauerwerk ohne Zusatzdämmung

Eine Behausung für ein multikulturelles Zusammenleben von 221 Bewohnern aus vier Kontinenten, dazu täglich hunderte Besucher. Das war keine einfache Bauaufgabe, vor der das Architekturbüro Lehrecke Witschurke nach gewonnenem Wettbewerb stand. Ausgelobt worden war dieser 2009 vom Berliner Zoo, der ein neues Vogelhaus bauen lassen wollte, da der Vorgängerbau aus dem Jahre 1962 zu klein geworden war.

Um das quaderförmige Kerngebäude sind kleblattartig vier geschwungenen Loops angeordnet
Große Glasdachflächen überspannen die Freiflughallen im Kerngebäude
Im Gebäudekern dominieren Glas und Sichtbeton

Vorgaben seitens des Bauherrn waren die Einteilung in vier verschiedene Zonen, entsprechend den Heimatkontinenten der Tiere, sowie drei große Freiflughallen. Die Planer entschieden sich für eine naheliegende und doch geniale Lösung: Um ein zehn Meter hohes Kerngebäude auf rechteckigem Grundriss ordneten sie die Volieren in vier geschwungenen Loops wie die Blätter eines Kleeblattes an. Auf einer Gesamtfläche von 5.000 Quadratmetern beherbergt der 2013 fertiggestellte Neubau nun Vögel aus Asien, Afrika, Australien und Südamerika.

Zwischen den einzelnen Loops befinden sich die insgesamt vier Zugänge zum Vogelhaus. Der Haupteingang, dem ein kleiner Platz vorgelagert ist, der u.a. zu gastronomischen Zwecken genutzt wird, liegt auf der Westseite mit Anschluss an den Hauptweg des Zoos. Auf drei Geschossen sind die Funktionsräume für Technik und Personal sowie eine Pflegerwohnung und ein Café untergebracht. Ein zweigeschossiges Foyer leitet die Besucherströme zu den Freiflughallen, welche die gesamte Gebäudehöhe einnehmen. Zwischen diesen führt in fünf Meter Höhe ein sogenannter Baumwipfelweg entlang, von dem aus die Besucher die Tiere aus neuen Perspektiven betrachten können. Erschlossen wird der Weg über ein zentrales Treppenhaus. Um ein Maximum an Helligkeit zu erreichen, sind die Dachflächen und Längsseiten der Freiflughallen vollständig verglast.

Wie organische Ausstülpungen schließen die vier eingeschossigen Loops an den Gebäudeecken des Kerns und teilweis darüber hinaus an. Ihre unterschiedlichen Konturen resultieren aus dem jeweiligen Flächenbedarf, der Grundstücksform, der äußeren und inneren Erschließung, dem Raumerlebnis und der Einsehbarkeit der Gehege. Um eine artgerechte Tierhaltung zu gewährleisten, können die Vögel hier jederzeit zwischen Außen- und Innenvolieren wechseln. Diese werden durch Wände aus Mauerwerk voneinander getrennt, dazwischen verläuft ein Pflegergang.

Im Jahr 2016 wurden der Besucherbereich, die Volieren und die Freiflughallen stärker begrünt und mittels Kunstfelslandschaften aufgelockert. Aus den bisherigen zwei Freiflughallen Afrika und Australien entstand eine knapp 450 Quadratmeter große Afrika-Freiflughalle. Zahlreiche Edutainment-Angebote informieren die Besucher auf unterhaltsame Art über Herkunft und Eigenschaften der zahlreichen Vogelarten.

Mauerwerk
Da Vögel alles aufpicken, was sich in ihrer Umgebung befindet, suchten die Planer für die Volieren nach einer Wandlösung ohne Zusatzdämmung, die dennoch gute Wärmedämmeigenschaften aufweist. Aus diesem Grund kam Beton nicht infrage. Die Wahl fiel auf ein einschaliges Mauerwerk aus Planziegeln mit einer Stärke von 36,5 Zentimetern und einer Wärmeleitfähigkeit von nur 0,10 W/mK. Aufgrund ihrer großen Speichermasse und ihrer kapillaren Struktur nehmen die Ziegel Wärme auf und geben sie zeitversetzt wieder ab. Temperaturspitzen können somit im Sommer wie Winter zuverlässig ausgeglichen werden.

Trotz seine Stärke hat der verwendete Ziegelstein nur eine Länge von 24,8 Zentimetern und ließ sich daher problemlos für die geschwungenen Wände der Loops einsetzen. Diese konnten damit sogar schneller und günstiger errichtet werden, als es mit Beton möglich gewesen wäre. Innen wie außen wurden die Wände hell verputzt. Die Fassaden des Kerns erhielten ein Verblendmauerwerk aus hellgrauen Klinkern.

Bautafel

Architekten: Lehrecke Witschurke, Berlin
Projektbeteiligte: Projekt-S2, Berlin (Projektsteuerung); Schimke, Kant & Partner, Berlin (Bauleitung LP 6 – 9); Saradshow Fischedick Ingenieure, Berlin (Tragswerksplanung); Ingenieurbüro Franke, Glienicke (Fassadenplanung); Ingenieurbüro Kessler, Berlin (HLS); Ingenieurbüro Zilch, Berlin (Elektrofachplanung); Pia von Zadow Landschaftsarchitekten, Potsdam (Landschaftsarchitektur); Lichtvision, Berlin (Kunst- und Tageslichtplanung); GSE Ingenieurbüro, Berlin (Brandschutz); Wienerberger, Hannover (Poroton-Ziegel T10)
Fertigstellung: 2013, Änderungen 2016
Bauherr: Zoologischer Garten Berlin
Standort: Hardenbergplatz 8, 10787 Berlin
Bildnachweis: Frank Korte und Mila Hacke für Deutsche Poroton; Zoo Berlin

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