Vinothek in Landau-Nußdorf

Ökologischer Lehmbau mit Deckenklimatisierung

Die Kleinstadt Landau kann auf eine lange Tradition als Zentrum des pfälzischen Weinhandels zurückblicken. Einige prächtige und repräsentative Bürgerhäuser finden sich hier als Zeugen dieser Historie. Noch heute ist Landau die größte Weinbaugemeinde in Rheinland-Pfalz. Im Ortsteil Nußdorf haben die Betreibenden des Weinguts Sauer die Bestandsgebäude an der Aublickstraße im Südosten, Richtung Rebgarten um ein Lager mit Vinothek erweitert. Der Bau besteht vornehmlich aus feuchteregulierendem Lehm, ebenso die Klimadecke, die zusätzlich zur Heizung und Kühlung dient.

Im Parterre werden Weinfässer gelagert, das Obergeschoss wird für Verkostungen genutzt und bietet vom weitläufigen Außenbereich einen herrlichen Blick auf die Rebgärten.
Für die Weinlagerung sind die im Erdgeschoss 60 cm dicken Stampflehmwände ideal, da sie die Luftfeuchtigkeit regulieren.
Wichtig war der Bauherrschaft von der ersten Idee an, dass sich die nachhaltige Unternehmensphilosophie der Winzerfamilie auch in der Architektur und der Auswahl der Baustoffe widerspiegelt.

Wichtig war der Bauherrschaft von der ersten Idee an, dass sich die nachhaltige Unternehmensphilosophie der Winzerfamilie auch in der Architektur und der Auswahl der Baustoffe widerspiegelt. Für die Arge Werkgemeinschaft Landau mit der Architektin Klaudia Fritz bedeutete dies, mit ökologischen Materialien zu planen. So wird die Atmosphäre im Inneren des Neubaus von den Materialien Lehm und Holz geprägt. Große Glasfronten rahmen den weiten Ausblick auf die umgebenden Weinberge. Von dem weitläufigen, auf schräggestellten, geradezu torkelnden Stützen aufliegendem Außenbereich im ersten Obergeschoss, der auch über zwei Außentreppen erreichbar ist, lässt sich dieser Blick vorzüglich genießen. Der Baukörper der Vinothek ist aus der rechtwinkligen Anordnung der anderen Gebäude herausgenommen, was seine Sonderstellung unterstreichen soll.

Bezüge zur Region und zum Unternehmen

Im Parterre des Gebäudes befindet sich ein Weinkeller für die großen Weinfässer, das obere Stockwerk beherbergt die eigentliche Vinothek mit den öffentlichen Bereichen. Die Stampflehmwände haben im Erdgeschoss eine Dicke von sechzig Zentimetern. Sie sorgen hier für ideale klimatische Verhältnisse für die Lagerung von Wein in Holzfässern, da Lehm die Schwankungen in der Luftfeuchtigkeit auf natürliche Art und Weise ausgleicht. Die gleiche Aufgabe erfüllen die Lehmwände auch im Obergeschoss, wo reger Publikumsverkehr herrscht. Hier nehmen sie die Feuchtigkeit aus der Atemluft der Menschen auf. Die horizontale Schichtung des Stampflehms erinnert darüber hinaus an die lineare Gliederung von Weinbergen.

Weitere Bezüge zur Region und zum Unternehmen sind in vielen weiteren Details vorhanden. So enthält die Materialmischung des Lehms tatsächlich Bestandteile der hauseigenen Weinberge. Die Tische sind aus regionalem Nussbaum gefertigt, was auf die Historie des Ortes verweist, denn der Ortsname Nußdorf entstand – so die Sage – durch Siedler, die sich unter den hier zahlreich vorkommenden Walnussbäumen einst niederließen. So folgen alle Materialien bewusst einer deutlich spürbaren Handwerklichkeit, als Verweis auf die mitunter mühsame Arbeit der Weinproduktion. Anklänge an das spanische Weingut der Winzerfamilie „Bodegas Palmera“ findet sich etwa in den Dekorfliesen von Sanitärbereichen und Küche, dem Olivenholz der kleinen Tische und den metallenen Verschattungselementen vor den Durchgängen zum Außenbereich.

Heizen und Kühlen mit Energie aus dem Erdreich

Auch die Decke besteht aus Lehm, genauer gesagt aus einem Lehm-Trockenbausystem, mit dem gleichzeitig geheizt und gekühlt werden kann. Dazu wurden Klimaelemente mit einer Aufbauhöhe von 3 bis 3,5 Zentimetern auf eine Unterkonstruktion montiert. Die in die Elemente bereits integrierten Rohrleitungen sind dann zu einem Gesamtsystem verbunden (maximal fünf Klimaelemente in einer Reihe) und an die Heizkreisverteiler der zentralen Heizungsanlage angeschlossen worden, was komplett im Deckenzwischenraum geschieht. Nach Komplettieren der Deckenfläche mit Ergänzungsplatten wird die geschlossene Fläche mit einem zusätzlichen Netz zur Flächenstabilisierung und schließlich mit der abschließenden Lehmschicht versehen. Die finale Oberflächenstruktur ist dann eine Frage der Gestaltung. Bei der Vinothek fiel die Entscheidung hierbei auf eine ungerichtete Struktur, die an den Boden in den Rebgärten erinnert.

Geheizt wird mit diesem System vor allem über den hohen Strahlungsanteil von über neunzig Prozent. Die Heizwärme wird mit einer Sole-Wasser-Wärmepumpe erzeugt, die ihre Wärmeenergie über Erdsonden bezieht (siehe Fachwissen zum Thema). Die Kühlung erfolgt ebenfalls darüber, wobei die Wärmepumpe dann abgeschaltet ist und nur die Free-Cooling-Funktion eingesetzt wird. Im Kühlungsmodus steigt die warme Raumluft nach oben, gibt ihre Wärmeernergie an der kalten Decke ab und fällt dann selbstständig wieder nach unten. Die Lehmdecke trägt wie die Wände dazu bei, die Luftfeuchtigkeit im Raum zu regulieren. -tg

Bautafel

Architektur: Arge Werkgemeinschaft Landau mit der Architektin Klaudia Fritz, Gleisweiler
Projektbeteiligte: Ingenieurbüro Kirstin Voland, Landau (Statik); ZRS Ingenieure, Berlin (Statik Lehmbau); SWG Schraubenwerke Gaisbach, Rülzheim (Statik Holzbau); Prof. Dr. H. J. Blaß, Karlsruhe (Prüfstatik); Ing. Büro Anefeld, Landau (Vermessung); ICP, Ingenieurgesellschaft Prof. Czurda und Partner, Kaiserslautern (Bodengutachten); Ingenieurbüro für Bauphysik Christopher Malo, Kallstadt (Bauphysik); Balck + Partner Facility Engineering, Heidelberg (Energieberater); WEM, Urmitz (Planung Deckenheizung/-kühlung)
Bauherr/in: Weingut Familie Sauer, Böchingen
Fertigstellung: 2021
Standort: Aublickstraße 1, 76829 Landau in der Pfalz
Bildnachweis: WEM, Urmitz / Behrendt&Rausch, Kottenheim; Nikolay Kazakov, Karlsruhe

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