Unterricht im Zelt

Modulbau für geflüchtete Kinder

Wie ist es zu flüchten und in einer Zeltstadt zu leben? Wo gehen hier Kinder zur Schule? Wo werden sie medizinisch versorgt? Zu diesen Fragen haben sich das Londoner Team von Zaha Hadid Architects (ZHA) und die Stiftung Education Above All (EAA) zusammengetan. 27 der von ihnen entwickelten Zelte wurden Ende 2022 an Projekte in Syrien, in der Türkei und im Jemen geliefert.

Das Projekt entstand in einem Joint-Venture mit der Stiftung Education Above All.
Hauptelement der Konstruktion sind stranggepressten Aluminium-Bögen, welche große Spannweiten und Flexibilität im Inneren ermöglicht.
Die gelenkigen Fußpunkte sind an einem Betonfundament montiert.

Die EAA wurde 2012 von Sheikha Moza bint Nasser gegründet, der zweiten Ehefrau des früheren Emirs von Katar. Ziel ist, Kindern in Krisen- und Konfliktregionen durch schulische Bildung Chancen für die Zukunft zu eröffnen. Die Stiftung geht von 70 Millionen Menschen aus – die Hälfte davon unter 18 Jahren – die in ihren eigenen Ländern als Vertriebene leben oder in anderen Ländern aufgenommen wurden. Dabei, so stellte die die EAA fest, mangelt es an geeigneter Infrastruktur für Schulunterricht, medizinische Versorgung und Wohnraum für die vertriebenen Kinder und ihre Familien gibt. 

Aus diesem Grund setzte sich die Stiftung mit dem Team von Zaha Hadid Architects zusammen, um ein temporäres Bauwerk zu entwickeln, das sichere und vielseitige Räume für Kinder bietet – um zu lernen, zu spielen und sich entwickeln zu können. Das Ergebnis ist eine wetterfeste modulare Struktur, die Tageslicht ins Innere lässt und leicht demontiert, bewegt und wieder aufgebaut werden kann.

Dachmodule mit großen Spannweiten

Als Hauptelemente fungieren stranggepresste Aluminiumbögen in zwei verschiedenen Größen. Deren Geometrie ermöglicht gegenüber anderen Zeltkonstruktionen eine größere Spannweite und Flexibilität im Inneren und schafft zudem Öffnungen für natürliches Licht und Belüftung. 

Je zwei Bögen werden an ihren Fußpunkten gelenkig mit einer Stahlplatte verbunden, die wiederum mit einem Betonfundament verschraubt ist. An der offenen Seite Lagern sie auf einem Dreiecksrahmen auf, der ähnlich im Fundament befestigt ist. Die so gebildeten Dachmodule weisen eine Grundfläche von 11 m x 4,5 m auf. Mit ihnen lässt sich der Grundriss additiv erweitern: So kann zum Beispiel ein Raum aus zwei geschlossenen Modulen um einen Außenspielbereich wachsen oder um zwei weitere Module zu einem großen Gemeindesaal verdoppelt werden. Auch nach der Installation lassen sich auf diese Weise Nutzungsänderungen räumlich umsetzen.

Schützende Membranen und Paneele

Die zwischen den Bögen gespannten Membranen erhöhen die Stabilität der gesamten Struktur. Nuten in den stranggepressten Aluminiumprofilen ermöglichen es, Gewebe direkt mit den Rahmen zu verbinden, sodass keine zusätzlichen Bolzen benötigt werden. Durch die T-Nuten können auch Paneele und Beleuchtung ohne zusätzliche Halterungen direkt an den Rahmen befestigt werden. Dies ermöglicht auch den Austausch einzelner Wandpaneele, den Einbau einer Tür oder eines lichtdurchlässigen Paneels anstelle einer isolierten Wand, was die Flexibilität der Raumnutzung noch weiter erhöht.

Sowohl für die innere als auch für die äußere Membran kommt ein PVC-Gewebe mit niedrigem Emissionsgrad und einer mehrschichtigen Isolierung zum, Einsatz. So ist sichergestellt, dass die Wärme im Winter gehalten und im Sommer reflektiert wird. Der Hohlraum zwischen den Membranen minimiert zudem die Sonneneinstrahlung. Die Wahl fiel auf PVC, da es ein sehr leichtes und kostengünstiges Material ist, das im Falle einer Beschädigung einfach vor Ort repariert werden kann. Es ist widerstandsfähig gegen Nagetiere oder Insekte und kann für andere Anwendungen wiederverwendet werden.

Einsatz als Schulen und Kliniken

Einige der Zelte wurden bereits anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer 2022 in Katar aufgestellt, im Rahmen der EAA-Kampagne Scoring 4 the Goals. Mit ihr wollte die Organisation auf dem FIFA Fan Festival dazu beitragen, das Bewusstsein der Fußballfans für die Ziele der UNO zu schärfen.

Im Dezember 2022 stellte die Stiftung 27 dieser Zelte der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zur Verfügung. Diese übergab 12 Zelte an den Roten Halbmond in Katar, der sie als Notunterkünfte für vertriebene Menschen in Syrien nutzt. Von den restlichen 15 Zelten werden zehn als Schulen und fünf als Kliniken in der Türkei und im Jemen eingesetzt. In Pakistan stehen dank der EAA bereits drei Zelte dieser Art, die vor Ort als Schulen verwendet werden.

Architektur: Zaha Hadid Architects (ZHA), London; Bauherrin: Education Above All Foundation, Doha

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Textiler Sonnenschutz am Astrup Fearnley Museum in Oslo

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