Umweltbundesamt in Dessau

Modellprojekt ökologischen Bauens

Umweltbundesamt in Dessau
Umweltbundesamt in Dessau

Auf dem Gelände des ehemaligen Gasviertels im Norden der Stadt Dessau liegt das Umweltbundesamt. Neben einem alten Fabrikgebäude zur Gasgeräteherstellung gehört auch der ehemalige Wörlitzer Bahnhof zum Bestand, dessen historischer Bau nun als Informationszentrum dient. Die Konzeption des Neubaus besteht aus einer langen viergeschossigen 'Büroschlange', die sich zu einer Schlaufe ausformt. Die Längsseiten der Schlaufe sind über Querriegel verbunden. Ausgeführt ist der Bau als Stahlbetonskelett mit Holzverkleidung.

Im Bereich des Eingangs ist das Gebäude U-förmig gestaltet. Der so gebildete Hof ist mit einem gefalteten Glasdach bedeckt und einer Glasfassade zur Straße versehen. Innerhalb des Hofes wurde ein freistehender Hörsaal und im integrierten alten Fabrikgebäude eine Bibliothek errichtet.

Die Fassaden sind horizontal in acht Fensterbänder mit farbigen und transparenten Glasflächen im Wechsel mit Verschalungen aus Lärchenholz gegliedert. Durch die Anordnung der Fenster auf der Innenseite der Dämmebene entstehen tiefe Fenstereinschnitte.

Nachhaltig Bauen
Planungsgrundlage des Bauvorhabens war ein Leitfaden zum nachhaltigen Bauen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung BMVBW. Planung und Ausführung wurde durch interdisziplinäre Arbeitsgruppen und Experten begleitet. An einem Modellelement und am Gebäude wurden eine IR-Thermografie und ein Luftdichtigkeitstest durchgeführt.

Als Baustoffe kamen vorwiegend ökologische Materialien zum Einsatz wie Holz für die Fassade, Zellulose als Dämmung und teilweise Lehm für die Innenwände. Die kompakte Formgebung mindert Energieverluste an die Umgebung, der Fensterflächenanteil auch innerhalb der Atrien ist unter Berücksichtigung solarer Gewinne, sommerlichen Wärmeschutzes und Tageslichtnutzung optimiert. Die Glasdächer sind mit Weißglas ausgeführt, die hoch wärmegedämmte Außenfassade aus vorgefertigten Holzelementen.

Zielvorgabe des Projektes war, mindestens 15% des Energieverbrauches mit erneuerbaren Energien zu decken sowie den Heizwärmeverbrauch deutlich unter 30 kWh/m²a zu bringen. Das Energiekonzept beinhaltet folgende Bausteine:

  • Photovoltaikanlage
  • Solar unterstützte Kälteanlage
  • Erdwärmetauscher
  • Deponiegasnutzung
  • Fernwärme
  • Tageslichtnutzung und Sonnenschutz
  • Tageslichtabhängige Beleuchtung
  • Lüftungskonzept
  • Nachtkühlung
Auf den geschlossenen Dachflächen sind thermische Sonnenkollektoren in einem Neigungswinkel von 30° installiert. Die ca. 100°C heiße Wärme der nach dem 'Heat-Pipe'-Prinzip funktionierenden Vakuumröhrenkollektoren wird durch eine Adsorptionskältemaschine mit 80 kW Leistung in Kälte gewandelt. Es wird mit ca. 100 Tagen gerechnet, an denen die Anlage mit solarer Volllast betrieben werden kann. Von den erforderlichen 200 kW Wärmeleistung werden 160 kW durch die Sonnenkollektoren bereitgestellt, der Rest durch die Stadtwerke bezogen. Die Kälte wird vorwiegend für die Umluftkühler in den EDV-Räumen sowie für die Tiefkühl- und Kühlzellen der Kantine verwendet, während die Büroräume nicht künstlich klimatisiert sind.

Diese sind mit speziellen zweigeteilten Jalousien ausgestattet. Im herabgelassenen Zustand verschattet der untere Teil, während der obere das Tageslicht an die Decke und in die Raumtiefe lenkt. Die Bürolampen sind mit einem Tageslichtsensor und einem Anwesenheitsmesser versehen. Die an einer Deckenleuchte angebrachte Einheit funkt ihre Daten an weitere Lampen im Raum weiter. Ein Erdwärmetauscher versorgt die Büros mit vorgewärmter oder gekühlter Frischluft, zusätzlich soll natürlich gelüftet werden. Die Wärme der Abluft wird zurückgewonnen bzw. ins Atrium geführt. EDV und Kongressbereich verfügen über RLT-Anlagen.

Die Laibungen der Außenfenster sind mit Lamellen ausgestattet. Die kühlere Außenluft soll in freier Konvektion über das wärmere Atrium abfließen. Man hofft, so eine natürliche Querlüftung durch das Gebäude zu bewirken. Um die Nachtkühlung wirksam werden zu lassen, sind einerseits die Unterdecken größtenteils nicht abgehängt und andererseits die Zwischenwände der Büros aus Lehmsteinen errichtet. Diese Maßnahmen erzeugen eine Baumasse, die zu einem ausgeglichenen Innenraumklima beiträgt.

Bautafel

Architekten: Sauerbruch Hutton Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: Bovis Lend Lease IRW AG, München (Projektsteuerung); Zibell, Willner und Partner, Berlin-Dresden-Leipzig (Energieplanung und Simulation für Heizung, Raumluft und Tageslicht); Krebs & Kiefer, Berlin (Tragwerksplanung)
Bauherr: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnwesen, Berlin
Fertigstellung: Mai 2005
Standort: Dessau
Bildnachweis: Annette Kisling Fotografien, Berlin (1,3), Benedikt Hotze, Berlin (2)

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