Umbau: Rehouse in Loiu

Dialog der Geschosse

Seit den 1970er-Jahren bewohnte eine Familie in Loiu, einem Ort im Hinterland von Bilbao, nur den oberen Teil ihres Eigenheims. Das Erdgeschoss blieb den Fahrzeugen als Garage vorbehalten. Das Heranwachsen der Kinder, sicherlich aber auch eine veränderte Wertschätzung des Automobils, bewegte die Familie dazu, die Nutzung der Innenräume zu überdenken. Mit dem Umbau beauftragt wurden AZAB Architects aus der nahegelegenen Stadt Castro Urdiales. Das junge Büro wandelte nicht nur die Garage in Wohnraum um, sondern entwickelte auch ein neues, lichtdurchflutetes Raumgefüge im Obergeschoss – seither umgeben von einer Fassade mit subtilem Rautenmuster und darin vertieften Klappläden.

Sind alle Klappläden geschlossen, schwebt das Obergeschoss monolithartig über dem transparenten Erdgeschoss
Auch die Eingangstür wirkt als sei sie in die Putzfläche eingeschnitten.
Vor dem Umbau wurde das Erdgeschoss ausschließlich als Garage genutzt.

Unten offen, oben introvertiert

Heute befinden sich zwei Wohneinheiten im Haus: oben 110 Quadratmeter für das Elternpaar, unten 101 Quadratmeter für die alleinstehende Tochter. Von außen fällt der unterschiedliche Charakter der beiden Wohnungen ins Auge. Nahezu vollflächig verglast ist die Gebäudehülle im Erdgeschoss. Das Obergeschoss wirkt mit wenigen Fensteröffnungen fast introvertiert. Betritt man das Gebäude, ist der Unterschied zwischen den beiden Ebenen subtiler: Dafür sorgen durchgängig verwendete Materialien im Erdgeschoss. Zwei Oberlichter im offenen Dachstuhl eröffnen eine andere Welt. Sie belichten die obere Wohnung – anders als von außen erwartet – ähnlich stark wie die bodentiefen Fenster die untere.

  

Differenziert ist auch der Umgang mit den achsensymmetrisch organisierten Grundrissen der beiden Ebenen. Die Nassräume des Erdgeschosses sind in einem mittig die Gebäudetiefe durchlaufenden Kern angeordnet, an den nördlich und südlich die Wohnräume anschließen. Im Obergeschoss löst sich dieser Kern in eine verglaste Holzkonstruktion auf. Hier legt sich eine Abfolge von gleichgroßen Wohnräumen wie ein Ring um Treppenhaus und Küche. Die Badezimmer sind an den Rand gerückt.

Die Gestaltung der Innenräume ist reduziert, dafür farbenfroh. Die Böden sind mit hellblauem Linoleum belegt, in den Küchen dominiert die Farbe Rot – unten bei den Fliesen, oben bei den Schrankfronten. Weitere Akzente setzen die Vorhänge in Dunkelrot und Rosa, die erhaltene Holztreppe und roh belassene Betonstützen. Besonders ist der Einsatz der transluzenten Wandfüllungen und Innenfenster im Obergeschoss. Sie trennen die Wohnräume vom Versorgungskern und sorgen für eine gleichmäßige Lichtverteilung.

Sonnenschutz: fassadenbündige Klappläden und Vorhänge in zwei Transparenzstufen

Überholt wurde im Zuge des Umbaus auch die Gebäudehülle: Das zweischalige Mauerwerk des Obergeschosses erhielt außen eine neue Dämmschicht mit rautenverzierter Putzoberfläche, die bis in die Stahlrahmen der bodentiefen Klappläden an den Außenfenstern weitergeführt wird. Der Effekt ist eine plane Fassadenebene, sodass bei geschlossenen Läden der obere Gebäudeteil monolithartig über dem transparenten Erdgeschoss zu schweben scheint. Die Fensteröffnungen zeichnen sich lediglich durch die schmalen Stege der Klappläden ab und wirken daher wie ausgeschnitten.

Je nach Öffnungswinkel der Fensterläden kann das Elternpaar zwischen Offenheit und absoluter Abschottung nach außen wählen, denn die Läden sind lichtundurchlässig. Das kann insbesondere im heißen spanischen Sommer ein probates Mittel sein, um die thermische Behaglichkeit im Innenraum zu erhalten. Trotzdem müssen die Bewohnenden auch bei geschlossenen Läden nicht auf Tageslicht verzichten, dank der kristallin geformten Oberlichter an den Giebeln des Fußwalmdachs. Zusätzlich reflektieren Spiegel an den Absturzsicherungen des Treppenhauses das Licht bis in das Erdgeschoss.

Hier wird die Lichtzufuhr von außen und der gewünschte Grad an Privatsphäre durch den Einsatz von Vorhängen geregelt. Alle Fenster können entweder mit lichtdurchlässigen Vorhängen in zartem Rosa oder blickdichten in Dunkelrot verschattet bzw. verdunkelt werden. Die Vorhangschienen verlaufen über Eck und teilweise bis vor die Innenwände, sodass die Stoffbahnen vielfältig positioniert werden können. Auf diese Weise lassen sich die unterschiedlichsten Raumeindrücke herstellen. -sr

Bautafel

Architektur: AZAB Architects, Castro Urdiales
Projektbeteiligte: Cristina Acha, Miguel Zaballa, Ane Arce, Iñigo Berasategui
(Team AZAB Architects, heute Acha_Zaballa arquitects + Bear)
Bauherr: Familie Llona-Aurrekoetxea
Fertigstellung: 2020
Standort: Loiu, Baskenland
Bildnachweis: Luis Díaz Díaz

Fachwissen zum Thema

Auskragende Balkone als Schattenspender an einem Berliner Mehrfamilienhaus.

Auskragende Balkone als Schattenspender an einem Berliner Mehrfamilienhaus.

Materialien

Beton und Mauerwerk

Glaslamellen und Aluminiumraffstore verschatten die großen Glasflächen des Marie-Elisabeth-Lüders-Haus in Berlin. Architektur: Stephan Braunfels

Glaslamellen und Aluminiumraffstore verschatten die großen Glasflächen des Marie-Elisabeth-Lüders-Haus in Berlin. Architektur: Stephan Braunfels

Materialien

Glas und Metall

Klassischer Sonnenschutz: Klappläden sind einfach in der Bedienung und ein beliebtes Mittel der Fassadengestaltung.

Klassischer Sonnenschutz: Klappläden sind einfach in der Bedienung und ein beliebtes Mittel der Fassadengestaltung.

Fensterläden

Klappläden

Weit verbreitet sind Klappläden, die sich um eine senkrechte Drehachse schwenken lassen.

Weit verbreitet sind Klappläden, die sich um eine senkrechte Drehachse schwenken lassen.

Fensterläden

Klappläden – Anschlag-/Öffnungsarten

Kontakt Redaktion Baunetz Wissen: wissen@baunetz.de
Baunetz Wissen Sonnenschutz sponsored by:
MHZ Hachtel GmbH & Co. KG
Kontakt: 0711 / 9751-0 | info@mhz.de