Umbau eines ehemaligen Schweinestalls in Karlsruhe

Brandschutzanstrich für historische Rippendecke aus Stahl

Der Betrieb auf dem Gelände des Alten Schlachthofes im Osten von Karlsruhe war 2006 nach über hundert Jahren eingestellt worden. Mit seinen 18 noch erhaltenen Gebäuden wies das historische Areal jedoch sowohl stadträumliche als auch architektonische Qualitäten auf, so dass ein städtebaulicher Masterplan frühzeitig den Erhalt möglichst aller Bestandsbauten vorsah. Zu beiden Seiten einer zentralen Nord-Süd-Achse – der Schlachthausstraße – sind zwei Stallgebäude platziert, die 1887 von Stadtbaumeister Wilhelm Strieder errichtet wurden. Deren Umbau und Sanierung zu Büroräumen erfolgte nach Plänen von Matthias Tebbert vom Karlsruher Büro für Gestaltung zwo/elf, eines davon wurde 2012 fertiggestellt.

Über den Mittelbau werden die neuen Büroräume erschlossen
Ansicht von Südwesten: Die ehemaligen Stalltore führen direkt ins Freie und fungieren im Brandfall als zweiter Fluchtweg
Ehemaliges Stalltor

Es handelt sich um einen ehemaligen Schweinestall mit zwei Stallräumen, die über einen Mittelbaukörper erschlossen werden. Um die Großraumstruktur zu erhalten, wurden die notwendigen Nebenfunktionen in frei stehenden Raummodulen untergebracht. Weil sämtliche Oberflächen im Inneren derart mit Tierurin und Gerüchen kontaminiert waren, mussten sie vollständig entfernt werden; so auch der Stallboden einschließlich des Unterbodens. Die vorhandenen Rundbogenfenster waren recht klein und weit oben unterhalb der Decke angeordnet. Damit genügend Tageslicht in die neuen Arbeitsbereiche gelangt und eine angenehme Atmosphäre mit Aussicht entsteht, wurden unterhalb der alten Öffnungen neue Fenster eingefügt. Deren Stahlzargen übernehmen nun die Proportionen der historischen Sandsteingewände. Innerhalb der Fassade erscheinen alte und neue Elemente separiert, von innen ist jedoch erkennbar, dass es sich um ein großes Fensterelement handelt.

In Anlehnung an das Kalken, eine traditionell übliche Hygienebehandlung von Stallräumen, wurden die Oberflächen innen mit Ausnahme des Bodens in Reinweiß ausgeführt. Die Natursteinwände sind mit einem mineralischen Innendämmputz versehen (Stärke 80 mm, aufgetragen in zwei Arbeitsschritten). Die Decke wurde unverputzt belassen, ihre raue Oberfläche wirkt schallschluckend. Die neue Bodenplatte ist ober- und unterseitig gedämmt, Gussasphalt dient wie in allen versiegelten Flächen auf dem Schlachthof als Bodenbelag. Zoniert wird der Großraum über eingestellte Boxen in Holzbauweise, die Platz für WCs, Küche und Technik bieten, aber auch als abgeschirmte Besprechungsräume dienen. Die Decke oberhalb des Erdgeschosses ist mit einem gedämmten Bodenbelag ausgeführt. Ein weiterer Aufenthaltsraum befindet sich im Mittelbau des historischen Daches, das dort mit Zwischen- und Aufsparrendämmung versehen ist.

Brandschutz
Das Gebäude gilt als ein durchgehender Brandabschnitt. Als Fluchtwege aus den beiden Großräumen im Erdgeschoss dienen der Haupteingang im Mittelbau (1. Fluchtweg) sowie die ehemaligen Stalltore und neuen Fenster, die direkt ins Freie führen (2. Fluchtweg). Die als Raum-im-Raum eingestellten Boxen haben ausreichend Sichtkontakt zur Umgebung, so dass eine mögliche Gefahrensituation früh genug erkannt und über den Großraum geflüchtet werden kann. Der Eingangsraum muss frei von Brandlasten gehalten werden, die Türen sind hier als Rauchschutztüren ausgebildet.

Der Aufenthaltsraum im Obergeschoss des Mittelbauwerks ist über eine neue Treppe (an alter Stelle) ans Erdgeschoss angebunden. Sie fungiert als 1. Fluchtweg, der zweite Fluchtweg führt durch das Fenster direkt ins Freie (anleiterbar). Die Treppe ist im Erdgeschoss mit einer Rauchschutztür versehen.

Im gesamten Erdgeschoss blieb eine bestehende Rippendecke aus Stahlträgern erhalten. Zu deren brandschutztechnischen Ertüchtigung wurden die Haupt- und Nebenträger, die gusseisernen Stützen und die verzierten Stützenköpfe mit einem Brandschutzanstrich und Überzugslack versehen. us

Bautafel

Architekten: Matthias Tebbert, zwo/elf Büro für Gestaltung, Karlsruhe
Projektbeteiligte:
Schelling Architekten, Karlsruhe (Ausschreibung, Vergabe, Bauleitung); Künstlin Ingenieure, Karlsruhe (Tragwerk); Ingenieurbüro Bender & Ulrich, Karlsruhe (Haustechnik); Rudolf Hensel, Börnsen (Brandschutzbeschichtung)
Bauherr:
Karlsruhe Fächer Gesellschaft, Stadtentwicklung
Fertigstellung:
2012
Standort:
Alter Schlachthof 15, 76131 Karlsruhe
Bildnachweis: Stephan Baumann, Büro für Raum und Bild sowie zwo/elf Büro für Gestaltung, beide Karlsruhe

Fachwissen zum Thema

Eine der ältesten und wirksamsten Maßnahmen zum vorbeugenden Brandschutz ist die Abgrenzung einzelner Brandabschnitte gegenüber anderen Gebäudeteilen oder anderen Gebäuden. Es wird zwischen inneren und äußeren Brandwänden unterschieden.

Eine der ältesten und wirksamsten Maßnahmen zum vorbeugenden Brandschutz ist die Abgrenzung einzelner Brandabschnitte gegenüber anderen Gebäudeteilen oder anderen Gebäuden. Es wird zwischen inneren und äußeren Brandwänden unterschieden.

Grundlagen

Brandabschnitt

Die Festigkeit von Bauteilen aus Stahl nimmt beim Überschreiten der kritischen Temperatur von ca. 500°C stark ab.

Die Festigkeit von Bauteilen aus Stahl nimmt beim Überschreiten der kritischen Temperatur von ca. 500°C stark ab.

Bauprodukte

Brandschutzbeschichtungen

Rettungswege im strengen Sinn sind Zugänge und Wege für Einsatzkräfte wie der Feuerwehr, über die die Bergung (= Fremdrettung) von z.B. verletzten Personen und Tieren sowie die Brandbekämpfung (Löscharbeiten) möglich sind (siehe § 14 MBO).

Rettungswege im strengen Sinn sind Zugänge und Wege für Einsatzkräfte wie der Feuerwehr, über die die Bergung (= Fremdrettung) von z.B. verletzten Personen und Tieren sowie die Brandbekämpfung (Löscharbeiten) möglich sind (siehe § 14 MBO).

Flucht-/​Rettungswege

Definition Flucht- und Rettungswege

Priorität haben die Ausbildung und Sicherung der baulichen Rettungswege, insbesondere der Schutz der Treppenräume vor Feuer und Rauch.

Priorität haben die Ausbildung und Sicherung der baulichen Rettungswege, insbesondere der Schutz der Treppenräume vor Feuer und Rauch.

Grundlagen

Was ein Architekt über Brandschutz wissen sollte

Kontakt Redaktion Baunetz Wissen: wissen@baunetz.de
Baunetz Wissen Brandschutz sponsored by:
Telenot Electronic GmbH, Aalen
www.telenot.com