Théâtre de Liège in Lüttich

Spezielle Schallschutzmaßnahmen für dicht bebauten innerstädtischen Block

Die teilweise Unterbringung in einem denkmalgeschützten Altbau, strenge Auflagen der Baubehörden, ein umfangreiches Raumprogramm, ein winziges Baugrundstück und hohe Ansprüche an Funktionalität und Wegeführung – das waren die Anforderungen, die es beim neuen Théâtre de Liège zu erfüllen galt. Das wallonische Atelier Pierre Hebbelinck & Pierre de Wit löste sämtliche Aufgaben mit Bravour. Die Architekten brachten die zentralen Nutzungen im Bestandsgebäude unter, den Rest in Neubauten. Diese entstanden überwiegend im engen Hof des Baublocks und ersetzen stellenweise zuvor abgerissene Gebäude.

Im Hof des Häuserblocks sind der Bühnenturm und kleinere Gebäudeteile untergebracht
Ansicht Nordost: Rechts der Altbau mit Arkaden als Eingangsbereich, links der Neubau mit dem kleinen Saal
Von Westen: Straßenecke mit der nach links abgehenden Rue des Carmes, wo sich ein weiterer Ergänzungsbau aus der Fassadenflucht schiebt

Das Theater liegt an der Place du Vingt Août im Zentrum der belgischen Stadt Lüttich. Grundlage der Planung war die Integration des Gebäudes der Société Libre d’Emulation, einer im Jahr 1779 gegründeten Kulturinstitution. Im Ersten Weltkrieg stark beschädigt, wurde das Gebäude zwischen 1934 und 1939 wieder aufgebaut. Seine Räumlichkeiten, allen voran der Theatersaal, erwiesen sich jedoch bald als ungeeignet, sodass der Bau schließlich aufgegeben wurde und in der Folge viele Jahre leer stand.

Im Zuge des Umbaus wurde die Zuschauertribüne im Theatersaal vollständig erneuert. Sie bildet eine schräge Ebene, aufgespannt zwischen Boden und Galerie. Die gewölbte Unterseite ist bekleidet mit filigranen Eichenholzleisten. Die repräsentative Eingangssituation mit Arkaden zur Place du Vingt Août blieb erhalten, die neue, großzügige Eingangshalle wird an den Verglasungen hinter der historischen Fassade ablesbar. Außer der Kasse beinhaltet sie ein Café und einen kleinen Buchladen. Einige Stufen führen hinauf ins Foyer des Theatersaals, der 558 Besuchern Platz bietet. Eine Besonderheit sind drei raumhohe Öffnungen zwischen Saal und Foyer, die während der Vorstellungen mit schwarzen Vorhängen geschlossen werden können. Bei der Innengestaltung kam viel Eichenholz zum Einsatz: Die sorgfältig gefertigten Einbauten bestehen daraus, ebenso einige Wandverkleidungen und die Tischplatten im Café.

Inmitten des Baublocks befinden sich der Bühnenturm und einige Nebenfunktionen. Der kleine Theatersaal mit Platz für 145 Zuschauer, Garderoben für die Schauspieler und eine Lastwagenzufahrt sind in einem schmalen Neubau südöstlich des Eingangsportals angeordnet; die Räume der Theaterschneiderei, das Lager und die Büros der Regie sind in einem weiteren Neubau zur südlichen Rue des Carmes untergebracht. Zuletzt gibt es noch einen Notausgang und eine Verbindung zum Cercle des Beaux-Arts, einem Ausstellungsbereich am westlichen Blockrand zur Rue Charles Magnette. Alle Gebäudeteile fügen sich logisch aneinander – für die Besucher entsteht der Eindruck, das bestehende Ensemble habe lediglich eine Überformung erfahren. Insgesamt verfügt das neue Theater über eine Nutzfläche von mehr als 7.800 Quadratmetern.

Akustik
Weil die Bebauung innerhalb des Blocks so verschachtelt und dicht ist, spielte die Beziehung zu den Nachbarhäusern bei der akustischen Planung eine wichtige Rolle. Auch eine konsequente Durchlüftung des Ensembles sollte gewährleistet werden. Nun minimieren verschiedene Schallschutzmaßnahmen die Übertragung der Geräusche von außen nach innen und umgekehrt.

Zu unmittelbar angrenzenden Brandwänden wurden dicke Schalen aus Ortbeton errichtet. Das bestehende Dach oberhalb des großen Saals, ein leichtes Stahltragwerk, wird nun von einem weiteren Dach überdeckt. Angesichts des lauten städtischen Umfelds galten auch für die Glasfassade vor dem kleinen Saal besondere Schallschutzanforderungen. Sie besteht aus zwei besonders dicken, aufeinander folgenden Glasscheiben, deren Masse die Schallübertragung deutlich mindert. Auch die unterschiedlichen Arten der Verglasung wirken schalldämmend. Die Luftschicht im Scheibenzwischenraum weitet sich mit zunehmender Höhe, um den steigenden Schallschutzanforderungen gerecht zu werden.

Der große Saal, als Vorführraum in seinem ursprünglichen Zustand bereits günstig konzipiert, wurde durch schallschluckende Vorhänge und Teppichböden sowie eine akustische Zwischendecke weiter optimiert. Die Wände des Bühnenraums sind mit Holzwolle-Leichtbauplatten bekleidet. Zur Schallabsorption in den Hallen sind die meisten Decken und Wände mit 50 mm starken Steinwolleplatten ausgestattet (in einer ausreichenden Dichte von 30-50 kg/m³), verstärkt durch eine Oberlage lamellenartiger Holzleisten. Systematisch kommen im Gebäude Schallschutztüren zum Einsatz. Entlang des großen Saals verläuft auf oberster Ebene zudem ein technischer Korridor, der den Schalldurchgang nach innen und außen verhindert. Die Fassade besteht aus einer aluminiumbekleideten Metallstruktur, die mit einem Materialpaket gefüllt ist, das in verschiedenen Frequenzbereichen eine breite Wirksamkeit zeigt: Eine Polyurethan-Sandwichplatte, eine Luftschicht, eine OSB- und eine Holzwolle-Leichtbauplatte. us

Bautafel

Architekten: Pierre Hebbelinck & Pierre de Wit, Lüttich
Projektbeteiligte: Bureau d’étude Greisch, Lüttich (Tragwerksplanung); Bureau d'Etude Pierre Berger, Chaudfontaine (Beratende Ingenieure); Erika Boda und Alain Prévot, Brüssel (Innenraumplanung); ATS Bureau d'ingenieurs Conseils en Acoustique et Traitement du Signal, Lüttich (Akustikplanung)
Bauherr: Stadt Lüttich, Département des Travaux - Service des Bâtiments Communaux
Fertigstellung: 2012
Standort: Place du Vingt Août 16, 4000 Liège, Belgien
Bildnachweis: François Brix

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