Taipei Performing Arts Center

Das Supertheater

Kann ein öffentliches Theater heute noch ein inklusiver Ort für das kreative Leben aller sein? Diese Frage bewegte OMA beim Entwurf des Taipei Performing Arts Center (TPAC). Der Wettbewerbserfolg wurde in Shilin, dem flächenmäßig größten Stadtbezirk Taipehs realisiert – ein weitgehend von Wohnen geprägter, nördlicher Bezirk, in dem sich auch das Nationale Palastmuseum, Teile eines Nationalparks und der größte Nachtmarkt der Stadt befinden.

Der Neubau liegt in Shilin, dem flächenmäßig größten Stadtteil von Taipeh.
Das Performing Arts Center vereint in sich drei Theater.
Bühnen, Hinterbühnen und Foyerzonen sind in einem zentralen Kubus untergebracht.

Das am Shilin-Nachtmarkt errichtete Zentrum vereint in sich drei Theater. Sie können verändert oder miteinander kombiniert werden und eröffnen so durch die Verbindung von Aufführungsräumen unkonventionelle Bespielungsmöglichkeiten. Ein zentraler, leicht aufgeständerter Kubus beherbergt Bühnen, Hinterbühnen sowie Foyerbereiche. An drei Seiten ragen aus diesem 54 Meter hohen Kubus unterschiedliche Bauteile mit den jeweiligen Zuschauerräumen heraus. Ostseitig ist es eine leicht abgeflachte Kugelkalotte, die von schräggestellten Stützen gehalten wird und die 800 Sitzplätze des Globe Playhouse beherbergt. In ihrer doppelschaligen Hülle befinden sich die Logen und deren Erschließung.

Proszenium und öffentlicher Parcours

Während sich die Bühne selbst im Kubus befindet, wurde im Durchdringungsbereich von Kubusfassade und Ellipsoid eine Vorbühne eingefügt, ein Proszenium mit weißer, flexibel teilbarer Membran statt eines Vorhangs. An der Südseite ist das keilförmige Auditorium des Grand Theater mit 1500 Plätzen und einer den ansteigenden Sitzreihen folgenden, schrägen Untersicht angefügt, gegenüber das Blue Box bzw. Multiform Theatre mit nochmals 800 Plätzen. Die beiden gegenüberliegenden Theater lassen sich zum „Supertheater“ mit über 100 Meter Raumlänge verbinden. An der Westseite schließlich sind Büros, Garderoben und weitere Nebenräume in einem zwölfgeschossigen, im oberen Bereich zweigeteilten Volumen zusammengefasst.

Zusätzlich zu den Foyerbereichen für die Theatergäste wurde ein öffentlicher Parcours durch das Gebäude geführt. Dieser gewährt allen kostenfreien Zugang zum Haus, führt durch verschiedene Theaterbereiche hindurch auf einen Aussichtsbalkon und gewährt zudem Einblicke auf Bühnen sowie in Backstagebereiche und  Werkstätten. Mit orangerot beleuchteten Wänden und Rolltreppen setzt er sich farblich von den in Blautönen gehaltenen Theaterräumen ab. Die Dächer von Bühnenturm und Blue Box Theatre wurden als Dachgärten gestaltet, die von OMA auch für die Öffentlichkeit vorgesehen sind. Die Architekten verstehen den aufgeständerten Bau mit seinen Auskragungen als Angebot an die Stadtgesellschaft, sich den Ort als überdachten, urbanen Platz anzueignen.

Fassade: Glaswellen und gebürstetes Aluminium

Zur Entwicklung der Fassade wurde Know-how aus dem Schiffbau einbezogen sowie vorab ein 1:1 Modell gebaut. Der zentrale Kubus hat eine Fassade aus 8 bis 12 Millimeter dicken, gewellten Glasscheiben zwischen hervorkragenden Riegeln. Aufgrund der Stabilität der wellenförmigen Glaselemente konnte auf vertikale Pfostenprofile verzichtet werden. Die in ähnlicher Form schon an der Casa da Música in Porto realisierte Glasfassade gibt Blicke auf die unregelmäßige Skelettkonstruktion frei. Die vier peripheren Bauteile haben Aluminiumfassaden. Bei den drei auskragenden Auditorien zeigen die handpolierten Oberflächen einen metallisch matten Glanz.

Dagegen wechseln beim Westturm schmale vertikale Paneele, die streifenartig auf Fuge angeordnet sind, mit breiteren Paneelen, die mit größeren sechseckigen Öffnungen vor den Bürobereichen oder kleineren kreisrunden Öffnungen vor den Künstlergarderoben perforiert sind und sich zum Teil aufklappen lassen.

85 Prozent der verwendeten Materialien wurden in Taiwan produziert. Ausgenommen davon ist etwa die in Spanien hergestellte, gewellte Glasfassade. Das schräggestellte Fluchttreppenhaus unter dem Grand Theatre und die Außenbereiche des öffentlichen Parcours sind mit Streckmetall verkleidet. Die Absicherungen der Auffahrtsrampen sind, wie auch zahlreiche Brüstungen im Inneren, mit Metallgitterrosten versehen.

Bautafel

Architekten: OMA, Rotterdam
Projektbeteiligte: Kris Yao | Artech, Taipeh / Shanghai (Bauleitung); Arup, London / Evergreen Consulting Engineering, Taipeh (Tragwerkplanung); Arup / Heng Kai, Taiwan / IS Leng and Associates Engineers (TGA-Planung, Bauphysik); Arup / Taiwan Fire Safety Consulting (Brandschutz); Chroma 33, Taipeh (Lichtplanung); dUCKS Scéno Creative Solution Integration, Villeurbanne/Paris/Shanghai (Theaterplanung); Royal Haskoning DHV, Taipeh / Theo Raijmakers, Eindhoven / Shen Milsom & Wilke LLC, New York, Shanghai u.a. (Akustik); ABT, CDC, Arnheim, Krefeld u.a. (Fassadenplanung); Inside Outside, Amsterdam (Landschaftsarchitektur); Ders. mit CNHW Landscape Design, Taiwan (Innenraumdesign) 
Bauherr: Taipei City Government
Fertigstellung: 2022
Standort: No. 1, Jiantan Rd, Shilin District, Taipeh, Taiwan 111
Bildnachweis: Shephotoerd Co. for OMA / Chris Stowers, Taiwan / OMA, Rotterdam

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