Studierendenwohnungen Ernas Haus in Dornbirn

Co-Living auf dem Bauernhof

Der Beginn eines Studiums markiert für viele junge Erwachsene den Moment, in eine eigene Unterkunft zu ziehen. Doch wie möchte man wohnen? Ganz allein oder doch zusammen mit anderen? In der studentischen Unterkunft Ernas Haus in Dornbirn schließt sich das nicht aus: Hier wohnen die Studierenden direkt auf dem Hof der Familie Winder – in nächster Nähe zur Fachhochschule (FH). Sie sind Teil des Winderhofs, lernen die Familie und andere Studierende kennen und können sich bei Bedarf in ihren eigenen Wohnbereich zurückziehen. Als Gastgeber orientiert sich die Familie Winder an der Tourismusstrategie 2020: Gastfreundschaft, Regionalität und Nachhaltigkeit stehen im Vordergrund. Ernas Haus richtet sich im Speziellen an die europäischen Austauschstudenten und -studentinnen, die für ein Semester an der FH Vorarlberg zu Gast sind.

Der massive Teil des Hauses (rechts im Bild) wurde beibehalten und die Scheune in Holzbauweise neu aufgebaut.
Ernas Haus ist Teil des Hofensembles des Winderhofs und orientiert sich an der Vorarlberger Bauweise.
Das steile Giebeldach ist typisch für die lokale Bauweise. Die Architekten haben das Vordach über die ganze Hauslänge gezogen, damit der Eingang geschützt ist.

Co-Living mit Hofladen
Der Winderhof ist Teil des Dornbirner Stadtteils Oberdorf, dem ältesten Teil der Stadt. Landwirtschaftliche Gebäude sowie Villen ehemaliger Textilindustrieller prägen die Umgebung; in den letzten Jahren wurde zunehmend nachverdichtet. Auf dem Winderhof werden regionale landwirtschaftliche Produkte erzeugt und im Hofladen verkauft. Die Vermietung von Wohnungen an Studierende ist ein neues Standbein für die Familie. Sie konnte dafür ein Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite erwerben, das nun Teil des Gebäudeensembles ist. Mit dem Architekturbüro Ludescher + Lutz wurde das alte Bauernhaus bis auf den massiven Wohnteil abgebrochen und durch einen Neubau in Holzbauweise ergänzt.

Frischer Wind in der Vorarlberger Baukultur
Der Entwurf für den Neubau orientiert sich an der Vorarlberger Baukultur: Alle Gebäude des Ensembles besitzen das steile Dach mit dem geknickten Giebel. Die vertrauten Sehgewohnheiten im Ortsteil werden dabei weitergetragen. Gleichwohl macht die Fassade auf den zweiten Blick klar, dass sie in die heutige Zeit gehört. Die Hülle ist aus heimischer Weißtanne angefertigt. Die Zimmerei Kaufmann hat dabei auf besondere Qualität und Sortierung geachtet. Das Vordach folgt dem Bestand, zieht sich jedoch über die ganze Länge des Hauses – unüblich für die Vorarlberger Baukultur, doch praktisch, da so auch der Eingang geschützt ist. Die Fenster der Westfassade gehören zum Bestand und lassen sich durch Schiebeläden schließen. Hierbei kommt auch ein Motiv des Dornbirner Hauses zum Ausdruck: Das Klebdach, das oberhalb der Fenster angebracht ist.

Hommage an die Traktoren

In Ernas Haus gibt es 18 Studiowohnungen, die durchschnittlich 16 m² groß sind. Alle haben südseitig eine Veranda, die durch eine Lattenschirm beschattet wird. Im aufgefrischten Bauernhaus sollen sich die Studierenden wie zu Hause fühlen: Jedes Studio bietet einen Schlafplatz, eine Kochnische, ein eigenes Bad, einen Schreibtisch und Internetanschluss. Die Räume sind ruhig und zum Lernen ideal.

Wichtig war der Bauherrenfamilie und den Architekturschaffenden eine nachhaltige Bauweise: Geheizt wird mit Holz aus Fernwärme, für Strom und Warmwasser ist die Sonne zuständig. Die Innenraumgestaltung ist einfach, frisch und handwerklich naheliegend. Dabei standen die Schadstofffreiheit, Langlebigkeit und Wartungsfreundlichkeit der Zimmer im Vordergrund. Die komplette Möblierung, von der Kochnische bis zum Lattenrost, wurde vom Bauherrn in Eigenleistung aus geöltem Birkensperrholz angefertigt. Die Farbe der Wände und Fussböden ist ein Verweis auf eine der vertrautesten Farben Österreichs in der Nachkriegszeit: RAL 6010. Es ist das Grasgrün der Steyr-Traktoren, das damals auf den Wiesen zwischen Dornbirn und Eisenstadt allgegenwärtig war. -sh

Bautafel

Architektur: Ludescher + Lutz Architekten, Bregenz
Projektbeteiligte: hämmerle.tschikof, Dornbirn (Bauleitung); GBD ZT, Dornbirn (Statik); Expert Schelling, Dornbirn (Elektro); Hepp Walter, Dornbirn (HSL); Gebr. Keckeis, Lustenau (Baumeister); Kaufmann Zimmerei, Reuthe (Zimmerer); Ellensohn, Götzis (Gerüstbau); Winkler, Feldkirch (Schwarzdecker, Spengler); Schaffer Dachbau, Hard (Dachdecker); Winkler Solar, Feldkirch (Solar/PV-Anlage); Jäger Bau, Schruns (Holzfenster); REGE, Hard (Türen); Malermeister Klocker, Dornbirn (Maler); Wohlgenannt,  Dornbirn (Raumausstatter); S+TILE, Dornbirn (Fliesenleger); Rusch Metall, Dornbirn (Schlosser); Blank, Lustenau (Holzläden); Prügger Werner, Dornbirn (Trockenbau)
Bauherr/in: Martin und Peter Winder, Dornbirn
Fertigstellung: 2020
Standort: Sebastianstrasse 12, 6850 Dornbirn, Österreich
Bildnachweis: E. Ludescher / Ludescher + Lutz Architekten, Bregenz

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