Studierendenwohnheim in Osnabrück

Bunte Keramikformteile für die Fassade

Häufig sind Studierendenwohnheime gesichtslose Bauten, in die man im ersten Semester mangels Alternativen einzieht, um sich dann schnellstmöglich eine andere Unterkunft zu suchen. Anders dürfte das den jungen Menschen im neuen Studierendenwohnheim StudierQuartier im Wissenschaftspark nach Entwürfen von Plan.Concept Architekten ergehen. Mit seiner bunten, wellenförmigen Keramikfassade zieht der Neubau im Nordwesten Osnabrücks schon von Weitem die Blicke auf sich und schafft eine identitätsstiftende Adresse.

Der viergeschossige Baukörper auf L-förmigen Grundriss liegt unmittelbar an dem kleinen Flüsschen Nette am Ende der Albert-Einstein-Straße mit Ausblick ins Grüne.
Die Verantwortlichen entschieden sich für Keramikelemente in sechs Rot-, Orange- und Grünnuancen, die jeweils einen durchgehenden Streifen gleicher Farbe vom Sockel bis zum Dachrand ausbilden.
Da die Keramikelemente mit verdeckten Klammern an der Unterkonstruktion montiert sind, entsteht der Eindruck fugenlos durchlaufender Farbstreifen bzw. -stäbe.

Der viergeschossige Baukörper auf L-förmigen Grundriss liegt unmittelbar an dem kleinen Flüsschen Nette am Ende der Albert-Einstein-Straße mit Ausblick ins Grüne. Erschlossen wird der Bau nördlich und südlich des Gebäudeknicks sowie von den Enden der Riegel aus. Auf insgesamt 3.385 Quadratmetern Wohnfläche verteilen sich Einzelapartments und Wohngemeinschaften für insgesamt 124 Studierende, einige davon sind barrierefrei. Jede Etage verfügt zudem über einen Gemeinschaftsraum. Mit voll ausgestatteter Küchenzeile und bodengleichem Duschbad in jedem Apartment ist der Wohnkomfort verhältnismäßig hoch. Bei einer Warmmiete von 290 bis 430 Euro für 23 bis 33 Quadratmeter wird zudem wohl so mancher Berliner, Münchner oder Hamburger Studierende neidisch nach Osnabrück schielen.

Komfortabel und nachhaltig

Die bunten Farben der Gebäudehülle finden sich als Akzente im Innenbereich wieder, so etwa zur Orientierung in den Treppenhäusern und Fluren sowie als Spritzschutz in den Küchen oder als einzelne bunte Fliesen in den Bädern. Darüber hinaus sind Wände und Einbauten schlicht weiß gehalten. Auf den Böden der Wohnbereiche kam ein pflegeleichter Belag in Holzoptik zur Ausführung. Bodentiefe Fenster vertreiben schließlich endgültig das piefige Wohnheim-Ambiente, das man wohl oftmals vor dem inneren Auge hat.

Im Untergeschoss befinden sich eine großzügige Tiefgarage und Abstellräume sowie mit Waschmaschinen und Trocknern ausgestattete Waschküchen für die Bewohnenden und Nebenräume für das Management der Wohnanlage. Mit Fahrradabstellplätzen und kostenpflichtigen Pkw-Parkplätzen sowie Leihfahrrädern, einer Ladestation für E-Cars und E-Bikes und einer Carsharing-Station ist uneingeschränkte und klimaneutrale Mobilität garantiert. Der Campus Westerberg inklusive Mensa liegt allerdings nur 900 Meter entfernt und ist somit auch zu Fuß gut zu erreichen.

Positiv hervorzuheben ist darüber hinaus, dass das Wohnheim als Plusenergiegebäude zertifiziert wurde. Zu verdanken ist dies der umfangreichen Nutzung von Solarenergie mittels Photovoltaik und Solarthermie in Kombination mit einer Wärmepumpe. Effizient wird es zudem durch eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Der Primärenergiebedarf liegt bei 11,32 kWh/(m²a).

Bunte Keramikstäbe für die Fassaden

In einem Umfeld recht inspirationsloser Architektur avanciert der Neubau durch seine Fassade aus keramischen Vierkant-Formteilen zu einer Landmarke. Die Verantwortlichen entschieden sich für sechs Rot-, Orange- und Grünnuancen, die vertikal montiert jeweils einen durchgehenden Streifen gleicher Farbe vom Sockel bis zum Dachrand ausbilden. Insgesamt wurden 9.574 Elemente verbaut, die eine Länge von 81, 114 bzw. 145 Zentimetern und einen Querschnitt von 50 x 60 Millimetern aufweisen. Da sie mit verdeckten Klammern an der Unterkonstruktion montiert sind, entsteht der Eindruck fugenlos durchlaufender Farbstreifen bzw. -stäbe. Das Thema Nachhaltigkeit spielte laut der Architekturschaffenden auch bei der Materialwahl der Gebäudehülle eine Rolle. Ein langlebiger, natürlicher Rohstoff sollte es sein. Da Holz zu pflegeintensiv gewesen wäre, fiel die Entscheidung zugunsten von Keramik. Rückwärtig wurden die Fassaden mit cremefarbenem Verblendmauerwerk ausgeführt.

Die Dynamik der Fassade resultiert allerdings nicht nur aus Material und Farbgebung, sondern auch daher, dass sich die Gebäudehülle in einer komplexen Wellenform um das Innere schmiegt. Aufgrund dessen ist die vorgehängte, hinterlüftete Fassade teilweise überhängend. Auf die Befestigung der Vierkant-Formteile hat dies zwar prinzipiell keinen Einfluss, dennoch galt es, eine Konstruktion zu entwickeln, die die Lage und Neigung der einzelnen Elemente genau festlegte. Die Lösung waren unterschiedlich lange, an der senkrechten Rohbau-Außenwand befestigte Stahlschwerter, an denen sich eine standardisierte Unterkonstruktion montieren ließ. Letztere ist – ebenso wie die Trapezblechabdeckung der Mineralwolledämmung – komplett in Schwarz gehalten, um zu vermeiden, dass durch die offenen Fugen störende Reflexionen zu sehen sind.

Bautafel

Architektur: PLAN.CONCEPT Architekten, Osnabrück
Projektbeteiligte: Ingenieurbüro Fleddermann, Osnabrück (Tragwerksplanung); August Gründker Bauunternehmen, Glandorf (Rohbau); IB Töne Kossen, Neubörger (Gebäudetechnik); Krämer-Evers Bauphysik, Hasbergen (Bauphysik); Ingenieurbüro Kirchner, Wallenhorst (Brandschutz); I.F.F. Dreising, Messingen (Fassadenplanung); Brüggemann Holzbau, Neuenkirchen (Bauleistung Fassade); Agrob Buchtal, Schwarzenfeld (Hersteller Keramikelemente Fassade; Produkt „KeraShape”)
Bauherrschaft: Studentenwerk Osnabrück
Fertigstellung: 2020
Standort: Albert-Einstein-Str. 49, 49076 Osnabrück
Bildnachweis: Jochen Stüber Fotografie, Hamburg

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