Studierendenwohnheim in Goleta

Gitterrost als Sonnenschutz

„Seems it never rains in Southern California“... Mit nur 37 Regentagen und bergumrahmtem Palmenstrand erfüllt die Kleinstadt Goleta die gängigen Westküstenklischees. Auch trägt der Vorort von Santa Barbara zu dem Bild bei, dass sich die renommierten kalifornischen Universitäten wie eine Perlenkette von San Francisco bis Los Angeles aufzureihen scheinen. Hier, am Pazifik, befindet sich auch der Campus der University of California, Santa Barbara (UCSB) – einer staatlichen Forschungsuniversität mit mehr als 23.000 Studienplätzen.

Das Projekt ist Teil eines Masterplans zur Nachverdichtung im westlichen Campusbereich.
Die beiden gegenüberliegenden, sechsgeschossigen Gebäude umschließen einen Freiraum mit Aufenthalts-, Sport- und Fahrradabstellflächen.
Beide Gebäude sind über Laubengänge erschlossen.

Im Westen des Campus' haben die Architekten vom Büro Skidmore, Owings & Merrill ein Wohnheim für insgesamt 352 Studierende errichtet, das sich auf zwei gegenüberliegende Gebäude aufteilt. Die Tenaya Towers, benannt nach einem kalifornischen See, sind Teil eines ebenfalls von SOM entworfenen Masterplans zur Nachverdichtung eines rund 50.000 Quadratmeter großen Areals mit gut 1.000 Wohnheimplätzen und einem Mensagebäude. Bislang befanden sich auf dem Areal lediglich zwei versetzt angeordnete zehngeschossige Wohnheimscheiben aus den 1970er-Jahren mit verbindendem Flachbau und weiträumigen Parkplätzen.

Über den Laubengang zum „Common Tower“

Bei den beiden sechsgeschossigen Neubauten handelt es sich mit rund 54 Metern Breite und 18 Metern Traufhöhe ebenfalls um Scheibenhäuser. Sie sind in Beton- und Stahl-Mischkonstruktion erstellt, in Nord- Süd-Richtung ausgerichtet und über Laubengänge erschlossen. Spiegelbildlich organisiert, umschließen sie einen rund 2.500 Quadratmeter großen Freiraum mit verschiedenen Sport-, Aufenthalts- und Fahrradabstellflächen. Hinzu kommen zwei Dachterrassen. Vor beide Scheiben ist auf Höhe der direkt gegenüberliegenden Haupttreppenhäuser je ein sogenannter Common Tower mit übereinandergestapelten Gruppenarbeits- und Gemeinschaftsräumen gestellt.

An der Südostecke des Grundstücks knicken die Laubengänge um 90 Grad hofseitig ab und binden einen weiteren, sechsgeschossigen Gebäudeteil mit der Grundfläche einer Wohneinheit an die südliche Scheibe an. In dem so gebildeten Winkel, der den Freiraum vom benachbarten Zehngeschosser abschirmt, befindet sich ein flacher, frei stehender Pavillon mit Erholungsraum und Lounge. Schräg gegenüber, an der Nordwestecke des Grundstücks ist ein kleiner Supermarkt in das Erdgeschoss des Nordgebäudes integriert.

Gemeinschaftlich in der aktiven Zone

Die Wohneinheiten sind als Sechser-WGs mit je drei nebeneinander angeordneten Zweibettzimmern, zwei Bädern einer Küche und einem Wohn- und Essbereich organisiert. Die Architekten haben auf eine Trennung in aktive Zonen mit den gemeinschaftlichen Bereichen zu den Laubengängen hin und ruhige Zonen mit den Schlafzimmern zu den abgewandten Seiten geachtet. Das hat allerdings zur Folge, dass die Hälfte der Schlafzimmer nach Norden und die andere nach Süden orientiert ist.

Die Gebäude entsprechen amerikanischen Nachhaltigkeitsstandards und sind unter anderem mit Warmwasserkollektoren und Regenrückhaltegraben ausgestattet. Insbesondere aufgrund der verträglichen Baumaterialien sowie des effizienten Wasser- und Stromverbrauchs ist das Projekt mit LEED Platin zertifiziert und erhielt zudem eine Auszeichnung für nachhaltiges Bauen sowie drei weitere Preise des American Institute of Architects (AIA).

Fassade: Sichtbeton und GFK-Gitterroste vor Putzflächen und bodentiefen Fenstern

An der Fassade wechseln verglaste sowie weiß und ockerfarbig verputzte Bereiche mit Sichtbetonflächen an den Stirnseiten ab. Letztere wurden nach brutalistischer Manier mit Bretterschalung erstellt.

Die Laubengangseiten werden durch zwei verschiedenartige Absturzsicherungen gegliedert. Staketengeländer wechseln sich mit geschosshohen, weißen Gitterrosten aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) ab, die jeweils an vier Punkten mit Distanzhaltern an den Stahlprofilen der Deckenkanten angebracht sind. Es handelt sich hierbei um handelsübliche, begehbare Serienprodukte, die zum Beispiel für Laufstege, Arbeitsbühnen, oder Lichtschachtabdeckungen verwendet werden. Lediglich in ihrer Farbe sind sie eine projektspezifische Einzelanfertigung. Die GFK-Gitterroste sind – unregelmäßig zu Zweier- und Dreiergruppen zusammengefasst – über die Geschosse verteilt. Blickt man frontal auf diese nur wenige Zentimeter starken, kleinteilig gerasterten Elemente, so wirken sie durchlässig und filigran und haben aus der Distanz eine textile, gewebeartige Anmutung. Dagegen suggerieren sie aus schräger Blickrichtung geschlossene Flächen.

Vor den Laubengängen wirken diese Verschattungselemente als Raumfilter beziehungsweise als raumbildende Ebene. Sie werfen, dem Sonnenstand folgend, wechselnde Schlagschattenraster auf die dahinterliegenden Boden- und Wandflächen. Während jeweils die zweite Treppe am Laubengang offen gehalten ist, finden sich die Fiberglasroste auch an den Flanken der Haupttreppenhäuser sowie außerdem als stehende Brise Soleils und Überkopfverschattungen vor den vollflächig verglasten Gemeinschaftstürmen und – ebenfalls als Verschattungselemente – über den Dachterrassen.

Auch an den hofabgewandten Fassaden sind diese Gitterroste fest verbaut, wo sie jeweils einen Teil der geschossweise versetzten, bodentiefen Fenster der Schlafzimmer überdecken. Hier reduzieren sie ebenfalls die Sonneneinstrahlung, dienen aber auch als Blickschutz von unten, da die Grundrisse der Architekten direkt am Fenster eines der beiden Betten vorsehen. Ein vollständiger Sonnen- und Blickschutz wird in den Schlafzimmern und den Gemeinschaftsräumen über innen liegende, weiße Rollos bewerkstelligt.

Bautafel

Architekten: SOM Skidmore, Owings & Merrill, San Francisco
Projektbeteiligte: Craig Hartman, Carrie Byles, Keith Boswell, Mark Sarkisian, Eric Long, Michael Mann, Kye Archuleta, San Fransisco (Designteam SOM); Sherwood Design Engineers, Los Angeles (Bauingenieure), BuroHappold Engineering, Los Angeles (Gebäudetechnik); Horton Lees Brogden Lighting Design, Los Angeles (Lichtplanung); Newson Brown Acoustics, Culver City (Akustik); TLS Landscape Architecture, Berkeley (Freiraumplanung); Harper Construction, San Siego (Generalunternehmer)
Bauherr: University of California, Merced, Kalifornien
Fertigstellung: 2017
Standort: 750 Storke Road, San Joaquin Tower Villages (Tenaya North, Tenaya South), Goleta, CA 93117, USA
Bildnachweis: Bruce Damonte, San Francisco

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