Studentendorf Adlershof in Berlin

Kalksandstein-Mauerwerk und Holzrahmenbauelemente

Insbesondere für Studierende, die neu in der Stadt sind, bietet ein Wohnheim Vorteile: die Wohnungssuche ist einfach, die Miete bezahlbar und Kontakte sind schnell hergestellt. Ob der Wohnsitz temporär bleibt oder von Dauer ist, hängt natürlich auch davon ab, wie das Zusammenleben funktioniert. Das Studentendorf Adlershof in Berlin bietet gute Voraussetzungen, dass es klappt. Denn die ortsansässigen Architekten Die Zusammenarbeiter legten viel Wert auf eine behutsame Abstufung privater und gemeinschaftlicher Bereiche. Die Gesamtkonzeption mit mehreren Häusern, die eine Art Dorfgemeinschaft bilden, ist angelehnt an das denkmalgeschützte Studentendorf Schlachtensee aus den späten 1950er-Jahren – Träger beider Anlagen ist eine gleichnamige Gesellschaft.

Blick von Südwesten (Zufahrt Karl-Ziegler-Straße) auf den großen Platz und die viergeschossigen Eingangsbauten
Ansicht von der Karl-Ziegler-Straße: Jeweils zwei der dreigeschossigen Wohnhäuser sind durch außen liegende Treppen spangenartig verbunden
Sogenannte Denkererker gliedern die Fassade aus vorgefertigten Holzrahmenbauelementen

Nicht gerade zentral gelegen ist der Forschungs- und Medienstandort Campus Adlershof im Berliner Südosten zwischen Rudow und Treptow-Köpenick, der Alexanderplatz ist jedoch mit öffentlichen Verkehrsmitteln in 30 Minuten erreichbar. Das Studentendorf erstreckt sich auf einem etwa 70 mal 155 Meter großen Gelände am nördlichen Rand des Campus' und wird im Südosten durch die Abram-Joffe-Straße als Übergang zum Areal der Humboldt-Universität (HU) begrenzt. Das ehemalige Flugfeld Johannistal in nordwestlicher Richtung – heute ein großer Landschaftspark – ist fußläufig erreichbar.

Die zehn quaderförmigen Baukörper sind gleichmäßig auf dem Gelände verteilt und über ein lockeres Wegesystem verbunden. Zwei viergeschossige Riegel bilden den Auftakt an der Abram-Joffe-Straße, die übrigen Häuser sind dreigeschossig und jeweils zu viert um einen kleinen Platz gruppiert. Die Nutzung der höheren Eingangsbauten unterscheidet sich von den übrigen: In den Obergeschossen beherbergen sie Einzel- und Doppelapartments, im Erdgeschoss sind Sonderfunktionen wie eine Kindertagesstätte, Arbeits- und Gästezimmer, ein Studentenklub, die Verwaltung, der Hausmeister, ein Fitnessraum, eine Poststelle und ein Waschsalon untergebracht. Erschlossen werden sie über ein innen liegendes Treppenhaus. Vom Hauptzugang zwischen diesen beiden Häusern (9 und 10) gelangen Bewohner und Besucher zu einem großen Platz als zentraler Anlaufstelle, der zusätzlich durch zwei eingeschossige Anbauten an Haus 10 gerahmt ist.

Die folgenden acht Dreigeschosser beinhalten im Erdgeschoss zehn, in den oberen Etagen dreizehn Wohneinheiten mit kleinen Bädern sowie einem großen Gemeinschaftsbereich zum Kochen und Wohnen, der sich zu dem kleinen Platz mit Terrassendeck richtet. Erschlossen werden sie über außen liegende Treppen, die spangenartig jeweils zwei Häuser verbinden. Jedes der zwischen 14,6 und 21,6 m² großen 384 Studentenzimmer verfügt über einen sogenannten „Denkererker“ als privaten Rückzugsraum, der sich in den meisten Fällen nach außen orientiert. Insgesamt etwas geräumiger sind zwei rollstuhlgerechte und sechs sogenannte Post-Doc-Wohnungen.

Bauphysik
Die Häuser sind in massiver Schottenbauweise aus Kalksandstein-Mauerwerk mit Geschossdecken und Flachdächern aus Stahlbeton errichtet. Die Fassaden einschließlich der Erker wurden als hochgedämmte, witterungsbeständige Holzrahmenbauelemente vorgefertigt. Sie sind überwiegend mit einem Wärmedämmverbundsystem bekleidet, also verputzt, die Erker jedoch mit Holz verschalt und ihre Dächer mit Zinkblech bekleidet (siehe Abb. 16). Das Energiekonzept richtet sich nach dem KfW-Effizienzhaus-40-Standard, der dem Passivhaus-Standard ähnelt. Dies zog erhöhte Anforderungen an die Luftdichtheit und Wärmedämmung der gesamten Gebäudehülle nach sich. So sind die Außenwände mit ca. 30 cm und das Dach mit 40 cm Wärmedämmung ausgeführt. Die Rahmen der Holzfenster sind gedämmt, eingesetzt wurde eine Dreischeiben-Isolierverglasung. Motorisch betriebene Raffstores als außen liegender Sonnenschutz übernehmen auch den Sicht- und Blendschutz. Die Lüftung aller Räume erfolgt über eine geregelte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung (zur Beheizung), dennoch ist natürliche Lüftung über Drehflügel aus Gründen des Komforts möglich. Zusätzlich geheizt wird mit Fernwärme, die über Fußbodenheizungen im Gebäude verteilt wird. Die Dächer sind als Warmdächer konzipiert, mit einer mehrlagigen bituminösen und zum Teil wurzelfesten Dachabdichtung ausgeführt, bekiest und teilweise extensiv begrünt; die Errichtung von Photovoltaik-Anlagen ist geplant. Die Entwässerung erfolgt außen liegend durch die Attika über Fallrohre mit Versickerung auf dem Grundstück.

Schallschutz: Aufgrund der Schottenbauweise mit 24er-Kalksandsteinmauerwerk, das mit Kalkgipsputz verspachtelt wurde, ist zwischen den Individualräumen ein guter Schallschutz (R'w = 53 dB) gewährleistet. Die Holztüren zu den Fluren (Sandwichkonstruktionen mit HPL-Beschichtung, R'w = 37 dB) wurden aus Gründen des Schallschutzes mit Doppelfalz und Bodendichtung ausgeführt, sodass sie dicht am Boden – einem versiegelten Zementestricht – abschließen. In den acht reinen Wohnhäusern sind auch die Trennwände zu den Fluren mit 24 cm KS-Mauerwerk ausgeführt; in Haus 9 und 10 wurden sie im Trockenbau erstellt. Neben den schallschützenden Eigenschaften weist das Mauerwerk eine gute Wärmespeicherfähigkeit auf und sorgt damit für ein angenehmes Raumklima. Zimmer und Bad fungieren schalltechnisch als Einheit; die Trennwände bestehen aus Gipskarton.

Brandschutz: Die Gebäude 1-8 sind nach § 2 (3)/BauO Bln in die Gebäudeklasse 3 einzustufen. Aufgrund der Außenabmessungen von maximal etwa 15 x 28 Meter sind innere Brandwände nicht erforderlich; jedes Haus bildet einen separaten Brandabschnitt. Im Brandfall führt der erste Rettungsweg aus dem Erdgeschoss über die Zugangstür direkt ins Freie, aus den Obergeschossen über die außen liegenden Treppen. Als zweiter Rettungsweg sind anleiterbare Fenster in den Obergeschossen und ein Fenster im Gemeinschaftsbereich auf allen Etagen als Notausstiege konzipiert. Aufgrund der Abstände zu den Nachbargebäuden (5,00 bzw. mind. 6,50 Meter) sind auch äußere Brandwände nicht erforderlich. Zum Schutz der notwendigen Außentreppen wird die Außenwand in Bereichen, in denen der Abstand zur Treppe weniger als 3,00 Meter beträgt, von innen und außen feuerhemmend ausgeführt (Holzständerkonstruktion mit Mineralwolle der Baustoffklasse A, nicht brennbar). Auch die Außenwand vor dem zum Anleitern bestimmten Gemeinschaftsraum ist derart ausgebildet. Die Wände der notwendigen Flure sind ebenfalls feuerhemmend erstellt. (us)

Bautafel

Architekten: Die Zusammenarbeiter, Berlin
Projektbeteiligte: Neubauer + Ernst (Tragwerksplanung); BLS Energieplan (Haustechnikplanung); Müller-BBM (Bauphysik und Bauakustik); hhpberlin (Brandschutz); Züblin (Generalunternehmer); Locodrom Landschaftsarchitekten (Gartengestaltung), Lutz Hüning (Innenarchitektur), alle Berlin
Bauherr: Studentendorf Adlershof, Berlin
Fertigstellung: 2014
Standort:
Karl-Ziegler-Straße, Abram-Joffe-Straße, Alexander-von-Humboldt-Weg, 12489 Berlin
Bildnachweis: Mila Hacke, Berlin

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