Spy Glass in Eastbourne

Drehbare Strandhütte mit LED-Lichtbändern

Ein Pier mit Pavillons und großer Halle auf dem Meer, weiße Prunkfassaden und eine lange Seepromenade — die Stadt Eastbourne ist ein englisches Seebad, wie es im Buche steht. Doch so mondän wie einst ist der Küstenort schon lange nicht mehr. Dafür ist er heute als Alterswohnsitz beliebt. Um Eastbourne einer Verjüngungskur zu unterziehen, hat sich die Gemeinde vorgenommen, den Ort in ein Design- und Kreativzentrum umzuwandeln. Dabei sollte unter anderem ein internationaler Architekturwettbewerb helfen, in Zuge dessen die „Beach Hut“, eine an der englischen Küste traditionsreiche Strandhütte, neu zu interpretieren war. Mit Spy Glass gelang es dem Londoner Architekturbüro Jak Studio, einen der fünf Preise zu erlangen. Die Struktur aus vorgefertigten Betonelementen erinnert in ihrer Form an ein ortstypisches Aussichtsfernglas. Und auch funktional gibt es Parallelen: Ein drehbarer Untergrund erlaubt es, die Hütte um 180 Grad zu schwenken und entweder dem Meer, der Sonne oder dem Pier zuzuwenden. Nachts werden die Silhouette und der Innenraum durch LED Lichtbänder beleuchtet und machen aus dem Stranddomizil ein Leuchtobjekt.

Mit ihrem Spy Glass stellen die Architekten eindeutige Bezüge zum Gegenstand Ihrer Inspiration her: einem Aussichtsfernglas
Die dem Meer zugewandte Fassade verfügt über ein haushohes Panoramafenster
Wie das Vorbild Aussichtsfernglas, lässt sich auch die Strandhütte schwenken

Auf einem aus dem Kiesstrand herausragenden Holzpodest an der Strandpromenade befindet sich der zeichenhafte Bau. Umhüllt wird er durch ein Tonnengewölbe aus vorgefertigtem Beton mit elliptischem Querschnitt, das durch einen hellen Streifen aus Polycarbonat unterbrochen wird. Durch die Lichtfuge kommt tagsüber diffuses Tageslicht herein, nachts wird Kunstlicht aus dem Innenraum an die Umgebung abgegeben. Zum Strand hin kragt die Tonne am Scheitel leicht aus und bildet dadurch ein kleines Vordach. Darunter befindet sich, leicht nach innen versetzt, eine Vollverglasung durch die man hinaus auf das Meer sehen kann. Die der Promenade zugewandte Fassade ist mit polychrom lackiertem Holz verkleidet und verfügt über eine Eingangstür. Darüber kragt ein abgerundetes Volumen aus, an dessen Unterseite eine Außendusche angebracht wurde. Es bietet innen Platz für ein Tagesbett. Die am Kopfende dieser Koje eingesetzten, kreisförmigen Bullaugen bilden die wohl deutlichste Reminiszenz an ein Aussichtsfernglass. Jacob Low, Gründungspartner von Jak Studio, sagt über den Entwurf: „Wir wollten der traditionellen Strandhütte Tribut zollen und gleichzeitig ein zeitgemäßes Konzept für einen Designklassiker schaffen. Inspiration für unser Projekt war das Münzeinwurf-Fernglas, mit dem man auf das Meer schauen kann. Da die Ferngläser schwenkbar sind, ist es konsequenterweise auch unser Spy Glass, um mit der Sonne oder der Küste zu interagieren."

Trotz der großzügigen Verglasung zum Ärmelkanal bietet die Hütte viel Privatsphäre, da sie von der Stadt her keine Einblicke ermöglicht. Blicken vom Meer kann durch die per Fernsteuerung bediente Drehscheibe entgegengewirkt werden: Ist das Interesse von Schwimmern, Touristen und Passanten zu aufdringlich, dreht man die Panoramascheibe einfach aus deren Blickfeld. Die schwere Drehbühnenkonstruktion wurde ursprünglich zum Manövrieren von PKW auf engem Raum entwickelt. Dank der verwendeten Materialien Beton, Holz, Polycarbonat und Glas, sowie einem Elektrizitätsanschluss, lässt sich die Behausung auch außerhalb der Sommermonate nutzen. Die Größe des Stranddomizils mit seinen 2 m Breite, 3 m Länge und 3 m Höhe basiert auf den Abmessungen traditioneller Strandhütten. Innen bietet die Hütte einfache Holzeinbauten: das Tagesbett über dem Eingang, eine gepolsterte Sitzbank vor dem Panoramafenster und einigen Einbauschränke. Eine Holztürtür trennt den Wohn- und Schlafraum vom Eingangsbereich mit Waschbecken. LED-Lichtbänder innen und außen illuminieren das Objekt bei Nacht weithin sichtbar.

Bautafel

Architekten: Jak Studio, London
Projektbeteiligte:
Car, Cambridge (Statik); Alban Low (künstlerische Beratung); Light IQ, London (Lichtdesign); Cliveworks (Textilien); GSSL Gunite and Shotcrete Services (Beton); UK Turntables, Nantwich (Drehbühne)
Bauherr: Kommune Eastbourne
Fertigstellung: 2017
Standort: 31, Marine Parade, Eastbourne, Vereinigtes Königreich
Bildnachweis: Nick Kane, Kingston

Fachwissen zum Thema

Die Planung mit Tageslicht kann auch auf einfache Weise erfolgen, ohne dass Lichtlenk- oder Lichtleitsysteme in die Architektur integriert werden müssen.

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Tageslicht

Einfache Maßnahmen zur Tageslichtnutzung

Aufbau LED

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Leuchtmittel/​Lampen

LED