Sommerhaus auf den Schären

Reif für die Privat-Insel

Zu den skandinavischen Traditionen gehört es bekanntermaßen, den kurzen nordischen Sommer in einer Hütte in der Natur zu genießen. Viele suchen in der finnischen Schärenlandschaft Ruhe und Erholung. Möglichkeiten dazu gibt es auf den rund 40.000 Inseln des weltweit größten Archipels mehr als genug. Das Designer-Paar Aleksi Hautamäki und Milla Selkimäki fanden ihren Platz für einen solchen Rückzugsort nach fünf Jahren intensiver Suche: eine kleine unberührte Insel am Rande des Nationalparks, die noch nie zuvor von Menschen besiedelt war. Auf dem gerade einmal 200 mal 100 Meter großen Eiland in Dreiecksform planten und bauten sie mit Team ein Sommerhaus mit Sauna sowie eine kleine Werkstatt. Ö, der Name des Projekts, ist zugleich das schwedische Wort für Insel.

Nach mehrjähriger Suche fanden Aleksi Hautamäki und Milla Selkimäki das unbesiedelte Eiland in der finnischen Schärenlandschaft.
Der Entwurf orientiert sich an traditioneller Schärenarchitektur.
Die Insel liegt am Rande des Nationalparks und war noch nie zuvor bewohnt.

Zeitgemäßer Klassiker

Der Entwurf orientiert sich an der traditionellen finnischen Schärenarchitektur, die von Details, wie holzverkleideten Wänden, geprägt ist sowie Satteldächern mit ausgeprägten Dachüberständen und breiten Traufen. Gleichzeitig sollte die Bautradition in ein zeitgemäßes Optimum übersetzt werden. Hautamäki stellte weitreichende Überlegungen an zur besten Dachform, zur optimalen Dachneigung sowie zu den geeigneten Proportionen. Im Ergebnis erfuhren die Baukörper eine Streckung, sodass die rechteckigen Grundrisse der zwei Wohngebäude im Verhältnis 1:5 beziehungsweise 1:4 umgesetzt wurden. Das ermöglichte viele Fenster mit hohem Flächenanteil. Ausblicke auf die reizvolle Schären-Kulisse rückten ins Zentrum der Planung, nicht zuletzt, weil die Sorge um die eigene Privatsphäre bei einer abgelegenen Insel vernachlässigt werden kann.

Die Vorteile länglicher Grundrisse

Erklärtes Ziel der beiden Designer war, die Bauten möglichst klein und kompakt zu halten, ohne dabei Einbußen hinsichtlich der Funktionalität oder der Wohnqualität hinnehmen zu müssen. Die beiden Gebäude kommen so auf gerade einmal 70 Quadratmeter Fläche. Errichtet wurden sie auf einem hölzernen Podest, das die Unebenheiten des Felsenuntergrundes ausgleicht und als Terrasse genutzt wird. Die gestreckte Form eignet sich dazu, die Holzhäuser in gut voneinander trennbare Zonen zu unterteilen. So können etwa an einem Ende der nur 45 Quadratmeter großen Wohneinheit die Erwachsenen gesellig in der Sauna sitzen, während die Kinder am anderen Ende bereits schlafen. Die Sauna wird vom Wohnbereich und der Küche durch eine überdachte Außenküche mit Essbereich getrennt. Eine Schlafempore befindet sich über der Küche. Ein ebenerdiges Schlafzimmer kommt hinzu.

Nachhaltiger Selbstversorger

Das kleinere Werkstattgebäude beherbergt auf seinen 25 Quadratmetern neben dem Arbeitsraum ein Materiallager sowie einen kleinen Technikraum am gegenüberliegenden Ende. Auch im hier ist zwischen den Räumlichkeiten ein überdachter Außenbereich angesiedelt, der es ermöglicht, die Arbeitstische nach außen zu vergrößern, um an größeren Maschinen zu arbeiten. Das Leben auf der Insel ist nachhaltig gestaltet: So versorgen sich die Bewohner selbst, indem über Solarpanele Strom erzeugt und das Trinkwasser aus gefiltertem Meerwasser aufbereitet wird. Im Technikraum ist dafür ein Wasser-Filter-Systen mit 300-Liter-Tank zu finden sowie die Solarspeicheranlage und ein Stromgenerator. Die durchdachte Haustechnik soll auf der Insel einen Wohnstandard ohne Abstriche ermöglichen: Eine moderne Küche ist ebenso vorhanden wie Toilettenspülungen und fließendes Wasser. Über den Saunaofen wird nicht nur das warme Wasser erzeugt, sondern auch bei Bedarf der Boden des Wohngebäudes geheizt.

Dach: Auf die Neigung kommt es an

Für das Dach griff man auf die in den Schären sowohl für Wohnhäuser als auch für Schuppen und andere Nutzbauten übliche Form des Satteldaches, das dort meist zwischen 20 und 45 Grad geneigt umgesetzt wird. Beim Projekt Ö wählte man eine Dachneigung von 35 Grad. Da in dem relativ milden Klima der Inselregion nicht viel Schnee fällt, es aber häufiger regnet, reicht diese Neigung aus, um der Witterung auch im Winter zu trotzen. Außerdem lässt sie das Dach des Gebäudes optisch nicht so dominant in Erscheinung treten wie bei einem steileren Neigungswinkel.

Im Gegensatz zu den meisten Projekten moderner Hüttenarchitektur in der Archipelregion setzte man hier nicht auf einen nahtlosen Übergang zwischen Wand und Dach. Ein Dach ohne Überstand wertet Hautamaki als architektonischen Trend, der nicht nur recht fehleranfällig ist, was die Ableitung des Regenwassers und den Schutz vor Feuchtigkeit anbelangt, sondern auch durch die aufwendigere Konstruktion zur Wasserableitung höhere Kosten beinhaltet.

Dementsprechend fiel die Entscheidung zugunsten eines Dachüberstands mit Dachrinnen, wobei allerdings darauf geachtet wurde, dass der Überstand im Verhältnis zum Rest des Gebäudes nicht zu groß ausfiel. Die Dachrinnen entwässern frei zu den beiden Enden und sind weit über die Dachkante herausgezogen. So geben sie Dach und Gebäude einen markanten Abschluss, der die Horizontale des Entwurfs unterstreicht.
 
Dachaufbau (von außen nach innen):

  • Dachpappe
  • Schalung
  • Sparren mit Vollsparrendämmung
  • Funierplatte sichtbar

Bautafel

Architektur und Bauherrschaft: Aleksi Hautamaki und Milla Selkimaki, Oslo 
Standort: Kemiönsaari, Finnland
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: Archmospheres (Marc Goodwin & Cecilia Galera), Helsinki

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