Sharifi-ha House in Teheran

KNX-System zur Steuerung von Licht und Fassade

Ein Haus, das sich im Handumdrehen den Bedürfnissen seiner Bewohner anpassen und räumlich erweitern lässt? Das Sharifi-ha House im Herzen Teherans macht’s möglich. Es verfügt über drei holzverkleidete Quader, die sich unabhängig voneinander um 90 Grad aus der Fassade herausdrehen lassen. Haben sie ihre Endposition erreicht, kragen sie rund drei Meter aus der Fassadenebene heraus und erweitern den Wohnraum um jeweils knapp 20 Quadratmeter pro Box. So ändert sich nicht nur das Aussehen des Gebäudes, sondern auch sein Innenleben. Geplant wurde das außergewöhnliche, sehr weiträumige und technisch ausgefeilte Wohnhaus vom ortsansässigen Büro Nextoffice.

Die Südfassade ist die einzige Gebäudeseite mit Fenstern, zudem befinden sich hier drei holzverkleidete Quader, die sich aus der Fassadenebene herausdrehen lassen
Sind die jeweils 20 Quadratmeter großen Quader vollständig gedreht, kragen sie rund drei Meter aus
Die Drehung: Liegen die Quader in der Fassade, sind die Fenster nicht sichtbar

Bei ihrem Entwurf ließen sich die Architekten von den traditionellen iranischen Herrenhäusern inspirieren, die aufgrund der jahreszeitlich bedingten Klimaverhältnisse häufig mit zwei Wohnzimmern ausgestattet waren: eins für den Winter (Zemestan Neshin) und eins für den Sommer (Taabestan Neshin). Die Planer griffen diese Tradition auf, übersetzen sie aber in eine moderne Formensprache: Im Winter liegen die Quader in der Fassade und schließen diese zu großen Teilen. Im Sommer herausgedreht, werden die dahinterliegenden Verglasungen sichtbar und die entstandenen Freiräume als Loggia genutzt.

Auf einer Grundfläche von knapp 11 auf 33 Meter zwischen zwei Bestandsbauten errichtet, nimmt der Massivbau mit seinen fünf Obergeschossen Höhe und Bauflucht der Nachbarhäuser auf. Einzig seine schmale Südfront ist mit Öffnungen versehen – hier befinden sich auch die drei Quader. Der Zugang erfolgt über den deutlich zurückspringenden Eingang im Erdgeschoss. Daneben liegt eine kleine Personalwohnung mit zwei Zimmern, die zusammen mit den rückseitig angeordneten Lager- und Nebenräumen die große Garage mit drei Pkw-Stellplätzen einfasst.

Im ersten Obergeschoss befinden sich Küche, Ess- und Wohnzimmer sowie das in einem Quader untergebrachte Frühstückszimmer. Ein doppelgeschossiger Luftraum stellt die Verbindung zum darüberliegenden Heimkino mit kleiner angeschlossener Küche her. Auf der gegenüberliegenden Seite beherbergt der Quader ein Gästezimmer. Ein Stockwerk höher nimmt eine andere Box das Arbeitszimmer auf, das mit einem weiteren Koch- und Essbereich verbunden ist. Dahinter liegt das elterliche Schlafzimmer mit angeschlossenem Bad. Im vierten, zurückversetzten Obergeschoss haben die drei Kinder ihre Zimmer sowie einen zentralen Wohnraum. Ein großes Dachfenster und geschickt platzierte Deckendurchbrüche funktionieren wie ein Atrium und verteilen das von oben einfallende Tageslicht über alle Etagen hinweg bis ins erste Obergeschoss. Auch die beiden Untergeschosse werden über ein Oberlicht mit Tageslicht versorgt. Sie sind den Freizeitaktivitäten der Familie vorbehalten – neben einem Billardtisch und diversen Fitnessgeräten gibt es ein kleines Schwimmbad, einen Jacuzzi sowie eine Sauna.

Elektro
Ist es den Bewohnern dennoch zu dunkel, sorgt ein ausgeklügeltes Lichtkonzept mit LED-Downlights und -strahlern sowie Hänge- und Deckenleuchten für eine optimale Ausleuchtung auch der tiefer im Gebäude liegenden Bereiche. Die übergeordnete Steuerung der gesamten Gebäudetechnik einschließlich der Lichttechnik erfolgt über ein KNX-System. In der Steuerungssoftware sind verschiedene Beleuchtungsszenarien hinterlegt, die u.a. auf die verschiedenen Jahreszeiten angepasst sind und sich auf Knopfdruck abrufen lassen.

Die beweglichen Quader sind ebenfalls in das KNX-System eingebunden. Angetrieben werden sie über speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS), die speziell für dieses Projekt entwickelt wurden und prinzipiell wie Drehbühnen funktionieren. Mithilfe dieser Sonderausführung können die Raumelemente in Stahlskelettbauweise eine Drehung von 90 Grad vollführen. Dafür wurden die Elemente an den festgelegten Drehachsen auf Kugeldrehkränzen gelagert und jeweils oben in einem Gleitlager geführt.

Vor jedem Drehen sorgen pneumatische Dichtleisten für eine Abdichtung der Räume nach außen. Sie werden mit einem Kompressor aufgeblasen bzw. vakuumiert, der im schallgedämmten Technikgeschoss auf dem Dach des Gebäudes untergebracht ist. Außerdem werden Fußbodenbereiche sowie Brüstungsgeländer, die während des Schwenkvorganges mit den Elementen kollidieren würden, entsprechend versenkt bzw. verschoben. Der geräuscharme, umrichtergesteuerte Getriebemotor mit großer Übersetzung (Elektrospindelantrieb) und einer Leistung von 1,1 kW bewältigt die 90-Grad-Drehung in knapp 20 Sekunden. Rechnet man die Schwenkzeit der Geländer, das Aufblasen bzw. Vakuumieren der Dichtleisten sowie das Absenken des Hubtisches für das Freihalten des inneren Schwenkbereichs mit dazu, benötigt der Vorgang für das Aus- bzw. Eindrehen der Quader etwa zwei Minuten.

Absolutwertgeber sichern die Position und gewährleisten, dass die gewünschte Stellung der Wohnboxen auch erreicht wird. Die hochflexiblen Leitungen für die Stromversorgung und Signalübertragung werden mithilfe einer beweglichen Schleppkettenleitung in die Raumelemente geführt. Über ein KNX-Touchpanel können die Bewohner sowohl die Drehungen der Quader als auch sämtliche Leuchtmittel ansteuern und überwachen. Um Unfälle zu vermeiden, müssen die Bewohner bei jeder Drehung zusätzlich den Totmannschalter betätigen.

Bautafel

Architekt: nextoffice – Studio of Architectural Research & Design (Teheran)
Projektbeteiligte:
Imen Sazeh Fadak (Bau), Shahnaz Goharbakhsh, Alireza Taghaboni (Bauüberwachung), Sohrab Falahi (Struktur Design), Hoofar Esmaeili (Mechanik), Mohammad Torkamani (Elektrotechnik), Bumat Bewegungssysteme, Hockenheim (Dreh- und Bewegungssystem)
Bauherr:
Mojgan Zare Nayeri, Farshad Sharifi Nikabadi
Fertigstellung: 2013
Standort:
Darrous, Teheran
Bildnachweis: Parham Taghioff, Salar Motahari und Majid Jahangiri für nextoffice, Teheran und Bumat Bewegungssysteme, Hockenheim

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