Seona Reid Building in Glasgow

Hinterlüftete Fassade aus geätzten Glaselementen

Vis-à-vis eines prominenten Nachbarn zu bauen, ist sicher keine leichte Aufgabe. Der Nachbar ist in diesem Fall das Hauptgebäude der Glasgow School of Art, das 1909 nach einem Entwurf von Charles Rennie Mackintosh entstand und als Meisterwerk des schottischen Jugendstils gilt. Ihm direkt gegenüber hat Steven Holl einen Neubau für die 800 Studenten der Design-Fakultät geplant, nachdem sein Büro den zuvor ausgelobten Wettbewerb gewonnen hatte. Zusammen mit JM Architects aus Glasgow und den Ingenieuren von Arup haben die Architekten einen funktionalen Neubau geschaffen, der sich nicht hinter der berühmten Kunsthochschule versteckt, sondern diese zeitgenössisch und sehr selbstbewusst ergänzt.

Das Fakultätsgebäude ist nach der ehemaligen Direktorin Seona Reid benannt
Die hinterlüftete Fassade besteht aus satiniertem Verbundsicherheitsglas
Funktional und zeitgenössisch ergänzt der Neubau das prominente Nachbargebäude

Das nach der ehemaligen Akademiedirektorin Seona Reid genannte Gebäude zeigt sich von außen nüchtern, im Inneren ausgeklügelt. Seine Fassade besteht aus grünstichigen Glaselementen unterschiedlicher Transparenz und Transluzenz, hinter denen sich die innere massive Betonkonstruktion verbirgt. Mit ihrer glatten Oberfläche, die nur von wenigen Öffnungen unterbrochen wird, bildet sie einen deutlichen Kontrapunkt zur roten Sandsteinfassade des Mackintosh-Baus.

Was von außen so schlicht erscheint, entpuppt sich im Gebäudeinneren als äußerst komplexes Raumgefüge. Hervorzuheben sind vor allem die Erschließung, die mit einem Netzwerk aus Treppen und Rampen das siebengeschossige Bauwerk durchzieht sowie die Belichtung über drei trichterförmige Lichtschächte. Letztere sind nach Süden leicht geneigt und durchdringen das Gebäude über die gesamte Höhe. So erhalten auch die tiefer liegenden Räume ausreichend Tageslicht. Der Durchmesser dieser Leerräume beträgt bis zu sechs Meter und unterstützt zusätzlich die Luftzirkulation. Innenräume mit hohen Anforderungen an die Lichtqualität, wie etwa die Ateliers, sind entlang der Nordfassade angeordnet; Büros, Präsentationsräume und die Mensa dagegen erstrecken sich über die Südseite.

Glas
Die vorgehängte, hinterlüftete Fassade besteht aus Verbundsicherheitsglas mit einer äußeren Scheibe aus satiniertem Einscheibensicherheitsglas. Die übliche Abmessung der insgesamt rund 800 Scheiben beträgt 1,35 x 2,70 Meter. Die Satinierung wurde im Mattätzverfahren mit Flusssäure hergestellt. Mit diesem Verfahren werden Spiegelungen und Reflexionen auf der Glasoberfläche sicher unterbunden. Dies war notwendig, da sich das Nachbargebäude auf keinen Fall in der Fassade spiegeln sollte. Die Befestigung der Glaselemente an der Unterkonstruktion erfolgte mittels Hinterschnittankern. Der Grünstich der Verglasung resultiert aus Eisenoxiden, welche in der Glasschmelze von Kalk-Natron-Silikatglas vorhanden sind.

In transparenten Bereichen, wie beispielsweise der Mensa, ist die Fassade als stählerne Pfosten-Riegel-Konstruktion ausgebildet. Die Verglasung besteht hier aus Zweifach-Isoliergläsern mit folgendem Aufbau: 10 mm ESG / 16 mm SZR / 10 mm VSG. In den Innenräumen kam satiniertes Glas als absturzsichernde Geländerkonstruktion an Treppen, Rampen und Galerien zum Einsatz. Die Befestigung der teils gerundeten Scheiben erfolgte mittels Einspannung.

Bautafel

Architekt: Steven Holl Architects, New York City und JM Architects, Glasgow (Projektarchitekten)
Projektbeteiligte:
Ove Arup & Partners, London (Tragwerksplanung); Turner & Townsend, Glasgow (Projekt- und Kostenplanung); Sir Robert McAlpine, Hemel Hempstead (Generalunternehmer); Michael Van Valkenburgh and Associates, New York (Landschaftsarchitekten); Bauder, Stuttgart (Bedachung); Deko, Taatsrup (Glasinnenwände); Jansen, Oberriet (Fassaden); Schüco, Bielefeld (Hersteller Pfosten-Riegel-Fassade); Dane Architetural Systems, Newcastle upon Tyne (Ätzglasfassaden)
Bauherr: The Glasgow School of Art, Glasgow
Fertigstellung: 2014
Standort: 167 Renfrew St, Glasgow
Bildnachweis: Iwan Baan, Amsterdam; Steven Holl Architects, New York City

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