Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen

Vereinzelungsanlage mit Zutrittskontrolle

Rund 75 Richterinnen und Richter sind hier tätig, um Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesbehörden zu beurteilen, in gewissen Sachbereichen kantonale Entscheide der Eidgenossenschaft zu überprüfen und vereinzelt in Klageverfahren zu urteilen – mit Sitz in St. Gallen ist das Schweizerische Bundesverwaltungsgericht das größte eidgenössische Gericht. Der zeichenhafte Turmbau mit ausgreifendem Sockel nach Plänen von Staufer & Hasler Architekten aus Frauenfeld entstand als Ergebnis eines Wettbewerbs. Das Gebäude sollte nach den Wünschen des Auslobers, dem Kanton St. Gallen, „Justiz und Gerechtigkeit reflektieren, sowie die Vorstellung von Recht materialisieren“.

Eingangshalle: Klare Strukturen mit Tragwerk aus Sichtbeton, fein verputzten Wänden, Terrazzo und Holz
Gerichtssaal: Tageslicht gelangt über seitlich angeordnete Lichthöfe hinein
Eingangsbereich

Gelegen in der gleichnamigen, beschaulichen Stadt südlich des Bodensees, im Tal zwischen Rosen- und Freudenberg, ragt das filigran gegliederte Hochhaus mit seinen dreizehn Etagen klar hervor. Seine nach Osten ausgedehnte Basis in Form eines zweigeschossigen Riegels ist in den Hang gebettet. Dieser rahmt den Vorplatz sowie einen öffentlichen Park im Süden. Als Gerichtstrakt beinhaltet er außer der Cafeteria und Bibliothek die Gerichtssäle und Sitzungszimmer. Der Haupteingang an der Ostseite des Turms führt in die zentrale, dreigeschossige Halle, der Gerichtsflügel wird von dort über eine Wandelhalle erschlossen, die über den Vorplatz belichtet wird. Verhandlungssäle und Sitzungszimmer sind im Wechsel angeordnet und erstrecken sich jeweils über ein oder zwei Geschosse.

Die innere Organisation des Bundesverwaltungsgerichts in fünf Abteilungen (sogenannte Pools) wird am Hauptgebäude äußerlich ablesbar, wenn sich dessen Fassade oberhalb des dreigeschossigen Sockels ändert. Errichtet wurde es aus massivem Beton auf felsigem Grund. Der oberirdische Sockel umfasst die ersten drei Geschosse (mit zentraler Eingangshalle und umliegenden Büros); hier sitzen Kastenfenster in Vierergruppen bündig in der Fassade aus Sichtbeton. Darüber sind je zwei Etagen eines Pools durch Betonstützen zusammengefasst, vor den Fenstern lagern sie auf den auskragenden Sichtbetondecken. Der Querschnitt dieser Stützen weitet sich an den Innenseiten konisch, um die Zwischendecken zu tragen. Die hellen, scharfkantigen Betonelemente erzeugen eine prägnante äußere Gebäudestruktur, mit den dunklen Verglasungen und eloxierten Aluminiumprofilen im Hintergrund entstehen differenzierte Licht- und Schattenspiele.

Das Tragwerk aus Sichtbeton bleibt auch innen an Stützen und Unterzügen ablesbar, feiner Putz und Terrazzo prägen die Wände und Böden. Die präzisen, überwiegend in Grau, Weiß und Schwarz ausgeführten Strukturen und Einrichtungen erhalten dezent farbige Akzente durch Möbel und Intarsien in Braun-, Grün- und Gelbtönen (weißer Marmor im Boden der Bibliothek, Rosso Verona in der Eingangshalle, Verde Alpi in den Gerichtssälen, Giallo Mori in den Hallen der verschiedenen Pools). Für Wohnlichkeit und angenehme Akustik sorgen Schrankwände und Verkleidungen aus geöltem und geräuchertem Eichenholz.

Sicherheit
Sämtliche Mitarbeiter und Besucher betreten das Gerichtsgebäude mithilfe eines Zutrittsausweises über eine Vereinzelungsanlage. Dafür passieren die Besucher zunächst den Empfang am Eingang, wo sie selbst und ihr Gepäck überprüft werden. Das Gepäck kann ähnlich wie bei Flughafenkontrollen mit Röntgenstrahlen durchleuchtet werden, die Kontroll- und Sicherheitsmaßnahmen werden der jeweiligen Bedrohungslage angepasst. Nach einer solchen Kontrolle erhalten zugelassene Besucher einen elektronischen Ausweis, der ihnen für ein bestimmtes Zeitfenster Zutritt zu den halböffentlichen Bereichen ermöglicht – dazu gehören die Eingangshalle, die Cafeteria und der Gerichtssaaltrakt. Der Bürotrakt ist von diesen Bereichen getrennt und ausschließlich dem Personal zugänglich.

Die Gerichtssäle sind von außen nicht einsehbar und verriegelt, wenn sie nicht im Zuge einer Verhandlung belegt werden. Tageslicht gelangt in die Säle, deren Höhe sich über zwei Geschosse erstreckt, durch seitlich angeordnete Lichthöfe auf der zweiten Etage. Die Räume sind flexibel, also auch für interne Veranstaltungen nutzbar und ausgestattet mit moderner Kommunikations- und Beleuchtungstechnik. us

Bautafel

Architekten: Staufer & Hasler Architekten, Frauenfeld
Projektbeteiligte: Conzett Bronzini Gartmann, Chur (Konzeptingenieur); Bänziger Partner, St. Gallen (Ausführende Ingenieure); Rotzler Krebs Partner, Winterthur (Landschaftsarchitektur); Calorex Widmer & Partner, Wil (Haustechnik); CH Keller Design, St. Gallen (Lichtplanung)
Bauherr: Hochbauamt Kanton St. Gallen
Fertigstellung: 2011
Standort: Kreuzackerstraße 12, 9023 St. Gallen
Bildnachweis: © Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, St. Gallen

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