Schweizer Expo-Pavillon 2020 in Dubai

Konsequente Prozessplanung und Kollaboration

Den Schweizer Pavillon auf der Weltausstellung Expo 2020 in Dubai, die nach derzeitigem Planungsstand im Oktober dieses Jahres eröffnet werden soll, entwarf das Schweizer Architekturbüro OOS. Unter dem Thema „Connecting Minds, Creating the Future“ präsentiert sich damit die Schweiz auf dem im Südwesten des Landes gelegenen Ausstellungsgelände.

Das Gebäude ist mit BIM geplant. Das Architekturmodell, das Bauingenieurmodell und das TGA-Fachmodell sind in der Visualisierung überblendet.
In der Visualisierung wird die Konstruktion sichtbar. Der Pavillon zeichnet sich durch seinen extrem hohen Vorfertigungsgrad aus. Über 75 Prozent des Gebäudes sollen im Anschluss an die Expo recycelt werden.
Kooperation und Kollaboration wurde im Projekt großgeschrieben. Das zentrale BIM-Management liegt bei OOS.

OOS konnten im Rahmen eines vorgeschalteten Wettbewerbs mit ihrem Konzept „Belles Vues" überzeugen und gingen dabei als Sieger hervor. Die umfassende Projektplanung beinhaltete verschiedene Teilplanungen; neben der Architektur zeichnet das Büro ebenso für die Innenarchitektur, die Szenografie und die Landschaftsarchitektur verantwortlich. Um diese umfassende Aufgabe umsetzen zu können, wurde ein großes, interdisziplinäres Planungsteam zusammengestellt.

Nachhaltige Entwurfsidee

Der expressive Entwurf präsentiert sich als eine auf dem Kopf stehende Pyramide, die mit ihrer Konstruktion aus Stahlelementen und textilen Oberflächen mit dem Motiv des Beduinenzelts spielt. Die Verknüpfung von Golfregion und Ausstellerland Schweiz wird durch einen weitflächigen roten Teppich im Eingangsbereich mit Schweizer Kreuz verstärkt: Durch dessen Spiegelung in der Fassade des stilisierten Beduinenzelts, direkt über dem zentralen Eingang, soll der Pavillon auf dem Expo-Gelände weithin sichtbar sein. Er zeichnet sich durch einen extrem hohen Vorfertigungsgrad aus, der sich im Einsatz digitaler Planungs- und Fertigungsmethoden manifestiert. Hinzu kommt, dass 75 Prozent des Gebäudes recycelt werden sollen, was bereits bei der Planung zu berücksichtigen war.

Konsequente BIM-Planung

Speziell für große Teams, die sich aus verschiedenen Spezialisten zusammensetzen, kann der Einsatz von BIM besonders sinnvoll sein. OOS planten aus diesem Grund mit der Open-BIM-Methode und konnten so die Zusammenarbeit und Kollaboration im Projekt grundlegend unterstützen. Architektinnen und Architekten sowie Fachplanern und Fachplanerinnen war es dadurch möglich, im gesamten Projekt mit ihrer eigenen vorhandenen Planungssoftware zu arbeiten. Der Datenaustausch mit Open-BIM erfolgte vorrangig über die Schnittstelle IFC.

Im Fall des Schweizer Pavillons kamen ergänzend eine Raumdatenbank und ein spezielles Aufgabenmanagement-Tool hinzu, die alle Partner verpflichtend einsetzten. Die Fachmodelle der Planer sind in mehrere Teilmodelle aufgeteilt: Architektur (Rohbau, Fassade), Innenarchitektur (Ausbau), Bauingenieur (Rohbau, Tragwerk, Baugrube, Statik), TGA (Lüftung, Klima, Kälte, Sanitär und Elektro) sowie Spezialmodelle (Aussparung, Sperrzonen). Hinzu kommen Koordinationsmodelle für Technik, räumliche Koordination und Kosten. Das Architekturmodell ist das Referenzmodell. Vorgefertigte Bauteile lassen sich aus dem Tragwerksmodell mit allen hinterlegten Informationen in das Architekturmodell und die Datenbank übertragen. Die Architektur- und TGA-Fachmodelle wiederum werden nativ mit der Datenbank synchronisiert.

Kollaboration im Mittelpunkt

OOS waren als Generalplaner für das BIM-Management verantwortlich. Die BIM-Managerin steuerte die diversen Fachplaner im Projekt und passte dabei das BIM-Setup auf die Anforderungen in der Planung und die Bedürfnisse der einzelnen Partner an. Darüber hinaus lag die BIM- und ICT-Koordination in ihrer Hand. Hinzu kamen die TGA-Fachplaner mit ihrer Fachkoordination sowie ein spezialisiertes Ingenieurbüro für die modellbasierte BIM-Kostenplanung.

Wichtiges Element für einen möglichst reibungslosen Datenaustausch war der speziell für das Projekt entwickelte Bauteilkatalog (IDM). Im IDM sind Festlegungen über den Modellinhalt, die Form und die Verantwortlichkeiten definiert. Die Raumdatenbank ist der sogegenannte Single Point of Information, in dem die regelmäßige Neuverknüpfung von Architekturmodell und TGA-Modell die Aktualität der 3D-Planungsinformationen gewährleistet. Alle Planungspartner hatten Zugriff auf die zentrale Datenbank, jedoch nur im Rahmen des vorher festgelegten Umfangs und ihres Fachbereichs.

Konsequente Prozessplanung

Zum Projektstart wurden im BIM-Projektabwicklungsplan, im IDM und im Prozessplan gemeinsam die zuvor abgestimmten Abläufe, die Inhalts- sowie Qualitätsanforderungen fixiert. Die Kontrolle, inwieweit sich die Planungspartner an diese Vorgaben halten, war die Aufgabe von Projektmanager und BIM-Koordinatorin.

Die Prozessplanung wurde regelmäßig in Koordinationssitzungen gemeinsam mit den beteiligten Fachplanern überprüft. Hierfür entwickelte der Generalplaner eine „Prozesswand“, an der sowohl der Fortschritt im Projekt als auch die Verknüpfungen zwischen den Prozessen grafisch erfasst werden konnten. Für die Prozesswand waren alle Partner gemeinsam verantwortlich, jedes Gewerk aktualisierte dabei ständig den eigenen Planungsstrang im Gesamtprozess.

Das BIM-Management achtete insbesondere darauf, dass alle Planungsdokumente auf der gemeinsamen Plattform abgelegt wurden und so jeder stets Zugriff auf die aktuellen Planunterlagen hatte. Dokumentenversand per E-Mail, wie er oft in Planungsteams üblich ist, war nicht erlaubt: Nicht abgelegte Dokumente mit Änderungen oder Anpassungen, die nur als E-Mail in der Runde versendet wurden, galten als nicht erledigt.

Ähnlich konsequent verlief die Kommunikation innerhalb des Projekts. Alle Anfragen, zu erledigende Aufgaben, Entscheidungen und Protokolle wurden vom Projektteam mit einem zentralen Management-Tool bearbeitet. Das Projektteam nutzte hierfür eine Software-, die speziell als Aufgaben-Nachverfolgungs-Werkzeug für Themen mit und ohne Modellbezug entwickelt wurde.

Mit dieser sauber strukturierten Zusammenarbeit der Planungsbeteiligten sowie der konsequent gemeinsam genutzten Plattformen und Werkzeuge war für alle zu jeder Zeit ersichtlich, welchen Status das Bauvorhaben hat. Die Transparenz der Daten wirkte sich ebenso positiv auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit und das Wir-Gefühl im Projekt aus: Planungskonflikte sowie Fehlerpotenziale konnten stets gemeinsam lokalisiert und im Team bearbeitet werden. -tw

Bautafel

Architektur: OOS, Zürich
Projektbeteiligte: Bellprat Partner, Zürich (Ausstellungsarchitektur); Lorenz Eugster Landschaftsarchitektur und Städtebau, Zürich (Landschaftsarchitektur); Dr. Lüchinger+Meyer Bauingenieure, Zürich (Statik und Brandschutz); HHM Zürich, Zürich (Elektro); Anex Ingenieure, Zürich (Lüftungs- und Klimatechnik, Sanitärplanung); Digitalbau, Luzern (Kostenplanung); Bartenbach, Zollikon (Lichtplanung Architektur); Atelier Derrer, Zürich (Lichtplanung Ausstellung); Techniz, Stuttgart (Medienplanung); Hochschule Luzern Technik und Architektur (Gebäudeautomation); Effektschmiede, Köln (Nebelplanung); Gbanga (Millform), Zürich (Virtual Reality)
Planungswerkzeuge: Archicad (Modellerstellung AR); Revit (Modellerstellung EL/TG sowie Fachkoordination); Tekla, Rhino (Modellerstellung BI); Navisworks Manage, Revizto, Solibri Model Checker (Qualitätssicherung und interne Koordination); BimCollab, Kubus (Issue Management); BimCollab Zoom, Kubus (Modellview und Kommentar/Task-/Issue Management); Syselshare (Projektplattform)
Bauherrschaft: Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA Präsenz Schweiz PRS, Bern
Fertigstellung: 2020
Standort: Expo Road, Dubai South, Jebel Ali, Dubai, Verienigte Arabische Emirate
Bildnachweis: OOS AG, Zürich

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