Projekt MIMO der Hochschule Düsseldorf für den Solar Decathlon Europe

Suffizienz und Effizienz kombiniert

Der in den USA ins Leben gerufene Solar Decathlon (deutsch: Solarer Zehnkampf) ist ein architektonischer und energietechnischer Wettbewerb, dessen Ziel der Bau eines Hauses ist, das seinen Energiebedarf allein mit selbstproduzierter Sonnenenergie deckt. Teilnehmen können Studierendenteams aus aller Welt. Auch wenn zwar jedes Mal ein Siegerprojekt gekürt wird, steht weniger der Wettkampf, als vielmehr die Forschung der teilnehmenden Hochschulen im Mittelpunkt. 2021/22 fand die europäische Version des Wettbewerbs erstmals in Deutschland, genauer gesagt in Wuppertal statt. Insgesamt 16 Hochschulteams nahmen teil, darunter auch eines der Hochschule Düsseldorf. Mit ihrem Projekt MIMO (für: Minimal Impact – Maximal Output) hat das Team ein Bauwerk entwickelt, das viel Licht für die Innenräume bereithält und durch suffiziente wie effiziente Maßnahmen, die intelligent ineinandergreifen, wenig Energie benötigt.

Das Projekt MIMO (für: Minimal Impact – Maximal Output) des Teams der Hochschule Düsseldorf ist eigentlich als Aufstockung des nicht weit vom Wettbewerbsgelände entfernten Café Ada geplant.
In der Klimahülle entsteht durch die Schachtelung der privaten Wohnmodule ein großer, doppelgeschossiger Gemeinschaftsbereich.
Im Gemeinschaftsbereich findet sich auch eine Küchenzeile zum gemeinsamen Kochen.

Aufgabe war es, auf dem vorgegebenen 18 x 18 Meter großen Baufeld einen Baukörper von maximal 10 x 10 Metern mit einer Höhe von maximal sieben Metern zu errichten. Das Team der Hochschule Düsseldorf entwarf eine Aufstockung für das Café Ada, eine Kulturinstitution am Nordrand der Wuppertaler Innenstadt, nicht weit vom Wettbewerbsgelände entfernt. Das Eckgebäude wirkt wie ein zweistöckiger Bauwerksstumpf, hinter der Attika lugt ein dreifaches Sheddach hervor. Für diese bauliche Basis hat das Team einen Holzbau entwickelt, der aus zwei Wohnmodulen, einem TGA-Modul sowie einer raumbildenden Klimahülle besteht. Die Ausstellung der Aufstockung im Wettbewerb fand natürlich ohne den Bestandsbau statt. Die auf das nötigste reduzierten Wohnmodule und das TGA-Modul sind über zwei Ebenen L-förmig und nach dem Haus-im-Haus-Prinzip innerhalb der Klimahülle angeordnet. Zwischen den Modulen entsteht somit ein doppelgeschossiger Gemeinschaftsraum, der von den Bewohnenden multifunktional genutzt werden kann. Die vielen Fensterflächen sorgen dafür, dass er lichtdurchflutet ist. Beide Wohnmodule verfügen jeweils über Bad und Küche sowie flexibel nutzbare Wohnräume. Dieses innenräumliche Grundprinzip ist jedoch in verschiedenen, bedarfsabhängigen Konfigurationen denk- und baubar.


Vollständige Rückbaubarkeit

Wichtig war dem Team MIMO zunächst die Materialität. Die Module basieren auf massiven, leimfreien Vollholz-Wand- und Deckenelementen, die vorgefertigt zum Solar Campus transportiert wurden. Die nur 12 und 18 cm starken Wände der Wohnmodule sind mit lediglich verschraubten Korkplatten verkleidet, sodass sie eine leichte Wärme- und Schalldämmeigenschaft besitzen. Neben leimfreiem Holz und unbehandeltem Kork ist Lehm der wichtigste Naturbaustoff im Projekt. So besteht die große Nordwand aus Lehmsteinen, die als thermische Speichermasse und Schallabsorber wirken. Die Badkerne sind innen wie außen vollflächig mit Lehm verputzt, um die Fähigkeiten zur Wärmespeicherung und Feuchteregulierung des Baustoffs zu nutzen. Der Verzicht auf Leim, Kleber und Silikone war besonders im Bad eine Herausforderung. Deshalb sind hier im Boden etwa eingefräste Ablaufrillen angeordnet, die in eine Rinne aus Holz münden. Die Dusche ist durch einen kreisförmig aufgehängten Vorhang von der Lehmwand getrennt. Die übliche Bauabdichtung, die sich bei herkömmlichen Bauten von den anderen Komponenten in der Regel nicht mehr trennen lässt, wurde durch rezyklierte Folie ersetzt, die im Wandbereich lediglich hinter den Lehmbauplatten mechanisch fixiert ist.

Multifunktionale Gebäudehülle

Die passiven und auf Suffizienz ausgerichteten baulichen Lösungen werden durch möglichst effiziente TGA-Lösungen ergänzt. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Klimahülle, die über großflächige, öffenbare Dachfenster und Glas-Lamellen in der Fassade einen thermischen Pufferraum begrenzt. Dieser natürlich be- und entlüftete sowie passiv gekühlte Gemeinschaftsraum besitzt eine Raumtemperaturspanne zwischen 15 und 35 °C, die großen Fensterflächen sorgen dabei für solare Wärmegewinne. Erst bei geringen Außentemperaturen springt eine Fußbodenheizung ein. In die hinsichtlich der Ein- und Ausblicke sowie des Energieertrags und des Lichteinfalls parametrisch abgestimmten Fenster eingebettet sind Solarzellen, die gleichzeitig für Stromertrag und Verschattung sorgen. Ein sensorbasiertes Managementsystem steuert die Öffnung der transparenten Fassadenelemente, wobei Parameter wie die Verschattung der Photovoltaikmodule, die Innenraumtemperatur, die Luftfeuchte und die CO2-Belastung einfließen.


Das Dach ist mit einer Dämmschicht aus Biomasse, Recyclingmaterialresten und Muschelkalk versehen und weist eine Wärmeleitfähigkeit von 0,024 W/mK und einen U-Wert von 0,102 W/m²K auf. Eine extensive Dachbegrünung sorgt für zusätzliche Wärmereflexion und UV-Strahlungssicherheit. Die opaken Sandwich-Fassadenelemente erreichen durch dampfdicht verbaute, rezyklierte Mineralwolle ebenfalls gute Dämmeigenschaften mit einem U-Wert von 0,156 W/m²K. Ein kleiner Teil ist hier zu Testzwecken mit einer Dämmung aus Pilzmyzel versehen. So erreicht das Planungsteam einen Gesamtenergiedurchlassgrad in der Fassade von 0,16. Die privaten Wohnräume hinter der zweiten thermischen Schicht sind mit Wandheizungen in den Badkernwänden sowie einer mechanischen Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ausgestattet.

TGA-Modul mit Energiemanagement

Das Technikmodul beherbergt sämtliche Systeme für die Energieversorgung und das Management. Wichtigster Teil ist hier das an der Hochschule Düsseldorf entwickelte energieBUS-System, das alle dafür nutzbaren Haushaltsgeräte in Sinne des Gemeinschaftsprinzips über eine intelligente Wärmeverteilung mit zentralen Wärmespeichern und einer Wärmepumpe samt Eisspeicher koppelt. Während also Wärme auf einem niedrigen Temperaturniveau etwa den Kühlschränken entzogen wird, wird sie über die Wärmepumpe für die Wärmeverbraucher auf einem höheren Temperaturniveau verfügbar gemacht. Waschmaschine, Trockner oder Gefrierschränke werden dazu zentral aufgestellt, sodass sie sinnvoll verbunden werden können. Im Technikmodul befindet sich außerdem ein Batteriespeicher für den Strom aus den Solaranlagen. Neben den reduzierten Anschaffungskosten durch gemeinschaftliche Nutzungen (Suffizienz) hat das MIMO-Team aus 18 Professor*innen, zwölf wissenschaftlichen Mitarbeitenden und 67 Studierenden Stromeinsparungen von rund dreißig Prozent im Gesamtsystem (Effizienz) erreicht und so den zuvor definierten Leitgedanken „Minimal Impact – Maximum Output“ konsequent und vielfältig umgesetzt.  -tg

Bautafel

Architektur: Team MIMO, Hochschule Düsseldorf, Prof. Dennis Mueller
Projektbeteiligte: Team MIMO, Prof. Dr.-Ing. Eike Musall, Prof. Dipl.-Ing. Christoph Ackermann, Prof. Ing. Peter Andres, Franz Klein-Wiele (Bauphysik, TGA, Tragwerk, (Tages-)Licht, Holzbau, Innenausbau); Zibell Willner & Partner, Köln (Beratung TGA); BPK Fire Saftey Consultants, Düsseldorf (Beratung Brandschutz)
Fertigstellung: 2022
Standort: Miker Straße 48, 42105 Wupperal
Bildnachweis: Marvin Hillebrand; Team MIMO, Hochschule Düsseldorf

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