Probesäle in goldener Hülle

Ausgewogene Balance für Orchester und Publikum

Blechbläser, Holzbläser und Schlagwerk gehören zu einem sinfonischen Blasorchester. Zwischen 40 und 140 Musikerinnen und Musiker kann ein Ensemble zählen. Bei Konzerten und Proben sind zwei Aspekte besonders wichtig: Ein guter Klang für das Publikum im Saal und das gegenseitige Hören der Orchestermitglieder auf der Bühne. Da zudem die Lautstärke beim gemeinsamen Aufspielen von Trompete, Flöte, Pauke und Co. hoch sein kann, ist neben der Raumakustik auch auf eine bauliche Entkopplung zu achten. Ein gelungenes Beispiel für eine musikalische Aufführungs- und Übungsstätte hat seinen Standort auf dem Musik Campus der Waldkaserne in Hilden. Bis zu 140 angehende Orchestermusiker der Bundeswehr werden hier je vier Jahre lang ausgebildet. Hinter einer goldenen Hülle befinden sich ein großer Probesaal, ein Kammermusiksaal und ein Tonstudio.

Im großen Konzert- und Probesaal wird durch die Kombination aus schallabsorbierenden und -reflektierenden Flächen eine gleichmäßige Schallverteilung erreicht.
Gebogene Deckensegel unterstützen das gegenseitige Hören der Musiker.
Im Kammermusiksaal wurde eine längere Nachhallzeit und energetisch optimierte Schalllenkung realisiert.

Bau- und raumakustische Lösungen

Der Campus gliedert sich in drei Teile: ein Unterkunftsgebäude, ein Ausbildungsgebäude und der zentrale Proben- und Konzertbau. Entworfen haben die Bauten HKS Architekten im Auftrag des Bau-und Liegenschaftbetriebes NRW. Die Wohn- und Schulungsräume befinden sich jeweils in zwei L-förmigen Klinkerbauten, die in ihrer Mitte einen geschützten Innenhof bilden. Dort ist der Probesaal positioniert, der sich sowohl durch seine metallische, goldfarbene Außenhaut als auch seine dynamische Form deutlich von seinen Nachbarbauten abhebt. Der eingeschossige Bau hat einen polygonalen Grundriss und ein geneigtes, mehrfach gefaltetes Dach. Nicht allein aus konzeptionellen Gründen fiel die Wahl der Planer auf drei voneinander abgekoppelte Gebäudeteile. Da während des Betriebs mit hohen Geräuschpegeln gerechnet werden muss, sollte die Schallübertragung durch die physische Trennung vermieden werden. Die Beratung und Planung der Raumakustik, des Schallschutzes und der Bauphysik wie baulichen Wärmeschutz wurde von Graner und Partner Ingenieuren durchgeführt.

Durchdachte Gestaltung reduziert Schallübertragung

Der Bau ist in einen großen Konzert- und Probesaal sowie einen kleineren Kammermusiksaal unterteilt. Die Aufgabe der Planer bestand auch darin, die Schallübertragung zwischen den Räumen, die teils mit hohen Pegeln unter anderem der Blechbläser und Schlagzeuger genutzt werden, zu vermeiden. Die beiden Säle wurden bereits während der Grundrissplanung der Größe des Orchesters entsprechend dimensioniert, da die Nachhallzeit maßgeblich vom Raumvolumen abhängig ist. Bei beiden Sälen trägt die Dachform zu einer guten klanglichen Durchmischung bei, jedoch waren weitere Maßnahmen erforderlich, um akustische Asymmetrien im Bereich der Decke zu vermeiden.

Lochplatten, mikroperforierte Holzpaneele und Deckensegel

Ziel war, im neuen Probesaal eine angenehme Lautstärke einzuhalten, den Raumklang jedoch zu erhalten und das gegenseitige Hören zu unterstützen. Durch die Mischung aus 40 Prozent schallabsorbierenden Flächen und 60 Prozent schallreflektierenden Flächen in Decke und Wänden sowie den bewegten Dachverlauf des Kubus konnte eine gleichmäßige und störungsfreie Schallenergieverteilung in beiden Sälen erreicht werden. Zur Absorption kommen an der Decke Lochplatten aus Gipskarton zum Einsatz. Die Wände sind mit mikroperforierten Holzpaneelen verkleidet. Über der Bühne unterstützen 15 Deckensegel das gegenseitige Hören der Musiker. Mithilfe von schallstreuenden Diffusoren und flexibel einsetzbaren Vorhängen kann der Raumklang zusätzlich optimiert werden.

Für den benachbarten Kammermusiksaal galt es, durch Realisierung einer etwas längeren Nachhallzeit und energetisch optimierter Schalllenkung eine in erster Linie optimale Umgebung für eine kammermusiksaalähnliche Nutzung zu schaffen. Bei beiden Sälen konnte eine Raumaksutik geschaffen werden, die gleichermaßen für die Musiker und Musikerinnen gut ist, eine ausgewogene Balance zwischen den Instrumentengruppen erreicht und auch im Zuschauerraum gut ankommt.

Tonstudio

Besondere Anforderungen an Schallschutz und Raumakustik resultierten des Weiteren aus dem zwischen den Probesälen gelegenen Tonstudio. Gewachsen aus der ursprünglichen Planung eines einfacheren Aufnahmeraumes, sollte der noch vorhandene Platz optimal genutzt und die gegebenen Einschränkungen aufgrund bereits fixierter Wandverläufe berücksichtigt werden. -si

Planung: Graner + Partner Ingenieure, Bergisch Gladbach, und HKS Architekten, Aachen

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Haus der Chöre in Frankfurt a. M., Architekt: Wolfgang Ott, Kronberg

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