Präzisionslabor in Stuttgart-Büsnau

Abgeschirmte Boxen in kräftigen Farben für störungsfreie Experimente

Westlich von Stuttgart, noch hinter dem Pfaffenwald, liegt der Campus des Max-Planck-Institutes als Teil der kleinen Gemeinde Büsnau. Zur Erweiterung des dortigen Instituts für Festkörperforschung planten Hammeskrause Architekten aus Stuttgart einen Neubau mit störungsfreien Laboren für Experimente im Nanobereich. Hier werden die elektrischen, mechanischen und magnetischen Eigenschaften von Festkörpern anhand einzelner Atome, Moleküle oder künstlicher Quantenstrukturen untersucht.

Das Gebäude setzt sich aus zwei Baukörpern zusammen: ein zweigeschossiger Riegel mit Büros und Werkstätten umfasst die etwas höhere, monolithisch wirkende Versuchshalle an zwei Seiten
Blick in die Versuchshalle: sie bietet Raum für elf Einzellabore in Form von eingestellten, farbigen Boxen
Die Oberflächen der Boxen sind in kräftigem Lila, Blau, Gelb und Grün gestaltet

Das Gebäude bildet den südlichen Zipfel des Ensembles auf dem Institutsgelände, das von Wäldern und Wiesen umgeben und auch vom Stuttgarter Vorort Büsnau durch Grünflächen getrennt ist. Es setzt sich aus zwei Baukörpern zusammen: Ein zweigeschossiger Riegel mit Büros und Werkstätten umfasst die etwas höhere, monolithisch wirkende Versuchshalle an zwei Seiten. Diese bietet Raum für elf Einzellabore in Form von eingestellten, farbigen Boxen; angegliedert ist ein separat erschlossener Technikbereich.

Der Zugang liegt an der Nordseite des Bürotraktes, dessen Fassade sich mit horizontalen Fensterbändern am umgebenden Bestand der 1970er Jahre orientiert. Vom Hallenbaukörper ist er durch eine umlaufende, verglaste Fuge abgesetzt. Die Versuchshalle ist eingehüllt von vertikalen Aluminiumprofilen, die auf zwei Ebenen und in unterschiedlichen Abständen angebracht sind. Durch die Überlagerung der dicht gereihten, linearen Profile entstehen Muster, die je nach Betrachtungswinkel und Entfernung variieren. Dieser Effekt ist als Anspielung auf die Forschungsinhalte zu verstehen, bei denen es um Oberflächen und ihre Wahrnehmung durch den Menschen geht.

Sicherheit
Die Pforte des Max-Planck-Institutes ist 24 Stunden lang besetzt und schaltet im Falle eines Alarms die Polizei ein, ein Wachdienst überprüft im Abstand von drei Stunden regelmäßig das Gebäude von außen. Sämtliche Außentüren und Zugänge zur Versuchshalle sind durch eine elektronische Schließanlage gesichert; ein bestehendes System der Forschungseinrichtung wurde dafür erweitert. Für die Halle gelten darüber hinaus besondere Sicherheitsanforderungen, der Zutritt ist nur mit einem speziellen Ausweis möglich. Der Reinraum im Bürotrakt ist durch Personenschleusen gesichert.

Die Halle ist 15 Meter hoch und hat eine Grundfläche von rund 40 x 30 Meter. Jedes der darin aufgestellten, haushohen Messlabore beherbergt ein anderes wissenschaftliches Experiment. Zur klaren Unterscheidung und besseren Orientierung tragen die Boxen große Ziffern und weisen jeweils eine eigene Farbe auf. Oberflächen in kräftigem Lila, Blau, Gelb und Grün erzeugen Lebendigkeit in dem nach außen abgeschlossenen Raum, der eine störungsfreie Umgebung bieten soll. Die unteren Hälften der Boxen sind jedoch in Weiß gestaltet, damit die Proportionen angenehmer sind und die riesigen Behälter nicht ganz so mächtig wirken. Die Labore sind während der Wochen bzw. Monate andauernden Messreihen hermetisch abgeriegelt und mit besonderen Türen verschlossen. Drei der Boxen sind mit motorisch/hydraulisch betriebenen Stahlblech-Schiebetüren ausgestattet, die für eine elektromagnetische Abschirmung, akustische Schirmdämpfung und ein Vakuum im Inneren sorgen. Die Türen lassen sich jedoch von innen öffnen, um den Fluchtweg im Notfall freizugeben. Bewegungsmelder in den Laboren verhindern, dass versehentlich jemand eingeschlossen bleibt und Sensoren messen nach Beendigung eines Experiments, ob genügend Sauerstoff vorhanden ist. Sollte dies nicht der Fall sein, kann fehlender Sauerstoff zugeführt werden, bevor eine Box betreten wird.

Jedes Einzellabor steht auf einem eigenen, massiven und drei Meter dicken Fundamentblock, der zur Vermeidung von Kriech- und Wirbelströmen mit nicht leitender und nicht magnetisierbarer Glasfaser bewehrt ist. Die Fundamente ruhen auf Luftfedern zur Schwingungsentkopplung. Auf diese Weise werden die Experimente stringent gegen äußere seismische, akustische und elektromagnetische Störungen abgeschirmt. -us

Bautafel

Architekt: hammeskrause architekten, Stuttgart
Projektbeteiligte: Weiske + Partner, Stuttgart (Tragwerksplanung); F. Kirchhoff Systembau, Münsingen (Bauunternehmer); Schöck Bauteile, Baden-Baden (Glasfaserbewehrung Beton) 
Bauherr: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, München
Fertigstellung: 2012
Standort: Heisenbergstraße 7, 70569 Stuttgart-Büsnau
Bildnachweis: Hammeskrause Architekten, Stuttgart und Wolf-Dieter Gericke, Waiblingen-Beinstein

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