Neue (alte) Kommandantur - Bertelsmann-Repräsentanz in Berlin

Bossenputz in Tradition

Von der Schlossbrücke aus betrachtet, bildet das Kommandantenhaus den neuen Auftakt der Bebauung auf dem Berliner Boulevard Unter den Linden. 1656 als zweigeschossiges Palais errichtet, wurde das Gebäude mehrfach umgebaut und nach seiner Zerstörung 1945 einige Jahre später vollständig abgetragen. Das nun äußerlich rekonstruierte Haus nimmt Bezug auf die ehemalige Gebäudekubatur nach der Aufstockung um ein drittes Geschoss durch den damaligen preußischen Militärfiskus im 19. Jahrhundert. Zu jener Zeit residierte hier an dieser Stelle der Stadtkommandant Berlins.

Detail der Sockelgeschossbossen
Detail des Dachgesimms
Detail Fenster

Heute hat sich der Bertelsmann Verlag seine Berliner Repräsentanz in dem Neubau eingerichtet. Äußerlich ganz der Historie verpflichtet, täuscht das Innere des Hauses jedoch nicht über sein Entstehungsdatum hinweg. Der Kontrast zwischen dem modernen Raumverständnis einer weitgespannten Stahlbetonkonstruktion und den perfekt nachgebildeten Bossenfassaden wurde von dem Architekten Thomas van den Valentyn in seinem Haus-im-Haus-Konzept bewusst angegangen. Von der Straßenseite eigentlich nicht wahrnehmbar tritt auf der Rückseite die Idee des Licht durchfluteten repräsentativen Foyers in Form einer Stahl-Glasfassade jedoch merkwürdig zu Tage. In den Obergeschossen befinden sich die Büro-, Besprechungs- und Konferenzräume mit Blick auf das gegenüberliegende alte Zeughaus.

Fassade
Die historische Fassade des alten Kommandatenhauses wurde an Hand der Planung des Berliner Architekturbüros Stuhlemmer & Stuhlemmer wieder aufgebaut. Durch den Einsatz von Photogrammetrie konnte die hohe Genauigkeit in der Rekonstruktion erreicht werden. Der Wandaufbau besteht aus einer tragenden Stahlbetonkonstruktion, einer Kerndämmung und einer davor liegenden Mauerwerkswand, auf die ein Bossenputz aufgebracht worden ist. In Teilbereichen ist die Vormauerschale aus bauphysikalischen Gründen jedoch hinterlüftet. Der traditionell aufgebrachte Kalk-Zement-Putz (PII b) wurde mit Hilfe von Schablonen in Führungsschienen in die gewünschte Bossenform gebracht.

Alle Gesimse und Friese sind ebenfalls aus Kalk-Zement-Mörtel geformt und mit Dispersionssilikatfarbe appliziert. Aufgrund der langen Trocknungszeit und giftiger Substanzen wurde auf historische Beschichtungen aus Leinölfirnis verzichtet und stattdessen eine Dispersionssilikatfarbe gewählt, die wasserdampfdurchlässig ist. Nur sehr wenige Fertigteile aus Silikatelementen wurden an dem Neubau der Kommandantur im obersten Gesims eingesetzt. Diese sind mit einem organischen Anstrich versehen.

Bautafel

Architekten: Van den Valentyn Architektur, Köln
Projektbeteiligte: Stuhlemmer & Stuhlemmer, Berlin (Architekt der Fassadenrekonstruktion); Hartwich Mertens Ingenieure (Tragwerksplanung); K. Rogge Spezialbau, Berlin (Stuck- und Fassadenarbeiten)
Bauherr: Bertelsmann, Gütersloh
Fertigstellung: 2004
Standort: Unter den Linden 1, 10117 Berlin
Bildnachweis: Andreas Ewert, Berlin

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Fachwissen zum Thema

Tragwerksraster, Ausbauraster und Fassadenraster können anhand der Außenwände erkennbar sein und so einen Eindruck vom Inneren des Gebäudes vermitteln.

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