Museum Ritter in Waldenbuch

Museumsdach mit PV-Anlage, Solarthermie und intelligenter Dachverglasung

Quadratisch, praktisch, gut? Das Museum Ritter in Waldenbuch bei Stuttgart wurde in Form eines Natursteinbaus von Max Dudler entworfen. Marli Hoppe-Ritter, die Enkelin des Firmengründers der Alfred Ritter Schokoladenfabrik, präsentiert darin ihre Kunstsammlung.

Eine Passage teilt den Kubus, der dadurch leicht und offen wirkt
Treppenaufgang mit Lichtdecke ...
... und Ausstellungsraum im Obergeschoss mit Lichtdecke

Auf einem quadratischen Grundriss, angelegt in 44,10 m x 44,10 m, ist das 14,40 m hohe Stiftungsmuseum entstanden. Es liegt am Beginn einer weiten, mit Obstbäumen bestandenen Wiese, an deren Seiten das Gelände reich bewaldet ansteigt. Zugleich befindet es sich aber auch in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Fabrikbauten. So ergibt sich eine Gebäudeausrichtung zwischen natürlicher Landschaft einerseits und Industriearchitektur andererseits, wodurch dem Bau an diesem Übergang gleichsam eine Relaisfunktion zukommt: als ein Gebäude, das an dieser Stelle eine klare Begrenzung des Ortes Waldenbuch schafft.

In der Wahl des Materials setzt sich dies fort. Während die industriellen Bauten – etwa mit gewelltem Blech verkleidet – den Charakter des Gemachten, des Künstlichen hervorheben, leistet der Museumsbau dagegen eine gewisse Annäherung an die Natur. Der heimische Naturstein kommt hier in seinen ähsthetischen Qualitäten voll zur Geltung. Die zwölf Meter hohe, bis unter die Decke des Gebäudes reichende und an beiden Stirnseiten offene Passage mit den beiden unterschiedlichen Fluchten bildet den perspektivischen Rahmen, der die visuelle Erfahrung des Durchblicks verstärkt: Die Öffnung zum Werkgelände fällt geringer aus als jene, die sich zur Landschaft hin orientiert.

Neben den Ausstellungsbereichen des Museums bietet die funktionelle Zuordnung im Inneren Raum für einen Museums-Shop, ein Museums-Café, einen Schoko-Laden, eine Schoko-Werkstatt und die Schoko-Ausstellung der Firma Ritter. Auf dem Museumsdach ist eine fünfte Fassade entstanden, die vor allem durch den Rhythmus von offenen und geschlossenen Flächen gekennzeichnet ist.

Solares Bauen
Durch das auf dem Flachdach angeordnete Vakuumröhren-Kollektorfeld sowie 268 Photovoltaikmodule fungiert das Dach auch als Energiequelle für Solarthermie und Solarstrom.

Der größere Teil der 700 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche, die sich im Obergeschoss befindet, wird tagsüber mit Tageslicht beleuchtet. Dazu sind die dort befindlichen Ausstellungsräume mit insgesamt drei kombinierten Tages- und Kunstlichtdecken mit einer Gesamtfläche von 540 Quadratmeter ausgestattet. Das Tageslicht fällt durch die nahezu horizontale verglaste Dachebenen in das Gebäude ein und wird über Glaszwischendecken, die rund 1,70 Meter unter der Dachebene angebracht sind, in die Räume gestreut. Die einfallende Tageslichtmenge lässt sich durch elektromechanisch justierbare Sonnenschutz-Lamellen, die direkt unterhalb der Dachverglasung montiert sind, regeln.

Kunstlicht dient nur als notwendige Ergänzung. Es wird über ein System aus dimmbaren Leuchtstofflampen, die oberhalb der Lichtdecke im Deckenzwischenraum installiert sind, entsprechend dem Tageslichtangebot eingebracht.

Die unter den normalen Dachoberlichtern liegenden Glaszwischendecken bestehen aus Verbundsicherheitsglas mit einer Lage aus 4 mm starker PVB-Folie, die Lichtdecke enthält zusätzlich eine diffuse PVB-Lage. Durch diese Beschichtung wird ein besonders günstiges Verhältnis von Lichttransmissionsgrad zu Gesamtenergiedurchlassgrad g von 50/25 erreicht. Zudem eliminieren die PVB-Folien nahezu vollständig den aus konservatorischer Sicht kritischen Anteil an ultravioletter Strahlung im Tageslicht und schützen so die teilweise sehr empfindlichen Kunstexponate.

Bautafel

Architekten: Max Dudler mit Susanne Raupach, Berlin
Projektbeteiligte: Nina Barthélémy, Gesine Gummi, Andreas Enge (Mitarbeiter)
Bauherr: Marli Hoppe-Ritter-Stiftung zur Förderung der Kunst Alfred Ritter, Waldenbuch
Fertigstellung: September 2005
Standort: Alfred-Ritter-Straße 27, 71111 Waldenbuch bei Stuttgart
Bildnachweis: Max Dudler Architekt, Berlin

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