Museum Garage in Miami

Fünf Architekten und Designer gestalten ein Parkhaus

Wer kennt es nicht? Ein Abend mit Freunden, ein Blatt Papier geht herum, jeder schreibt ein Wort oder zeichnet ein Körperteil, faltet das Blatt und gibt es weiter. Das Ergebnis sind absurde Sätze, lustige Figuren oder unmögliche Tiere. Das kreative Spiel mit dem Zufall haben schon die Surrealisten praktiziert und nannten es nach einem dabei entstandenen Satzanfang „Cadavre Exquis“ – köstliche Leiche. Bei der Gestaltung des Parkhauses Museum Garage in Miamis Design District wurde das Prinzip aufgegriffen. Das Szeneviertel im Norden der US-amerikanischen Stadt ist geprägt durch einen Mix aus Shopping, Kunst und Gastronomie. 2015 hatte das Büro Iwamoto Scott mit der City View Garage hier bereits ein auffallendes Parkhaus geschaffen, dessen Fassade aus der Feder mehrerer Autoren stammt. Die Museum Garage, eine siebengeschossige Betonkonstruktion mit 800 Pkw-Stellplätzen und Einzelhandel im Erdgeschoss, entstand von 2015 bis 2018. Fünf Architekten und Designer wurden beauftragt, je einen Fassadenabschnitt zu gestalten, ohne die anderen Arbeiten zu kennen.

An der westlichen Schmalseite des Parkhauses, das die Ecke eines städtischen Baublocks einnimmt, realisierten die Architekten von WORKac aus New York den Entwurf „Ant Farm“
Inspiriert von einem Ameisenstaat, sind in die rund 1,20 Meter tiefe Fassade minimierte öffentliche Flächen integriert: Ein Garten mit Platz für zwei Palmen, eine winzige Bibliothek und ein Spielplatz sind durch Erschließungszonen untereinander verbunden
Am schwungvoll gerundeten Übergang der Ecke zur Northeast 41st Street greift der Entwurf „Hugs and Kisses“ von J. Mayer H. mit den für das Berliner Architekturbüro typischen fließenden Formen in die Ausläufer der Ant Farm über

An der westlichen Schmalseite des Parkhauses, das die Ecke eines städtischen Baublocks einnimmt, realisierten die Architekten von WORKac aus New York den Entwurf „Ant Farm“. Inspiriert von einem Ameisenstaat, sind in die rund 1,20 Meter tiefe Fassade minimierte öffentliche Flächen integriert: Ein Garten mit Platz für zwei Palmen, eine winzige Bibliothek und ein Spielplatz sind durch Erschließungszonen untereinander verbunden. Äußerlich gegliedert und teilweise verhüllt werden die in kräftigem Pink gehaltenen Funktionen durch helles, semitransparentes Metallgitter.

Am schwungvoll gerundeten Übergang der Ecke zur Northeast 41st Street wurden – trotz Cadavre-Exquis-Prinzip – offenbar Abstimmungen zum angrenzenden Fassadenabschnitt vorgenommen. Der Entwurf „Hugs and Kisses“ von J. Mayer H. greift hier mit den für das Berliner Architekturbüro typischen fließenden Formen in die Ausläufer der Ant Farm über. Einige der amöbenhaften weißen „Puzzleteile“ sind mit schwarzen, blauen und roten Streifen versehen. Fünf von ihnen sind, inspiriert durch Scheinwerfer, wie das Nachbarprojekt mit einem feinen Metallgitter überzogen und werden nachts hinterleuchtet.

„Serious Play“ nennt der französisch-japanische Künstler Nicolas Buffe sein Werk nebenan. An diesem Fassadenabschnitt prangen schwarze, mittels Lasertechnik ausgeschnittene Metallformen mit weiß linierten Zeichnungen. Vor den vier Stützpfeilern im Erdgeschoss stehen sieben Meter hohe, comicartig überformte Figuren aus schwarz-weißem Kunststoff als eine Art Karyatiden. Die Arbeit ist ein Stilmix aus Anime-, Manga- und Barockelementen.

Der nächste Entwurf mit dem Titel „Traffic Jam“ stammt vom spanischen Büro Clavel Arquitectos. An senkrechten Metallschienen wurden 45 nachgebildete Karosserien befestigt, deren Front im Wechsel himmel- oder seitwärts gerichtet ist. Die ausgewählten Autotypen mit gold- und silberfarbener Oberfläche sind im Raster angeordnet und wiederholen sich, ihre Scheinwerfer und Rücklichter leuchten bei Nacht.

Der letzte Abschnitt der nach Süden gerichteten Fassade trägt den Titel „Barricades“ und stammt vom ortsansässigen Büro K/R Keenen/Riley. In Anlehnung an die rot-weißen Absperrungen von Baustellen setzten die Architekten Lamellen mit diagonalen rot-weißen Streifen vor die Betonkonstruktion. Dazwischen ragen aus fünfzehn unterschiedlich großen rechteckigen Öffnungen graue Betonquader hervor. Büropartner Terence Riley war zudem mit dem Gesamtkonzept der Museum Garage beauftragt.

Bautafel

Architekten: Tim Haahs, Miami (Parkhaus) sowie WORKac, New York; J. Mayer H. und Partner, Berlin; Nicolas Buffe, Tokio; Clavel Arquitectos, Murcia; K/R – Keenen/Riley, Miami (Fassadengestaltung)
Projektbeteiligte:
Javier Sánchez, Miami (Projektmanagement); KVC Constructors, Miami (Bauunternehmen); Zahner, Kansas City (Metallbau); Speirs + Major, London (Lichtdesign Fassade); Entech Innovative, Rockledge (Kunststoffhersteller)
Bauherr:
Design District Associates, Miami
Fertigstellung:
2018
Standort:
NE 1st Avenue / NE 41st Street, Miami, FL 33137, USA
Bildnachweis: Miguel de Guzmán, Madrid; J. Mayer H., Berlin

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Fassadenelemente

Bekleidungselemente

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