Museum Brandhorst in München

Geothermie und Bauteilaktivierung

Changierend bunt steht das neue Museum Brandhorst inmitten von Bestandsbauten in der Münchner Maxvorstadt. Mit ihm haben die Berliner Architekten Sauerbruch Hutton ein Gebäude für die Kunst geschaffen, das selbst wie ein abstraktes Kunstwerk wirkt. In seinem Inneren werden über 700 Bilder, Skulpturen und Installationen von Künstlern wie Cy Twombly, Andy Warhol oder Joseph Beuys gezeigt, die das Unternehmerehepaar Brandhorst dem Freistaat Bayern als Dauerleihgabe überlässt..

Ein Fensterband trennt das Gebäude optisch in zwei Geschosse
Detail der Keramikfassade Je nach Ort der Betrachtung ergibt das Farbspiel der  Fassade ein neues Bild
Der Neubau musste in die enge Bestandbebauung eingepasst werden

Die Ansprüche an die Architekten waren hoch: ein Tageslichtmuseum sollte es sein, aber ohne Fenster, außerdem mit schallschluckender Fassade und das alles mit geringem Energieeinsatz. Aus diesen Anforderungen entwickelten Sauerbruch Hutton nicht nur einen funktionierenden Museumsbau, sondern erreichten durch den Einsatz ausgeklügelter Technik auch eine Verringerung des thermischen Energieeinsatzes um 50% und einen um 26% geringeren Stromverbrauch gegenüber vergleichbaren Museumsgebäuden.

Das Museum steht auf einem schmalen Grundstück von 100 x 34 m und setzt sich aus zwei Baukörpern zusammen: einem 98 m langen, 18 m breiten und 17 m hohen Langbau und einem 34 m langen, 17 m breiten und 23 m hohen Kopfbau. Wie für Ausstellungsgebäude üblich, besitzt es eine überwiegend geschlossene Gebäudehülle. Um den Anblick eines langen schmalen Kastens zu vermeiden, gestalteten die Architekten die Außenhaut mit einem spektakulären Farbenspiel. Die äußerste Schicht der Fassade besteht aus 36.000 glasierten Keramikprofilen (4 x 4 x 110 cm) in 23 verschiedenen Farben. Sie sind in drei Gruppen unterschiedlicher Farbtöne (hell-mittel-dunkel) auf drei Felder aufgeteilt. Dadurch entsteht je nach Blickwinkel ein unterschiedliches Farbenspiel. Zur mehrschichtigen Außenhaut gehört außerdem eine horizontal gefaltete, feinporige Blechhaut, die den anliegenden Verkehrslärm dämpft. Darunter ist die Wärmedämmung angeordnet. Ein durchgängiges Fensterband trennt das gesamte Museumsgebäude optisch in zwei Teile.

Im Gebäude befinden sich drei Ausstellungsebenen mit einer Fläche von insgesamt 3.200 m², die über eine skulpturale und mit Eichenholz verkleidete Treppenanlage verbunden sind. Die Geschosshöhen betragen durchschnittlich 9 m. Zwei Fahrstühle ermöglichen den barrierefreien Zugang. Die Galerien im Obergeschoss sind mit transluzenten Textildecken ausgestattet, die das Tageslicht einlassen. Wo die Tageslichtnutzung nicht möglich ist, erhellt eine Energiesparbeleuchtung die Räume. So werden hohe Wärmelasten durch die Beleuchtung vermieden.

Energiekonzept
Das Raumklima in Gemäldeausstellungen ist besonders sensibel. Die Gebäudetechnik muss die Raumtemperaturen im Sommer bei 24 °C und im Winter bei 20 °C sowie bei 50% Luftfeuchte konstant halten. Deshalb bildet der Unterhalt der Klimatechnik in Museen und Galerien einen enormen Kostenfaktor. Um die Betriebskosten im Museum Brandhorst zu minimieren, erstellten die Planer zunächst ein ökologisches Energiesparkonzept.

Für das geeignete Innenklima sorgt eine zentrale Lüftungsanlage mit einer Luftleistung von 100.000 m³/h. Sie wird energiesparend von einer Bauteilaktivierung unterstützt. Dafür fließt gekühltes oder erwärmtes Wasser durch ein Rohrsystem, das 10 cm unter der Oberfläche der Fußböden und der meisten Wände des Museums verlegt ist. So geben die thermisch aktivierten Bauteile Wärme oder Kälte je nach Raumlast direkt als Strahlung ab. Durch die Bauteilaktivierung halbiert sich die umgewälzte Luftmenge der RLT-Anlage im Vergleich zu anderen Museumsgebäude. Auch die Luftführung trägt der ausgestellten Kunst Rechnung: Damit die modernen Gemälde nicht durch Staubpartikel aus der Luftverwirblung durch Thermik verschmutzen, strömt die konditionierte Zuluft aus einer Quelluftanlage mit niedrigen Luftgeschwindigkeiten durch Luftauslässe von oben und von unten in den Raum. Im Gegensatz zur konventionellen Mischlüftung benötigt die Quelllüftungsanlage geringere Ventilatorleistungen.

Die Heizungsanlage des Hauses versorgt eine Wasser-Wasser-Wärmepumpe, die das Grundwasser unter dem Gebäude als Energiequelle nutzt. In der Münchner Innenstadt liegen wie in anderen Großstädten die Grundwassertemperaturen in einem hohen Temperaturbereich bis zu 20°C oder mehr. Was sonst ein unerwünschter Umstand ist, erweist sich für die Wärmepumpenanlage des Museums als günstig, weil so mehr Energie aus dem Grundwasser zur Wärmeausnutzung zur Verfügung steht. Gleichzeitig kühlt der Wärmepumpenprozess durch seine kontinuierliche Wärmeentnahme das städtische Grundwasser. Die Wärmeverteilung erfolgt über das Rohrsystem der Bauteilaktivierung als Flächenheizung.

Bautafel

Architekten: Sauerbruch Hutton, Berlin
Projektbeteiligte: IB Fink, Berlin (Tragwerk); Staatliches Bauamt München 1 (Projektleitung); IB Ottitsch, München (Planung Lüftung/Sanitär/Heizung); Zibell, Willner und Partner, München (Planung Elektro); Arup Lighting, London (Tageslicht); Adelheid Gräfin Schönborn, München (Außenanlagen)
Bauherr: Freistaat Bayern; Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Fertigstellung: Mai 2009
Standort: Türkenstraße/Theresienstraße, München
Bildnachweis: Museum Brandhorst, Fotograf: Haydar Koyupinar (1-6); Sauerbruch Hutton (7,8)

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