Museum aan de Stroom in Antwerpen/B

Zylindrisch gebogene Glasscheiben

Globale Veränderungen im Seeverkehr haben weltweit zu einer Umnutzung von brachliegenden Hafen- und Uferzonen geführt. Auch das Hafenareal der belgischen Stadt Antwerpen unterliegt einer Revitalisierungsphase. Ähnlich der Hamburger Hafencity entsteht auf dem sogenannten Eilandje (Inselchen) ein neuer Stadtteil mit Parks, Wohnbauten, Museen, Geschäften und Gewerbezonen. Eines der neuen Gebäude ist das MAS, das Museum aan de Stroom MAS, entworfen vom niederländischen Architekturbüro Neutelings Riedijk. Nahe des Flusses Schelde gelegen, beherbergt das „Museum am Strom“ auf neun Geschossen Objekte des bisherigen Volkskundemuseums Antwerpen, des nationalen Schifffahrtsmuseums und des Regionalen Ethnologiemuseums.

Wie Vorhänge wirken die raumhohen Glaswände
Aufgrund der geometrischen Steifigkeit des zylindrisch gebogenen Glases konnte auf eine Rahmenkonstruktion verzichtet werden
Die Glaswände bieten grandiose Ausblicke auf die Stadt Antwerpen

Mit seiner kantigen Fassade aus Glas und rotem Naturstein bildet der 65 m hohe Turm einen signifikanten Markstein zwischen den ehemaligen Hafenbecken. Die grob belassenen Sandsteinplatten stammen aus dem nordindischen Agra und wurden abgesehen von der indischen Botschaft in Berlin noch nie in Europa verwendet. Mit ihren verschiedenen Rottönen – von Orange über Lila bis hin zu Braun – erzeugen sie ein lebhaft farbiges Pixelfeld auf der Gebäudehülle. Auch in den Innenräumen wurde der Naturstein eingesetzt.

Licht erhält der im klassischen Sinne fensterlose Bau durch raumhohe Glaswände, die mit ihrer zylindrischen Form wie gläserne Vorhänge wirken. Den Besuchern eröffnen sie weite Ausblicke auf die Stadt Antwerpen, die je höher sie gelangen, immer grandioser werden. Nach dem konservatorisch bedingten Dunkel der geschlossenen Kuben folgen von Tageslicht erhellte Foyers und rund um das Gebäude laufende verglaste Umgänge. Von außen erscheinen die einsehbaren Ebenen wie riesige Vitrinen; Glasschwünge verhindern mögliche Spiegelungen.

Eine Besonderheit des Gebäudes sind die rund 3.000 gegossenen Aluminiumhände auf den roten Sandsteinplatten der Fassade. Sie erinnern an eine Legende über die Entstehung des Namens Antwerpen, die besagt, dass ein Riese den Fluss Schelde bewachte und armen Seefahrern, die den Wegzoll nicht bezahlen konnten, die Hand abhackte. Das ging so lange, bis Brabo, der Held der Stadt, dem Riesen die Hand abschnitt und sie in den Fluss warf. Historikern zufolge geht der Name jedoch auf „aan de Werft“ (an der Werft) zurück.

Glas
Die im Schwerkraftbiegeverfahren zylindrisch gebogenen Glasscheiben stammen aus Italien und sollen an die Wellen der Schelde erinnern. Ihre Abmessungen betragen 5,50 m in der Höhe, 1,80 m in der Breite und haben einen Stich von 60 cm. Aufgrund der geometrischen Steifigkeit des gebogenen Glases konnte auf eine Rahmenkonstruktion verzichtet werden. Stoßstellen zwischen den einzelnen Glaselementen wurden mit Silikon verschlossen.

Bautafel

Architekt: Neutelings Riedijk, Rotterdam/NL
Projektbeteiligte: Bureau Bouwtechniek, Antwerpen/B (Tragwerksplanung); ABT België, Antwerpen/B (Konstruktion); Peutz bv Ingenieuze Adviseurs, Mook/NL (Bauphysik); Marcq & Roba, Brüssel/B (Gebäudetechnik); Loveld, Aalter/B (Natursteinfassade)
Bauherr: Stadt Antwerpen
Fertigstellung: 2010
Standort: Hanzestedenplaats 1, Antwerpen/B

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Glasbearbeitung

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