Montagehalle der Valby Maskinfabrik in Kopenhagen

Umbau eines 200 Meter langen Industriebaus zum Wohnen und Arbeiten

In vielen europäischen Städten entstanden im Zuge der Industrialisierung großflächige Fabriken. Heute liegen sie oftmals brach und stellen wertvolle Bodenressourcen dar – in Zeiten großer Wohnungsknappheit ein unschätzbares Potenzial. So auch im Kopenhagener Stadtteil Valby, wo das ehemalige Fabrikgelände FLSmidth zu einem vitalen Stadtteil mit Wohnen, Arbeiten, sozialer Infrastruktur und Grünflächen umgewandelt wird: der Valby Maskinfabrik (dt.: Maschinenfabrik).

Südfassade der Montagehalle am Abend: Die Kopfbauten mit Büros und Veranstaltungsräumen sind als Haus im Haus konzipiert.
An den Längsseiten wurden Fassadenbereiche durch gedämmte Sandwichpaneele ersetzt.
Die historische Ziegel- und Glasfassade mit sichtbarem Stahltragwerk verhüllt den Bürotrakt und den Gebäudeabschnitt für Veranstaltungen.

Frederik Læssøe Smidth gründete das Unternehmen FLSmidth nach einem Lottogewinn im Jahr 1882. Das stillgelegte Firmengelände erwarb ein Projektentwickler unmittelbar nach der Jahrtausendwende. Er lobte einen städtebaulichen Wettbewerb aus, den die ortsansässigen Henning Larsen Architects für sich entscheiden konnten. Ihren Masterplan entwickelten Gehl Architects weiter, deren Büro sich ebenfalls in der dänischen Haupstadt befindet. Das Kernelement des über 160.000 Quadratmeter großen Geländes ist eine Montagehalle, mit deren Umwandlung in ein zeitgemäßes multifunktionales Gebäude wiederum C.F. Møller Architects beauftragt wurden.

Aufgliederung der Stahlkonstruktion mit Tonnendach

Die knapp 200 Meter lange Halle diente ursprünglich lediglich als Wetterschutz zur Montage von Maschinenkomponenten für die Zementindustrie und einen fahrbaren Montagekran. Die Stahlkonstruktion mit Tonnendach und Lichtband hat eine Fassade aus Ziegelstein und Glas. Für ihre Revitalisierung war ein Programm mit Wohnen und Arbeiten sowie ein gemeinsamer Veranstaltungsbereich vorgesehen. Aufgrund der enormen Länge und der zentralen Lage im Quartier stellte das Gebäude für Fußgänger allerdings eine Barriere dar: Zur Erschließung des parkartigen Außengeländes hätte es komplett umrundet werden müssen.

Die Planer durchschnitten den Baukörper daher an zwei Stellen und gliederten ihn damit. Die entstandenen Fugen dienen als Wegeverbindung zwischen den Freiräumen, trennen die Funktionen und markieren deren vertikale Erschließung. An den mittleren, lang gestreckten Wohnriegel mit 66 Apartments zwischen 77 und 134 Quadratmetern dockt im Norden ein Gebäudeteil mit Büros und im Süden einer für Veranstaltungen an.

Dreiteilung der Nutzung wird ablesbar

Auch die Fassaden der drei Bereiche und ihr konstruktiver innerer Aufbau unterscheiden sich. Die historische Ziegel- und Glasfassade mit sichtbarem Stahltragwerk kennzeichnet sowohl den Bürotrakt als auch den für Veranstaltungen. Die im Inneren eingefügte Stahlkonstruktion lehnt sich gestalterisch an die Originalkonstruktion an und teilt die Halle jeweils horizontal in drei Ebenen. Damit entsteht Platz für Einzel- und Großraumbüros, Besprechungs- und Serviceräume. Der Veranstaltungsbereich ist in verschieden große Räume aufgegliedert, die sich durch ihre Anordnung auf mehreren Ebenen und über eine separate Treppenanlage auch parallel nutzen lassen.

Der Gebäudeabschnitt zum Wohnen unterscheidet sich gravierend von den anderen. Durch die hohen Anforderungen in Bezug auf den Schall- und Wärmeschutz und die Grundrissorganisation musste die alte Fassade durch eine Betonkonstruktion ersetzt werden, die mit Sandwichpaneelen verkleidet ist. Neu eingezogene Betondecken gewährleisten den Schall- und Brandschutz. Wo sich die vertikalen Fachwerkstützen befanden, wurde eine Balkonanlage als Stahlkonstruktion errichtet – ebenso wie die Sandwich-Fassadenelemente in roter Farbe. So entsteht ein klarer Bezug zum sichtbaren historischen Stahltragwerk der übrigen Gebäudeteile. Durch die Position der Balkone bleibt die Flucht der Außenwände über die gesamte Hallenlänge erhalten.

Das Prinzip Haus im Haus für Büros und Veranstaltungen
Die große Herausforderung für die Architekten bestand in der Umwandlung des ehemals „kalten” Industriegebäudes in eine „warme” Wohn- und Arbeitsumgebung. Die Identität der Fabrikbauten sollte gewahrt bleiben. Das Dach und die Außenwände boten außer einem Regenschutz keinerlei bauphysikalische Qualitäten: Einfachverglasung und dünnes Ziegelmauerwerk konnten den notwendigen Schall- und Wärmeschutz nicht gewährleisten. Die östliche Außenwand war dazu eine ehemalige Innenwand, denn eine zweite, kleinere Halle war abgerissen worden.

Die Kopfbauten mit Büros und Veranstaltungsräumen konzipierten C.F. Møller Architekten als Haus im Haus. In die bestehende Halle fügten sie eine Stahl-Glas-Konstruktion ein. Deren Zweifach-Isolierverglasung gibt den Blick frei auf die historische Ziegelfassade inklusive der alten Stahlkonstruktion und technischer Einbauten. Sie erscheint wie ausgestellt, als Baukultur hinter Glas. Ästhetischer Anspruch und bauphysikalische Erfordernisse ließen sich auf diese Weise in Einklang bringen. Aus der einschaligen Fassade wurde eine dreischalige Konstruktion, mit der historischen Wand aus Ziegeln und Stahl, einer stehenden Luftschicht in Stärke der originalen Stahlfachwerkstützen und der neuen inneren Glasfassade.

Aufdachdämmung und Isolierverglasung

Ungedämmt und gegen Feuchtigkeit nur unzureichend abgedichtet, wies auch das Dach mit seiner Holzschalung und dem einfachverglasten Lichtband im First für eine zeitgemäße Nutzung große Defizite auf. Die raue Ästhetik der historischen Holzschalung sollte sichtbar bleiben, so wurde das Dach nachträglich mit einer Aufdachdämmung ausgestattet. Um die ursprünglich schlanke Ansicht des Dachrands auch nach Aufbringen der Dämm- und Abdichtungsschicht beibehalten zu können, wurde die Dämmung im Bereich der stehenden Luftschicht zwischen der alten vertikalen Stahlkonstruktion von 20 cm Stärke auf nahezu Null abgeschleppt. Das Lichtband des Firstes musste allerdings mit einer Doppelisolierverglasung nachgebildet werden, um das ursprüngliche Erscheinungsbild weitestgehend beibehalten zu können.

Bautafel

Architekten: C.F. Møller Architects, Kopenhagen
Projektbeteiligte: MidtConsult, Herning (Generalplanung Ingenieurleistungen); C.F. Møller Landscape and Schønherr, Kopenhagen (Landschaftsplaner); Jørgen Friis Poulsen, Herning (Gerneralunternehmer)
Bauherr: De Forenede Ejendomsselskaber (DFE), Jørgen Friis Poulsen, Herning
Fertigstellung: 2018
Standort: Valby Maskinfabrik, Montagehalsvej 5, 2500 Kopenhagen, Dänemark
Bildnachweis: Mark Syke, Kopenhagen/Sydney

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