Modulares Gebäude des Merck-Konzerns in Darmstadt

Farbstoffsensibilisierte Solarzellen und Flüssigkristallmodule in Glas

Gegründet im Jahr 1668 ist Merck das älteste pharmazeutisch-chemische Unternehmen der Welt. Zunächst konzentrierte es sich auf die medizinische Forschung, heute entwickelt Merck auch High-Tech-Materialien zur Anwendung in Architektur und Autoindustrie. Einige davon finden sich am Modularen Gebäude auf dem Firmengelände des Konzerns in Darmstadt. Es entstand im Rahmen eines von den Architekten Henn entwickelten Masterplans, der das Ziel hat, die seit mehr als hundert Jahren gewachsenen, kleinteiligen Strukturen des Standortes zu einem Gesamtensemble zu bündeln.

Einige High-Tech-Produkte des Unternehmens bilden die vielseitige Fassade. Die kleinteilige Verglasung an der Westseite bilden schaltbare Flüssigkristallgläser.
Die Module aus Stahlfachwerk legen sich um einen großen Innenhof.
Auch die robuste Pulverbeschichtung der teiltransparenten und opaken Fassadenpaneele stammt aus dem Hause Merck.

Über die vierspurige Frankfurter Straße hinweg soll zukünftig ein öffentlicher Platz die verschiedenen Einheiten miteinander verbinden. Im Norden und Süden wird er von Altbauten begrenzt, an den kurzen Seiten bilden repräsentative Neubauten den Abschluss der rechteckigen Freifläche. Ihr Entwurf stammt ebenfalls aus der Hand der Berliner Architekten. Für das westliche Ende ist die Realisierung eines 12.400 Quadratmeter großen Innovationszentrums vorgesehen. Dort sollen Projektteams die Möglichkeit bekommen, ihre Ideen umzusetzen und Entwicklungen intensiv und interdisziplinär zu betreiben. Bis zu seiner Fertigstellung dient das Modulare Gebäude am östlichen Rand als temporäre Forschungseinrichtung; später ist eine Umnutzung zum Besucherzentrum vorgesehen.

Stahlfachwerk-Module

Der zweigeschossige Neubau setzt sich aus fünf Stahlfachwerk-Modulen zusammen. Ebenerdig legen sie sich, zu zwei Körpern zusammengesetzt und mit Vor- und Rücksprüngen versehen, um einen zentralen Innenhof. Breite Öffnungen zwischen den beiden Bauteilen sorgen für Durchlässigkeit und kurze Wege. Die drei kleineren, rechteckigen Module im Obergeschoss sind versetzt angeordnet. So entstehen Dachterrassen, eine Überdachung für den westlichen Hofdurchgang und weitere Versprünge, die dem Gebäude ein lebendiges Erscheinungsbild verleihen.

Aufgrund der Konstruktionsweise sind die insgesamt 4.100 Quadratmeter Innenfläche flexibel einteilbar. Vororganisiert in Arbeitsbereiche, Besprechungs- und Vortragsräume lassen sich den Ideen ihrer Nutzer entsprechend anpassen.

Flüssigkristallfenster als schaltbarer Sonnenschutz

An der Ausbildung der Fassaden zeigt sich die Innovationskultur von Merck: Die verwendeten Werkstoffe sind zu großen Teilen hauseigene sogenannte Performance Materials. So die robuste Pulverbeschichtung, mit denen die Rasterbleche vor Küche, Lager- und Personalräumen sowie die opaken Paneele vor den Sanitäranlagen und Technikeinrichtungen versehen wurden. In Grau- und Bronzetönen gehalten, geben sie den farblichen Grundton vor; dunkle Rahmen fassen die großflächigen Verglasungen.

An der Westfassade setzen sie sich aus kleineren, schaltbaren Flüssigkristallfenstern zusammen, die innerhalb von Sekunden abgedunkelt werden können. Die Bandbreite der Lichttransmission reicht von bis zu 70% im hellen und mindestens 5% im dunklen Schaltzustand, wobei die Regelung stufenlos sowohl automatisch als auch manuell erfolgen kann.

Als Farbtupfer fallen vor allem die rötlich orangefarbenen Photovoltaik-Lamellen ins Auge. Sie bestehen aus Farbstoffsolarzellen, den sogenannten DSSC, und absorbieren Licht über einen chemischen Prozess, der über organische Farbstoffe in den Modulen ausgelöst wird. 17 dieser Großlamellen wurden am südlichen Gebäudeabschluss angebracht, wo sie sonnenstandsgeführt gleichzeitig als Blendschutz für die dahinterliegenden Arbeitsbereiche in der zweiten Etage dienen. Im Innenhof sind 114 Module in zwei Reihen übereinander starr an die Südfassade des Obergeschosses montiert. Hier bietet die beidseitig solaraktive Wirkung der Zellen den Vorteil, dass einfallendes Sonnenlicht von allen Seiten in Energie umgewandelt werden kann. -ame

Bautafel

Architektur: HENN, Berlin
Projektbeteiligte: Bollinger + Grohmann Ingenieure, München (Tragwerkplanung); ZWP Ingenieure, Köln (TGA); ADK-Modulraum, Neresheim (Modulbau); Merck, Darmstadt (schaltbare Flüssigkristallfenster); Colt International, Kleve (Lamellen mit Photovoltaik)
Bauherrschaft: Merck, Darmstadt
Standort: Frankfurter Str. 133, 64293 Darmstadt
Fertigstellung: 2015
Bildnachweis: HG Esch, Hennef; HENN, Berlin; Colt International, Kleve

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