Mehrfamilienhaus in Saint-Sulpice

Umlaufend auskragende Balkone, Senkrechtmarkisen und Vorhänge

Fährt man von Genf kommend am Nordufer des hier Lac Léman genannten Sees entlang, passiert man kurz vor Lausanne das kleine Dorf Saint-Sulpice. Nicht eben unprivilegiert liegt es am Südhang einer leichten Anhöhe. Bei einer Fläche von bloß 1.850 Quadratmetern hat der Ort rund fünf Kilometer Uferlinie, Bootshafen inklusive. An seinem westlichen Ende haben die im nahen Lausanne ansässigen Architekten Claudius Fruehauf, Guillaume Henry und Carlos Viladoms kürzlich ein Mehrfamilienhaus fertiggestellt. Das eigentlich kompakte Rechteck-Volumen des dreigeschossigen Gebäudes ist durch umlaufende auskragende Balkone, kontrastreiche Materialien, Rundumverglasungen und feinsinnig verzerrte Geometrien zu einer beschwingten Wirkung gelangt.

Das Zwölf-Parteien-Wohnhaus steht auf einem massiven Erdhügel, in den sein Sockelgeschoss eingegraben ist
An den Vorderkanten der Geschossdecken angebrachte Senkrechtmarkisen ergänzen den baulichen Sonnenschutz durch die Balkone
Der Eingang und die Zufahrt in die Garage sind trichterförmig in die hohe Böschung zur Straße eingeschnitten

Das Zwölf-Parteien-Wohnhaus steht in geradezu überbetontem Kontrast zu seiner offenen Struktur auf einem massiven Erdhügel, in den sein Sockelgeschoss eingegraben ist. Der Eingang und die Zufahrt in die Garage sind trichterförmig in die Böschung zur Straße eingeschnitten. Neben den Pkw-Stellplätzen sind in diesem unterirdischen Geschoss sämtliche Abstell-, Technik- und Nebenräume untergbracht. Vor allem aber beginnt hier die Dramaturgie der Lichtführung aus dem hellen Draußen ins dunkle Innere und von innen heraus wieder ans Tageslicht. Vom Sockelgeschoss betreten die Bewohner den im Zentrum platzierten, mit Luftraum, Oberlicht und massiven Holzbrüstungen wohnlich ausgestatteten Treppenraum. Er erschließt auf jedem der drei Obergeschosse vier Wohnungen mit identischem Grundriss.

Es gibt ausschließlich Vierzimmer-Wohnungen gleicher Größe und gleichen Zuschnitts, die jeweils über Eck angeordnet sind. Aus dem zentralen Treppenhauskern kommend gelangt man zunächst in eine wiederum innen liegende Raumschicht aus Fluren, Bädern und Kammern und erst dann in die hellen, lichtdurchfluteten Wohn- und Schlafzimmer. Alle sind mit raumhohen Fenstern bzw. Fenstertüren ausgestattet, die einen weiten Ausblick in die Umgebung erlauben. Die äußerste Raumschicht bilden dann die umlaufenden Balkone, die von einem schwarzen feingliedrigen Geländer eingefasst sind. Wie auch die Glasfassaden folgen sie in ihrer äußeren Kontur einem verknickten Verlauf und demonstrieren damit ihre konstruktive Unabhängigkeit. Innen liegende Rundstützen und das Kreuz der vier Wohnungstrennwände nehmen die Deckenlasten auf. Den Balkonen bescheren die variierten Konturen mal größere und mal geringere Tiefen. Der Erscheinung des Hauses verleihen sie eine leicht dramatisierende Wirkung, die beabsichtigt und gut gesteuert scheint.

Sonnenschutz
Die Form des Baukörpers mit den auskragenden Balkonen sorgt bereits für einen konstanten Sonnenschutz. Steuern lässt er sich naturgemäß nicht, aber zur Verschattung der großen Verglasungen trägt die vorgelagerte Raumzone immerhin bei.

Zusätzlich sind an den Außenkanten unterhalb der Geschossdecken Senkrechtmarkisen angebracht, die per Hand einzeln bis zum Boden heruntergerollt werden können. Im aufgerollten Zustand sind sie von außen nicht sichtbar, weil die Rollen vollständig von den an den Stirnseiten der Balkonplatten montierten Blechen und den Geländerprofilen, allesamt aus schwarz pulverbeschichtetem Aluminium, verdeckt sind. Dünne Stahlseile sind zur seitlichen Führung der Stoffe hinunter auf die Holzverkleidung der Balkone gespannt. So lassen sich bereits die Balkone vor direkter Sonneneinstrahlung und allzu großer Wärmeentwicklung schützen. Darüber hinaus sind vor jedem Fenster helle, aber dichte Stoffvorhänge angebracht.

Bautafel

Architekten: Fruehauf, Henry & Viladoms (FHV), Lausanne
Planungsbeteiligte: AIC Ingénieurs conseils und Pragma Partenaires, Lausanne (Tragwerksplanung und Bauleitung)
Bauherr: Edipresse Développement, Lausanne
Fertigstellung: 2014
Standort: 2, Chemin de la Venoge, Saint-Sulpice, Kanton Waadt/Vadois, Schweiz
Bildnachweis: Daniela Droz & Tonatiuh Ambrosetti und FHV, Lausanne

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Auskragende Balkone als Schattenspender an einem Berliner Mehrfamilienhaus.

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Materialien

Beton und Mauerwerk

Senkrechtmarkisen zur großflächigen Verschattung einer Fensterfront

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Markisen

Senkrecht- und Fenstermarkisen

Vorhänge bieten Sicht- und Sonnenschutz

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Textilien

Vorhänge

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