Mediathek in Vitrolles

Geschwungene Fassade in Beton

Wie die Momentaufnahme eines wallenden Vorhangs wirkt die Betonfassade der neuen Médiathèque municipale La Passerelle in Vitrolles im Großraum Marseille. Der inmitten von gleichförmigen Großwohnbauten verwirklichte Bau soll einen Identifikationspunkt schaffen und damit einen Beitrag zur Stadtreparatur leisten. Geplant wurde die Mediathek vom Pariser Architekturbüro Jean-Pierre Lott.

Die Mediathek soll in dem von gleichförmigen Geschosswohnungsbauten dominierten Viertel ein neues Zentrum bilden
Während das erste Obergeschoss über das Erdgeschoss auskragt, weichen die beiden darüber liegenden Stockwerke zurück, sodass sie vom Straßenniveau aus kaum sichtbar sind
Das weitgehend verglaste Erdgeschoss zeigt sich zum Stadtraum hin offen

Den orthogonalen Wohnriegeln der Umgebung setzen die Architekten ein raumgreifendes Volumen entgegen, das mit seiner geschwungenen Betonfassade Dynamik vermittelt und so der Ausgangspunkt für einen städtebaulichen Wandel sein könnte. Während das Erdgeschoss noch weitgehend mit geradlinigen Glasfronten aufwartet – deren von Diagonalen geprägte Konstruktion jedoch bereits gegen den rechten Winkel aufbegehrt – ist das erste Obergeschoss von einer organisch gewundenen Fassade umschlossen, die weit über den ebenerdigen Sockel hinauskragt. Auch die beiden darüberliegenden, niedrigeren Geschosse zeigen eine wallende, überwiegend geschlossene Betonhülle. Zur Straße hin wird diese nur durchbrochen von in Gruppen angeordneten Öffnungen, die als unregelmäßige Vielecke gestaltet sind.

Geschwungene Treppen und Galerien, unregelmäßig angeordnete Stützen und maßgefertigtes Mobiliar übertragen die Dynamik der Fassade ins Innere des Gebäudes. Dabei sind die meisten Oberflächen in Weiß gehalten. Blickfang des großzügigen, offenen Foyers ist ein von der Decke abgehängter, eiförmig umschlossnern Raum, der dem Vorlesen und Geschichtenerzählen dient. Zwei Treppen führen ins erste Obergeschoss, wo der weitaus größte Teil der Medien untergebracht ist. Im Erdgeschoss befinden sich Ausleihe, die Kinderabteilung, ein Vortragssaal, ein Café sowie Ausstellungsflächen. Mehrere Arbeitsräume sowie eine hinter der Betonfassade angeordnete Terrasse ergänzen das Angebot der Mediathek.

Beton

Basis für den selbstverdichtenden Beton der Fassade bildet ein Portlandkompositzement mit 30 Prozent Hüttensand. Da es sich dabei um ein Nebenprodukt der Stahlherstellung handelt, fällt für die Zementherstellung selbst weniger Energie an. Der Beton wird daher als „kohlenstoffdioxidarm“ bezeichnet. Seine Verwendung war, unter anderem, für das Erreichen des französischen Umwelt-Labels „Bâtiments durables méditerranéens“ (BDM) in Silber von Bedeutung.

Gebaut wurde in Ortbeton; für die geschwungenen Fassadenteile kamen Holzschalungen zum Einsatz. Der Hüttensand in der Rezeptur sorgt für den relativ hellen Farbton der Fassade, es mussten also keine aufhellenden Pigmente verwendet werden. Um horizontale Fugen in der Betonhülle zu vermeiden, wurden die Geschosswände in jedem Abschnitt in voller Höhe geschalt. Dazu kombinierte man drei Schaltafeln von je drei Metern Höhe. Eine besondere Herausforderung war es, dem in diesem Zusammenhang entstehenden, hohen Druck des Betons auf die Schalung zu begegnen. chi

Bautafel

Architekten: Jean-Pierre Lott Architecte, Paris
Projektbeteiligte:
Oteis, Aix-en-Provence (Tragwerksplanung); Oasiis, Aubagne (TGA-Planung); Acoustb (Akustikplanung); Cemex, Marignane (Beton)
Bauherr : Stadt Vitrolles, vertreten durch Icade
Standort: 1 place de la liberté, Avenue des Salyen, 13127 Vitrolles
Fertigstellung: 2016
Bildnachweis: Aldo Amoretti

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Konsistenz

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