Maggie´s Centre Barts in London

Transluzente Structural-Glazing-Fassade aus thermisch gebogenem Glas

Mittlerweile gibt es Maggie's Centre an 20 Standorten in Großbritannien. Die Einrichtung unterstützt an Krebs erkrankte Menschen auf verschiedenen Wegen und ist nicht zuletzt durch ihre Architektur bekannt. Viele der Gebäude wurden von namhaften Architekten geplant; eine familiäre Atmosphäre in ästhetisch anspruchsvoller Umgebung unterscheidet sie von konventionellen Einrichtungen. Benannt sind die Zentren nach der britischen Architektin Maggie Keswick Jencks, welche die Stiftung gemeinsam mit ihrem Mann Charles Jencks gründete. Sie wird durch Spendengelder finanziert, die Grundstücke stellen die Krankenhäuser zur Verfügung.

Steven Holl Architekten aus New York schufen einen lichten und freundlichen Kontrast zum historischen Bestand
Der Neubau dockt im Nordosten an den Bestand
Die äußeren Glasscheiben wurden im Mattätzverfahren behandelt

Maggie's Barts heißt das jüngste Zentrum am St Bartholomew's Hospital in London, dem ältesten Krankenhaus der britischen Metropole. Steven Holl Architekten aus New York schufen einen lichten und freundlichen Kontrast zum historischen Bestand, an den der Neubau im Nordosten andockt. Er ersetzt einen Backsteinbau von 1960 und leitet mit transluzenter, geschwungener Glasfassade zu einem ausgedehnten Innenhof.

Das Gebäude umfasst im Wesentlichen einen lichtdurchfluteten, hohen Raum mit Sitzgelegenheiten auf zwei Etagen, die mal offen und mal intimer konzipiert sind. Wie ein „Gefäss im Gefäss im Gefäss“ umgibt die Glasfassade die Betonstruktur, die zum Teil mit Bambus verkleidet ist. Im Erdgeschoss gibt es eine offene Küchenzeile mit Theke und großem Esstisch – ein bei allen Maggie's Centres wiederkehrendes Element. Eine holzbekleidete Treppe nimmt an der Außenseite den Schwung der Fassade auf. Sie mündet schließlich im deutlich kleineren zweiten Obergeschoss, das sich mit raumhohen Verglasungen einem Dachgarten zuwendet und diesen gleichsam umschlingt. Kleine Besprechungs- bzw. Büroräume sind auf den unteren Etagen an der Südostseite abgetrennt. Ein länglicher Betonkern mit Aufzug und Treppenhaus sowie mindestens einem Zugang pro Etage verbindet Neu- und Altbau.

Glas

Das Gebäude ist von einer Structural-Glazing (SG-)Fassade umhüllt. Die ca. 90 cm hohen Mehrscheiben-Isolierverglasungen aus Weißglas verlaufen bandartig um den Anbau. Die äußeren Scheiben wurden im Mattätzverfahren behandelt und sind dadurch transluzent. Die Fassade umschließt den gerundeten rechteckigen Grundriss von Nordwest über Nordost und schließt südlich wieder an den Gebäudebestand an. Die gebogenen Verglasungen halten respektvoll Abstand zur detaillierten Eckquaderung des Altbaus.

Dem Treppenverlauf folgend, steigen die Glasbänder an der Ostseite an, so dass die Riegelprofile hier diagonal angeordnet sind. Inspiriert durch Musik gestalteten die Architekten die Glasflächen mit farbigen und rhythmisierenden Feldern ähnlich einer Notenschrift; diese wurden im Digitaldruckverfahren aufgebracht. Der Scheibenzwischenraum der Isolierverglasungen ist mit Kapillarröhrchen versehen, sodass die matten Gläser und Farbfelder tagsüber ein homogenes Bild abgeben. Abends, bei eingeschaltetem Licht, leuchtet der Baukörper von innen heraus.

Die Glasfassade umfasst insgesamt 470 Quadratmeter und wird stabilisiert durch 25 Tonnen Stahl. Zur Realisierung der schmalen Fassadenbänder sowie gerundeter Eckausbildungen waren insgesamt sieben Glastypen erforderlich. Die Biegeradien betragen 1,6 Meter, 2,6 Meter und 3,6 Meter. Neben den ebenen und thermisch zylindrisch gebogenen Verglasungen kamen auch solche mit ebener und gebogener Oberfläche zur Anwendung (sogenannte J-Form). Bei der SG-Fassade wurden die einzelnen Verglasungen über Eindrehhalter auf der stählernen Unterkonstruktion befestigt, wobei diese in spezielle U-Profile im Bereich des mit grauem Silikon verklebten Randverbunds eingreifen. Der verbliebene Falzraum wird anschließend hinterfüllt und mit einer wetterfesten Silikonabdichtung versehen.

Bautafel

Architekt: Steven Holl Architects, New York (in Kooperation mit Jmarchitects, Edinburgh)
Projektbeteiligte: Se-Austria, Schörfling am Attersee (Fassadenbau), Okalux, Marktheidenfeld (Verglasungen); L'Observatoire International, New York (Lichtberater), Arup London (Fassadenberatung)
Bauherr: Maggie Keswick Jencks Cancer Caring Centres Trust (Maggie’s), London
Fertigstellung: 2017
Standort: St Bartholomew's Hospital, West Smithfield, London, EC1A 7BE
Bildnachweis: Iwan Baan, Amsterdam; Steven Holl Architects, New York

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Bemessung

Bemessung von Structural-Glazing-Fassaden

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