Les Jardins de Gabriel in Paris

Fliesen im Mix mit Mauerwerk und Putz

Paris Größe und Glanz zu verleihen, haben schon viele versucht: Napoléon III, die Sozialisten und zuletzt der ehemalige französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy. Auf seine Veranlassung wurde 2008 ein Architekturwettbewerb zur Reform der Hauptstadt ausgelobt. Dieser sah vor, in einem Zeitrahmen von 20 bis 40 Jahren neue Parkanlagen, Geschäftszentren und Wohnquartiere zu errichten sowie das Nahverkehrsnetz zur Erschließung der Banlieues auszubauen, um insgesamt die Lebensqualität der Stadtbewohner zu verbessern. Eine bedeutende Rolle spielt dabei die Umnutzung ehemaliger Gewerbe- und Industriegebiete, wie in der Gemeinde Asnières-sur-Seine im Nordwesten von Paris. Der Abzug einer Ölfirma hinterließ dort seit 2002 eine 8,3 Hektar große Brachfläche.

Besonderes gestalterisches Augenmerk lag auf den Fassaden – durch einen Materialmix aus Sichtmauerwerk, Putz und Fliesen erhält das Ensemble ein abwechslungsreiches und lebendiges Aussehen und ist dennoch als Einheit erkennbar
Der südlichste Baukörper ist größtenteils in einem hellen Kastanienbraun verputzt
Ein Weg führt durch den begrünten Innenhof

Die günstige Lage direkt an der neuen S-Bahn-Station Les Grésillons beschleunigte die Entwicklung des durchmischten Stadtquartiers mit Miet-, Sozial- und Studentenwohnungen, Büro und Handelsflächen. Eines der Projekte trägt den Namen Les Jardins de Gabriel und bezeichnet drei Wohnblöcke auf einem trapezförmigen Grundstück zwischen der Rue Olympe de Gouges im Osten und der S-Bahn-Trasse im Westen. Entworfen wurden sie vom Büro 5+1AA, das sich heute Atelier(s) Alfonso Femia nennt.

Die drei neungeschossigen Baukörper sind parallel zum Schienenverlauf angeordnet, wobei das südlichste Gebäude L-fömig abknickt und das Grundstück zur Rue Maria Montessori fasst. Zusammen mit dem ebenfalls neuen Wohnhaus an der Rue Olympe de Gouges umschließen sie einen großzügigen, begrünten Innenhof. Die beiden obereren Stockwerke sind als Staffelgeschosse ausgebildet und nehmen den Baukörpern dadurch optisch an Höhe und Massivität. Insgesamt beherbergen sie 183 Wohneinheiten, davon 39 Sozialwohnungen, eine Tiefgarage sowie in den Erdgeschossen Gewerbeflächen auf 358 Quadratmetern.

Besonderes Augenmerk legten die Architekten auf ein abwechslungsreiches Erscheinungsbild des Gebäudeensembles. Sie entschieden sich für einen Materialmix aus Sichtmauerwerk, Putz und Fliesen in sorgfältig aufeinander abgestimmten Farben, der für eine gewisse Lebendigkeit sorgt, die drei Häuser dennoch als Einheit erkennen lässt. In einigen Geschossen sind die bodentiefen Fenster aus dem Raster gerückt, andere sind von unterschiedlich gestalteten Faschen gerahmt oder kommen ganz ohne aus. Verbaut wurden zudem in unregelmäßigem Rhythmus dunkelbraune oder weiße Fensterrahmen sowie Brüstungen in der jeweils gleichen Farbe. Hinter den verschiedenen Fassadenmaterialien verbirgt sich eine Konstruktion aus Dämmbeton; die Dächer sind begrünt.

Fliesen und Platten

Der südlichste der drei Baukörper ist überwiegend in einem hellen Kastanienbraun verputzt, die Fassaden der anderen beiden Häuser sind jeweils zur Hälfte mit rötlich braunem Sichtmauerwerk und mit Fliesen in verschiedenen Ausführungen verkleidet. Eingesetzt wurden stark reflektierende, dunkelgraue, cremefarbene und vereinzelt auch blaue Keramikfliesen im hell verfugten Riemchenformat. Die gefliesten Flächen sind einander zugewandt und setzen so die beiden Bauten optisch miteinander in Beziehung. In den unteren Geschossen dominieren graue Fliesen, nach oben hin wird die dunkle Fläche scheinbar „aufgesprengt“ bis schließlich die helle Keramik überwiegt. Je nach Tageszeit und Lichteinfall erscheinen die Fliesen mal weiß, mal grün, mal blau oder braun. Zum Innenhof zeigen sich alle Fassaden im Keramikgewand. Das Farbprinzip der Auflösung bzw. der Aufsprengung von Dunkel zu Hell findet sich auch hier.

Die oberen beiden Staffelgeschosse erhielten eine Bekleidung aus facettierten, metallisch schimmernden Fliesen, die im Stapelverband mit durchgehenden Fugen verklebt wurden. Die Fliesen der unteren Fassadenflächen sind hingegen in Analogie zum Mauerwerk im Halbläuferverband verklebt. Um einige Fenster bilden quadratische, dunkelgraue Fliesen mit farblich abgesetztem Fugenmörtel eine Fasche zur optischen Akzentuierung. An anderer Stelle kamen beigefarbene Keramikplatten, die von Hand mit einem wilden, abstrakten Muster aus blauer Farbe gestaltet wurden, als Fensterfaschen zum Einsatz. Ein Video zeigt den Herstellungsprozess der Platten (siehe Surftipps).

Bautafel

Architekten: 5+1AA (heute Atelier(s) Alfonso Femia), Paris u.a.
Projektbeteiligte: Eiffage Construction, Asnières-sur-Seine (Bauunternehmen); Casalgrande Padana, Casalgrande (Fliesen)
Bauherr: SCI Asnières Seine vertreten durch Coffim, Paris und Eiffage Immobilier, Île-de-France
Standort: 276 avenue des Grésillons, 92600 Asnières-sur-Seine, Frankreich
Fertigstellung: 2016
Bildnachweis: Luc Boegly, Paris

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